Am Weg zu „alles eitel Wonne“

Ein Artikel von Gerd Ebner | 31.05.2017 - 08:48

Nimmt man die diesjährige Ligna als Maßstab, geht die Geschäftslage nur in eine Richtung: nach oben. Die Aussteller haben die Auftragsbücher gefüllt wie seit den Hypejahren 2007, 2008 nicht mehr.
Lieferung dann 2018
Die Frage: „Wenn ich jetzt bestelle, wann bekomme ich meine Maschine?“, wurde vielfach mit: „Heuer nicht mehr“, beantwortet. Benötigt man komplexere Anlagen, sind es wohl noch ein paar Monate Wartezeit mehr.


Technologisch gab es im Bereich Massivholz-Bearbeitung drei große Themen:

  • Brettsperrholz und der Abbund desselben („CLT goes global“)
  • Verknüpfung aller im Unternehmen gesammelten Daten zur Produktions-/Unternehmenssteuerung („Digitalisierung“, „Industrie 4.0“)
  • Minimierung des Personaleinsatzes – auch weil immer weniger Facharbeiter verfügbar sind („war for talents“)


Die Brettsperrholz-Produktion konzentriert sich ab sofort nicht mehr alleine auf Zentraleuropa – die Anlagen- und Maschinenausstattung hingegen schon. Das Anlaufen der BSP-Produktion von Martinsons in Schweden ist das aktuellste Beispiel für Installationen außerhalb der BSP-Heimatregion Mitteleuropa. Aber schon auf der Messe wurde über hinzukommende Produktionen, wie in Großbritannien, gesprochen.


Neue BSP-Produktionen kommen
In Mitteleuropa sind mehrere neue BSP-Produktionen zumindest im Planungsstadium. Das sind BSP-Newcomer mit Leimholzerfahrung.


Systemkampf wird härter
Aktiv auf der Ligna diskutiert wurden die Vor- und Nachteile der beiden großen Leimphilosophien Melamin und PUR. Der eine sieht Kostenvorteile („bis 14 €/m3 bei klebstoffintensivem BSP“) und Brandschutzdiskussionen bei PUR, der andere verweist auf die geringeren Formaldehydemissionen von PUR. Von beiden Systemen gibt es „genügend Projekte weltweit für weiteres Wachstum“. Die Orders reichen bis ins 1. Halbjahr 2018.
Für den fachgerechten Abbund der großformatigen Platten stehen mittlerweile nicht nur Anlagen des deutschen Marktführers zur Auswahl. Aus Deutschland und insbesondere von den großen italienischen Maschinenbau-Unternehmen kommen neue Lösungen hinzu. Selbst bei einst auf die Möbelindustrie fokussierten Ausstattern gewinnt der Massivholzbau an Bedeutung – BSP sei Dank.


Daten nicht nur sammeln, sondern verknüpfen und analysieren
Ob man bei der Holzverarbeitung im Jahr 2017 schon von „Industrie 4.0“ sprechen kann, sei angezweifelt. Im Vergleich dazu, was in anderen Branchen schon möglich ist, fehlt noch einiges. Doch geht der Trend ganz klar dahin, die im Unternehmen gesammelten Daten ganzheitlich zu verknüpfen, um rationeller zu produzieren.
Noch etwas futuristisch, aber wohl als mögliche Wege der Produktionssteuerung muten in Hannover ausgestellte Lichtmaste an: Diese informieren die Bediener vor Ort über Lagerstände, deren Qualitäten und Verwendungszwecke.


Nicht nur Experten am Bedienpult
„Heute sitzt ein ungelernter Mitarbeiter an der Anlage, morgen ein anderer.“ Das ist eine neue Herausforderung, der sich sowohl die Ausrüster als auch die Arbeitgeber stellen müssen: Eine möglichst einfache Bedienung der Maschinen, die gleichzeitig aber immer mehr können müssen. Am Eingabedisplay muss ein Hilfsarbeiter die gängigen Arbeitsschritte ausführen können. Gleichzeitig soll es faktisch möglich sein, dass das eigentliche Stammpersonal die Maschinen programmieren kann. So helfen die Ausstatter der Industrie, den vielfach leer geräumten Arbeitsmarkt zu kompensieren.
Der derzeitige Investitionsboom erinnert frappant an die Ligna 2007. Vor zehn Jahren erreichten die Maschinen- und Anlagenlieferzeiten ähnliche Dimensionen. Diesmal könnte es substanzieller sein. Erstens gibt es mit Brettsperrholz ein Produkt, das eine immer weitere Verbreitung erfährt. Anders als bei KVH oder BSH gibt es Fantasien eines weltweiten Absatzes. Für die Holzverarbeiter im deutschsprachigen Raum wird der Bedarf Deutschlands wohl noch ein paar Jahre anhalten. Dass es zu einer abrupten Nachfragehalbierung – wie 2008 in Italien – kommt, gilt wohl als ausgeschlossen.