Holzbau Glohr

Nochmals ein Quantensprung

Ein Artikel von Leo Pirson | 30.11.2021 - 11:29

Seniorchef Hans Glohr war vor 30 Jahren auf Empfehlung seines Vaters mit einer P8 von Hundegger vom Hand- auf den Maschinenabbund umgestiegen. Zuvor hatten sie sich zu dritt auf der Dach + Holz in Friedrichshafen/DE angesehen, was diese Maschine alles kann. Ihnen war damals klar, dass sie einen Quantensprung in Sachen Produktivität und Arbeitserleichterung darstellte. In den folgenden Jahren konnte die Abbundanlage das bei Holzbau Glohr auch unter Beweis stellen. Nach fast 30 Jahren in Produktion ließ allerdings die Genauigkeit nach. Zudem wurde die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, vor allem für die Steckkarten der Steuerung, zur Herausforderung. So wurde Mitte 2019 der Entschluss reif, eine neue Maschine zu kaufen. Zwar kam dann doch noch etwas dazwischen, wie zum Beispiel die ungeplante Investition in eine Hackschnitzelheizung, an der Wohnhaus, Büro und Werkstatt hängen, aber Ende 2020 stand das Budget für die neue Hundegger. Sie hätten sich auch die anderen Maschinen am Markt angesehen, berichten Uwe Glohr und sein Vater, aber sie wollten die Maschine des Marktführers haben. Von den drei verfügbaren Varianten (450, 650 und 1300) fiel die Wahl auf die größte Version der Robot Drive, noch dazu auf eine mit Vollausstattung.

Es war schon etwas Zufall im Spiel, dass die Lieferung der Maschine Anfang 2021 in eine Zeit fiel, als sich aufgrund pandemiebedingter Störungen in den Lieferketten auf vielen Baustellen im Raum Stuttgart ungeplante Baustopps einstellten. Folglich wurde auch kaum Dachbau beauftragt. Plötzlich war Zeit für den Abbau der alten Abbundanlage und die nötigen Umbauarbeiten in der Halle. In Eigenleistung wurde eine neue Grube für die Restholzentsorgung der Robot Drive gebaut. Weil sie mit Vollausstattung bestellt war, die Bearbeitungszelle höher ist, die Maschine aber an die gleiche Position wie die P8 sollte, dauerte die Montage etwas länger als normal.

Maschine kann mehr

„Im Vergleich zur P8 stellt die Robot Drive 1300 wieder einen Quantensprung dar, sowohl von Maschine zu Maschine als auch in der Holzbearbeitung“, sagt Uwe Glohr und erklärt: „Sie kann mehr, ist schneller und der Grad der Automation ist deutlich höher.“ Querschnitte bis 20 mal 38 cm konnte die Zimmerei bislang abbinden, jetzt sind Querschnitte von 2 mal 6 cm bis 30 mal 130 cm möglich. Es können also auch Leimbinder bearbeitet werden. Ebenfalls ist der Abbund von Brettschichtholz- oder Brettstapelrohlingen zu fertigen Deckenelementen möglich. Neben den deutlich größeren Hölzern schafft die Maschine in einem Durchlauf mehr und vor allem sehr viele verschiedene Arbeitsschritte.

Zentrales Element ist das 6-Achs-Robot-Aggregat, das sich die Zimmerei mit der von Hundegger optional angebotenen wassergekühlten Hochleistungsspindel (29 kW) ausrüsten ließ. Sie ist von 0 bis 15.000 U/min stufenlos verstellbar. So kann jedes der 16 Werkzeuge, die im Werkzeugmagazin vorgehalten werden, nach Aufgabe und Holzeigenschaft im optimalen Drehzahlbereich arbeiten. Das Robot-Aggregat kann jedes Bauteil von sechs Seiten erreichen, ohne es wenden zu müssen. Die vielseitigen Bearbeitungsmöglichkeiten werden um ein in der Bearbeitungszelle ebenfalls installiertes 5-Achs-Säge-Schlitz-Markieraggregat ergänzt. Glohr hat sich die Anlage noch um diverse weitere Optionen erweitern lassen, so zum Beispiel im Bereich Materialhandling und Restholzentsorgung.

Hoher Automatisierungsgrad

Seniorchef Hans Glohr, der natürlich mit der P8 bestens vertraut war, hat sich im Alter von über 80 Jahren auch noch in die Robot Drive eingearbeitet. Für ihn ist der hohe Automationsgrad ein Segen. Damit ist er in der Lage, weiterhin das zu tun, was er am liebsten macht: im Betrieb mitzuarbeiten, solange die Kräfte es ihm erlauben. Die Robot Drive und ein kleiner Hallenkran als Hilfsmittel nehmen ihm die körperlich schweren Aufgaben ab. Sein Sohn Uwe schätzt die Unterstützung durch den Vater in der Halle sehr. Natürlich steht er selber auch an der Maschine, aber während er im Büro kalkuliert und konstruiert, kann Hans Glohr die täglich anfallenden Standardsachen fertigen, welche die drei Montagetrupps am kommenden Tag auf ihren Baustellen benötigen.

Auf Zimmereiarbeiten spezialisiert

Hinter der Investition in die Maschine steht bei Glohr der Wunsch, den Abbund im eigenen Betrieb zu halten. So würde man sich nicht zu weit von der Tätigkeit der Zimmerei entfernen, was letztlich im Montagebetrieb endet. Den Weg zum Abbundzentrum möchte der Geschäftsführer nicht beschreiten. Vereinzelt nimmt er zwar Aufträge für den Lohnabbund an, sofern es zur Auftragslage passt. Holzbau Glohr hat sich vor Jahrzehnten schon auf reine Zimmereiarbeiten spezialisiert. Für andere dachnahe Gewerke nutzt das Unternehmen die Dienste von Subunternehmern. Beispiele hierfür sind Dachdeckung, Dämmen und Flaschnerei. Ein weiterer Grund für die Investition in die Hundegger-Anlage war der Wunsch nach größtmöglicher Flexibilität der ausführbaren Arbeitsschritte, einem automatischen Ablauf und einer hohen Ausführungsqualität. Ebenfalls müssen mit der Anlage auch Unwägbarkeiten in der Personalentwicklung abgedeckt werden – aktuell ein ganz schwieriges Thema. Uwe Glohr möchte seinen Betrieb trotz der aktuell guten Aussichten im Holzbau stellenmäßig nicht weiterwachsen lassen. Obwohl er seine Robot Drive aktuell nicht auslastet, so versteht er sie als Langfrist-Investition, von der sein Betriebsnachfolger noch etwas haben soll. Glohrs 15-jähriger Sohn Christopher zeigt jedenfalls großes Interesse an der Arbeit mit der neuen Abbundanlage. Er guckte dem Großvater schon an der P8 über die Schulter.

Seniorchef Hans Glohr hat den Betrieb 1969 vom Vater und von dessen zwei Brüdern übernommen. Bis vor wenigen Jahren betrieb man neben dem Zimmereigeschäft noch ein eigenes Gattersägewerk mit drei Beschäftigten. Das diente der Eigenversorgung mit Bauholz. Um 1986 erfolgte der Einstieg in die computergestützte Konstruktion (CAD). In der Halle und auf der Baustelle wurde weiter von Hand abgebunden. Kurze Zeit später folgten der Kauf der P8 und damit der maschinelle Abbund. Als im Holzbau genormtes KVH und Leimholz aufkamen, stellte Holzbau Glohr den eigenen Rundholzeinkauf und auch den Einschnitt ein. Man scheute die nötigen Investitionen in die Holztrocknung und Energieerzeugung. Den gewonnenen Platz am Betriebsgelände konnte man zur Lagerung von zugekauftem Material gut gebrauchen. Zur Jahrtausendwende übergaben die Eltern den Betrieb an Sohn Uwe. Kurz nach der Aufnahme des maschinellen Abbunds begann Glohr damit, bei der Montage auf den Baustellen einen eigenen Mobilkran einzusetzen.