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Wien

Ein Wochenende, dreimal Design

Ein Artikel von Dagmar Holley | 18.10.2019 - 10:46

Design ist ein Magnet, es zieht Menschen an und lässt die Kassen klingeln. Unter dem Schlagwort „Design“ fanden im Herbst in Wien viele Veranstaltungen statt, teilweise gleichzeitig. Was sich hinter dem Begriff versteckt, ist unterschiedlich. Einmal geht es mehr um große Denkansätze, ein anderes Mal mehr um Markttrends gekonnt in Szene zu setzen und beim dritten Mal um schöne Unikate, die sich von billiger Massenware abheben. Aber immer gibt es viel zu sehen und zu erleben. Bei allen Veranstaltungen trat die enge Beziehung zwischen Design und Handwerk hervor – was nicht unbedingt auch örtliche Nähe bedeutet. 

Vom Alsergrund nach Finnland

Schon zum 13. Mal fand die Vienna Design Week statt. Von 27. September bis 6. Oktober verwandelte sie die Festivalzentrale – dieses Jahr das bisher öffentlich nicht zu gängliche Althan Quartier über dem Franz-Josef-Bahnhof – und viele weitere Orte in Wien zu Schauplätzen der Gestaltung. Der Anspruch der Woche ist, Design als elementaren Bestandteil unseres Alltags begreifbar zu machen. Dazu gehört die ­Öffnung in alle Richtungen: neben Fachpublikum möchte man die lokale Bevölkerung erreichen. Das Programm umfasste Aus­stellungen, Präsentationen, Workshops, Vorträge und Touren. Der Designbegriff spannt den Bogen von Architektur-, Möbel- und ­Industriedesign über Grafik bis hin zu ­Computerspielen. Im Mittelpunkt standen wie immer Denkansätze und Ideen, weniger die kommerzielle Verwertbarkeit. 

Dass das Handwerk und Herstellungsprozesse einen wichtigen Teil von Design ausmacht, wurde mit den „Passionswegen“ Rechnung getragen. Touren im Fokusbezirk Alsergrund – der neunte Wiener Gemeindebezirk, in dem auch die Festivalzentrale lag – führten zu Wiener Handwerksbetrieben. Die Holzbearbeitung kam dabei nicht zu kurz: die Tischlerei Bretschneider und Drechsler Hermann Hauser befanden sich unter den Zielen der lehrreichen Spaziergänge.

Gastland der Vienna Design Week war diesmal Finnland. „Die nordischen Länder haben wie kaum eine andere Weltgegend einen prägnanten Stil entwickelt, der seit Dekaden die ganze Welt beeinflusst. Bereits seit mehreren Jahren verbindet uns mit Helsinki ein fruchtbarer Austausch“, so Lilli Hollein, Direktorin der Designwoche.

Im Rahmen des Länderschwerpunktes stellte Designer Tero Kuitunen eine Ausstellung zeitgenössischen finnischen Designs zusammen. Ausgewählte finnische Unternehmen präsentierten ihre Produkte. Ein weiterer Bereich war Studenten der Aalto Universität und ihren Möbeldesigns an der Schnittstelle automatisierter und robotischer Fertigung gewidmet.

Auffällig an den finnischen Entwürfen waren die Liebe zum Minimalismus, zu Details sowie zu natürlichen Werkstoffen. Holz war allgegenwärtig und zeigte sich von seiner besten Seite.

Etablierte Marken in kaiserlichen Hallen

„Design braucht einen Rahmen“ lautet der Slogan der dreitägigen Design District, die von 4. bis 6. Oktober in der Wiener Hofburg stattfand. In den altehrwürdigen, eleganten Räumen des ehemaligen kaiserlichen Wohnsitzes zeigten rund 200 Marken sowie 65 etablierte Hersteller und Händler auf 6500 m² Markttrends. Bei der „kleinen Schwester“ der Design Days Grafenegg nahm das Thema Wohnen einen großen Stellenwert ein – vom Möbeldesign über Accessoires bis hin zu Gesamtkonzepten und Immobilienprojekten. Tischler, Planer, Küchenausstatter und Bodenhersteller mit Holzbezug fanden sich unter den teilnehmenden Unternehmen – darunter Admonter, Farthofer, Formdepot und Bodenholz.

„Design gewinnt seinen Charakter in der Interaktion mit der Umgebung. Es muss wirken können, lebendig sein“, erklärten die Veranstalter Sabine Jäger und Peter Syrch. Die Verbindung zum Handwerk betonte man auch hier. Im nahegelegenen Looshaus war diesem eine zusätzliche Sonderausstellung gewidmet, um es spürbar, greifbar und sichtbar zu machen.

Unikate zum Mitnehmen

In der kreativen Szene tut sich einiges. Als Antwort auf die großen, renommierten Messen sprießen immer mehr unabhängige, kleinere Märkte aus dem Boden. Einer von ihnen ist die Edelstoff, von Sabine Hof­stätter und Simone Aichholzer 2012 gegründet. Die beiden wollten eine Präsentations-, Verkaufs- und Vernetzungsplattform für junge Kreative und Designer schaffen.

Inzwischen finden ihre Designmärkte regelmäßig an mehreren österreichischen Standorten statt – in Wien weg von den ­noblen Bezirken, in einer einstigen Rinderhalle. Mode macht einen großen Teil des Angebots aus, aber auch Produktdesign, Accessoires, Kunst, Kosmetik und Schmuck sind zu finden. Das Publikum sucht vor allem nach hübschen Unikaten, die nicht zu teuer und nicht zu groß sind. Schließlich ist man ja zum Stöbern gekommen und nicht zum Schleppen. Da und dort waren auch Stände mit schönen Dingen aus Holz zu entdecken – etwa Esen Woodcraft aus Slowenien, die massives Salatbesteck und wunderschön gemaserte Schneidbretter anboten, oder Astwerk, die Holz-Schmucklinie der steirischen Tischlerei Reinisch.

Handarbeit wird auch hier betont. Einige der jungen Labels haben ihre Schauwerkstatt mitgebracht. Sei es, um Einblick in den Schaffensprozess zu geben oder die Stücke vor Ort noch anzupassen.

Es geht weiter

Die nächste Ausgabe der Edelstoff findet vor Weihnachten statt – ein Tipp für alle, die noch nach Geschenkideen suchen. Die drei Veranstaltungen sind aber nur Beispiele von vielen. Ende Oktober gab es gleich das nächste Highlight: Wie jedes Jahr machte die Blickfang Station im Wiener MAK (Museum für Angewandte Kunst). 150 Designer aus 17 Nationen präsentierten dort ihre Entwürfe. Und die Holzdesign-­Redaktion war wieder vor Ort und berichtet in der Printausgabe und auf www.holzdesign.at darüber.