Tischlerei Siegbert Negele

Quadrate und Funktionen

Ein Artikel von Dagmar Holley | 17.12.2019 - 13:20

Wäre es nicht grandios, wenn es ebenso flexible Möbel gäbe? Die man mit wenigen Handgriffen verwandeln könnte – von einer Wiege zum Kinderbett, weiter zu Beistellbett, Kuschelnest, Schreibtisch, Regal, Kindersofa bis zum Jugendbett?

 

Ein Bausatz, neun Möbelideen

Functionwall – das Möbelsystem des Vorarlberger Tischlers Siegbert Negele – setzt genau hier an. Es ist flexibel und modular, zudem werkzeuglos und unkompliziert auf- und umzubauen. Das Herzstück bildet eine Funktionswand mit quadratischen Ausfräsungen, in die andere Bauteile eingehängt werden. Ohne viel Aufwand kann der Nutzer die Möbelteile neu kombinieren. So kann etwa der Bausatz Kit 01 als Bett, Schreibtisch oder Regal verwendet werden. Videos und Animationen auf functionwall.com zeigen Funktionsprinzip und Kombinationsmöglichkeiten des modularen Systems.
Die Grundidee dazu kam Negele vor rund zwanzig Jahren, nach der Geburt seiner ersten Tochter. Der junge Tischlermeister wollte eine Wiege für sie bauen. „Mir wurde klar, dass so ein Möbel ein Ablaufdatum hat. Natürlich kann man es auf dem Dachboden aufheben oder weitergeben, aber das war mir zu wenig. Da kam mir die Idee mit den quadratischen Ausfräsungen.“
Anfangs entwarf und fertigte er die darauf basierenden Kindermöbel hauptsächlich für den Eigenbedarf, neben den Auftragsarbeiten der Tischlerei. Nachhaltigkeit war schon damals ein Thema für den vierfachen Vater und sollte sich im Design widerspiegeln: „Nachhaltiges Design hat mehrere Aspekte. Neben der Funktionalität sind mir Material und der optische Gesamteindruck wichtig. Dieser sollte keinesfalls zu kindlich sein, um die Teile beispielsweise auch im Büro verwenden zu können.“ Er sieht seine Möbel als zukunftsweisende Investition, die Menschen ein Leben lang begleiten und begeistern: „Unsere dynamische Zeit erfordert flexible Möbellösungen. Für Kinder, Erwachsene, Eltern, Singles, reifere Persönlichkeiten oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen bietet Functionwall die passende Antwort. Es passt sich ständig an sich verändernde individuelle Lebenskonzepte und sich wandelnde gesellschaftliche Trends an.“

 

Birke – Holzart ohne Ablaufdatum

In der Materialfrage entschied Negele sich für die Birke. „Für mich ist Birke eine ­klassische Holzart ohne Ablaufdatum. Es ist ein dankbares Holz, das sich gut verarbeiten lässt, ist robust und gut kombinierbar. Mit seinem hellen sonnigen Ton eignet es sich hervorragend für Kinderzimmer“, schwärmt der Vorarlberger von den Pionierbäumen mit der weißen Rinde.
Beim Oberflächenschutz steht ebenfalls die Natürlichkeit des Holzes im Mittelpunkt. Hier verwendet der Tischler nur natürliche Öle. Soweit möglich verzichtet er auf Beschläge. „Die formschlüssig ausgefrästen Holzverbindungen funktionieren auch noch in 30 Jahren“, ist Negele überzeugt. Zwei Varianten sorgen dafür, dass die Möbel mitwachsen: zum einen das quadratische Raster, in dem die Elementhöhen leicht verändert werden können, zum anderen höhenverstellbare Füße. 

 

Veränderungen und Entscheidungen

Nicht nur Wachstum bedeutet Veränderung. Manchmal heißt es, eine Entscheidung treffen, etwas Neues zu wagen und damit etwas Altes zurückzulassen. Nachdem das Möbelsystem rund um die Funktionswand über lange Zeit nach Bedarf erweitert worden war, wollte Negele sich schließlich voll und ganz darauf konzentrieren. Seit rund fünf Jahren fertigt er in seinem Unternehmen nur mehr Functionwall-Teile. „Es war damals schwierig, Kunden wegzuschicken, die etwa eine Küche wollten. Gleichzeitig hieß es natürlich, alle Umsätze aus dem System zu generieren. Der Anfang war zäh“, erinnert sich der Vorarlberger. Eine weitere Herausforderung war, das Raster auf gängige Normen abzustimmen: „Natürlich sollte das System zu handelsüblichen Matratzen, A4-Ordnern und so weiter passen. Schließlich haben wir es aber geschafft, die Matrix der Quadrate so zu gestalten, dass alles funktioniert.“
Für Negele hat sich das Abenteuer gelohnt. „Die Nachfrage wächst, den Leuten gefällt´s und das macht Spaß“, zeigt er sich zufrieden. Schritt für Schritt setzt er seine Vision um – „Möbel zu entwerfen, die Menschen ein Leben lang begleiten und begeistern“.