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ALPENMÖBEL    

Reif für die Insel

Ein Artikel von Dagmar Holley | 14.06.2019 - 10:28

Eine Waschschüssel auf einer Hobelbank beim Renovieren eines Bauernhofes war der Anfang. Die Zusammenstellung gefiel und inspirierte – eine Idee war geboren. Das war 2012. Dazu kamen viele weitere Ideen, die alle auf dem gleichen Grundkonzept aufbauen. „Mir gefällt es, die Wertigkeit von alten Dingen zu erhalten“, sagt Alpenmöbel-Gründer Martin Heinz. Holz ist seine Leidenschaft, besonders spannend findet er auch die durch Nutzung oder Schädlinge entstandenen Oberflächenstrukturen. Daneben fasziniert ihn die Kombination aus Bewährtem und Neuem. Neben Holz schwärmt der gelernte technische Zeichner für Emaille, einen traditionsreichen Werkstoff, der als „Alpenemaille“ mit inkludiertem Online-Shop zu seinem zweiten Standbein wurde.

Designpreis für Hobelbank-Kochinsel

Die meist seit langem ausgemusterten Hobelbänke baut Heinz zu verschiedenen Nutzungsvarianten um. Etwa mit aufgelegter Glasplatte zum Schreib- oder Esstisch, zu Waschtischen oder zur spektakulären Kochinsel. In deren Ausführung zeigt sich Heinz Liebe zu durchdachten Details: hinter dem Kochfeld ist eine integrierte Tischhaube, daneben ein Messerblock und eine Handyladestation.  Auf der Seite befinden sich Steckdosen und andere nützliche Küchenaccessoires. Unten ist die Konstruktion elegant verkleidet. Dahinter versteckt sich modernste Technik mit ihren unvermeidlichen Kabeln und Anschlüssen. Eine indirekte Beleuchtung des offenen Faches über den bodennahen Auszügen gehört ebenfalls zur Ausstattung. Passend zum schwarzen Glas des Kochfeldes sind auch Spüle, Armatur und Accessoires weitgehend in Schwarz gehalten. Idee und Umsetzung haben auch die Jury des German Design Award überzeugt.

Experimente, Schutz und Netzwerk

Die Rohlinge für seine Arbeit findet er häufig auf Plattformen wie Willhaben. In den vergangenen Jahren seien alte Stücke gefragter geworden, so Heinz Eindruck. Sowohl seine Firmennamen als auch seine Entwürfe hat er als Marke beziehungsweise Gebrauchsmuster schützen lassen. So muss er keine Angst vor Nachahmern haben. Allerdings steckt in den Objekten so viel Fachwissen, das er sich über die Jahre angeeignet hat, dass es ohnehin schwierig wäre, sie in ähnlicher Qualität zu kopieren. Mit Experimenten und Recherche hat er gelernt, wie er am besten mit den historischen Werkstücken umgeht. Er erinnert sich an die Anfangszeit: „Das Problem war oft nicht das mangelnde Fachwissen, sondern der fehlende Maschinenpark.“

Inzwischen hat er ein Netzwerk an regionalen Geschäftspartnern aufgebaut. Besonders mit dem Traditionsunternehmen Riess, Emaillegeschirrhersteller aus dem nahegelegenen Ybbsitz, arbeitet er intensiv zusammen.

Zur Bearbeitung kommen die Fundstücke als erstes in die Trockenkammer. Eine Behandlung zwischen 60 und 80°C stellt sicher, dass alles, was darin lebt, abstirbt. Danach kommt die Reinigung durch Schleifen, Sandstrahlen oder Trockeneisstrahlen. Um die Oberflächenstruktur nicht zu zerstören, wird der Materialabtrag gering gehalten. Ein Waschtisch darf da auch etwas uneben sein. Bei der Kochinsel mit eingebautem Ceranfeld und Spüle wird hingegen auf eine exakte, ebene Fläche geachtet. Ein mindestens dreifacher Oberflächenschutz sorgt dafür, dass die besonderen Strukturen lange so bleiben - alles ohne Gift, wie der gesamte Herstellungsprozess.

Gewachsene Erfolgsgeschichte

Alpenmöbel wurde Ende 2013 angemeldet.Seinen Brotberuf hat Heinz nach und nach aufgegeben, seit zwei Jahren ist er selbstständig. Architekten, Hotels und private Interessenten gehören zu seinem Kundenstamm. Er liefert seine Unikate nach ganz Österreich und ins Ausland. Manche landen in rustikal-noblen Chalets, andere bilden einen Kontrast zu modern-minimalistischen Einrichtungen. Neben Hobelbänken gehören Barrique-Weinfässer, Schultische, Almerkastln oder hohle Stämme mit Einbauwaschbecken zu seiner Kollektion. Immer wieder hat er neue Ideen, die langsam wachsen, sich verändern und zum richtigen Zeitpunkt manifestieren – ganz wie in der
Natur.