Interview

Multitalent BSP ist die Antwort auf viele Fragen

Ein Artikel von Günther Jauk | 07.11.2019 - 16:38

Sein halbes Leben beschäftigt sich Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schickhofer am Institut für Holzbau und Holztechnologie der Technischen Universität Graz bereits intensiv mit Brettsperrholz. Trotz oder gerade wegen dieser eingehenden Beschäftigung mit BSP gibt es für ihn und sein Team noch viel zu tun. Neben zahlreichen technischen Fragestellungen geht es dabei auch um den Wissenstransfer in neue Märkte. Bereits vor mehreren Jahren sagte Schickhofer für BSP ein ähnliches Marktpotenzial wie für BSH voraus. Eine Prognose, an der heute in der Branche kaum noch jemand zweifelt.

„Je mehr Menschen BSP im Kopf tragen, desto besser geht es in Summe voran.“


Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schickhofer

Herr Prof. Schickhofer, wann, glauben Sie, hat BSP – ähnlich wie BSH – ein Marktvolumen von 3 bis 4 Mio. m3/J erreicht und wo orten Sie das größte Wachstumspotenzial?

Bei Kapazitätszuwächsen von jährlich rund 10 % haben wir BSH in zehn Jahren eingeholt. Überall auf der Welt, wo es geeignete Baumbestände gibt, kann ich mir vorstellen, dass BSP-Industrien entstehen – und das ist faktisch überall, da zahlreiche Holzarten für die Produktion geeignet sind. Aktuell liegt das größte Potenzial noch in Europa. Neben Skandinavien und Frankreich wird das Netz auch in Mitteleuropa dichter. Hier kann der Markt ebenfalls noch einiges vertragen.

Und wie beurteilen Sie die globale Situation?

Außerhalb der EU wird es noch etwas dauern. Es ist schwierig, ein Produkt zu etablieren, wenn Ingenieure und Architekten nicht darauf geschult sind. Am besten ist es, bei der Ausbildung anzusetzen. Wir haben in den vergangenen 30 Jahren rund 60 Diplom- und Masterarbeiten zum Thema Brettsperrholz betreut. Wenn auch nur die Hälfte in der Branche bleibt, ist das ein zentraler Wissensmultiplikator. Je mehr Menschen BSP im Kopf tragen, desto besser geht es in Summe voran. Der Wissenstransfer ist ein zentraler Hebel – große Produzenten sollten gemeinsam mit Universitäten vor Ort gezielte Aktionen setzen.

Brettsperrholz kommt heute in zahlreichen Gebäudetypen vom Einfamilienhaus bis zum Holzhochhaus zum Einsatz. Macht das Bauen mit BSP in allen diesen Bereichen tatsächlich Sinn?

Ich sehe für BSP kaum Einschränkungen – egal, ob urbane Aufstockung, Einfamilienhaus oder Vielgeschosser. Baustoffunabhängig müssen es aber nicht immer gleich zehn bis 20 Stockwerke sein. Es geht hier um kompakte Konzepte mit ertragbaren Höhen, die städtebaulich Sinn machen. Das Multitalent BSP ist eine globale Antwort, den Rohstoff Holz intensiv stofflich nutzen zu können, hochwertige Bauwerke zu errichten und damit CO2 langfristig zu binden. Für die Wirtschaftlichkeit von Massivholzbauten wäre die monetäre Bewertung der CO2-Bindung ein klarer Vorteil – wir müssen diese CO2-Wahrheit auf den Tisch bringen.

In welchen Bereichen hat Brettsperrholz noch Verbesserungspotenzial? Oder anders gefragt: An welchen Themen arbeiten Sie gerade?

Wir müssen BSP künftig als zweidimensionales Produkt verstehen und auch dementsprechend damit arbeiten. Als Flächentragwerk kann Brettsperrholz Kräfte in x- und y-Richtung abtragen. Daraus ergeben sich statisch-konstruktiv und bauphysikalisch große Vorteile, die es gilt herauszuarbeiten.
Ein weiterer Bereich, mit dem wir uns intensiv beschäftigen, sind Vorfertigungskonzepte, insbesondere für die Nachverdichtung des historisch-städtischen Raums. Darüber hinaus arbeiten wir an Fügetechniken zwischen einzelnen Elementen. Bei der Verbindung von Flächen an Fügelinien gibt es noch großes Potenzial – diese sollen künftig auch demontierbar sein. Außerdem arbeiten wir sehr eng mit Maschinenausstattern und Klebstoffherstellern zusammen. In vielen Bereichen der Produktion gibt es noch erhebliches Verbesserungspotenzial. Das gilt für den Output genauso wie für die Produkteigenschaften, die durch den Produktionsprozess unmittelbar beeinflusst werden.

Gibt es neben Brettsperrholz noch andere neue Massivholzprodukte, die im Bausektor künftig eine wichtige Rolle spielen könnten?

Furniere sind ein guter Ansatz, um andere Holzarten, wie Buche oder Birke, aber auch schwer nutzbares Fichtenstarkholz, hochwertig weiterzuverarbeiten. Formgepresste Strukturen für tragende Zwecke sind da nur eine von vielen Einsatzmöglichkeiten. Durch die Homogenisierung des Ausgangsproduktes ist die Streuung der Werkstoffkenngrößen bei furnierbasierten Produkten nochmals geringer als jene bei brettbasierten. Wobei diese Streuungen bei Brettsperrholz auch schon sehr gut sind.