VERBAND DER DEUTSCHEN MÖBELINDUSTRIE (VDM)    

Verteuerung weitergeben

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 09.03.2022 - 11:40
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Jan Kurth © VHK/Müller

„Trotz widriger Rahmenbedingungen konnte sich die deutsche Möbelindustrie 2021 gut behaupten“, erklärte Jan Kurth, Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie (VDM/VHK), in einer Onlinepressekonferenz am 21. Februar. Er erklärte das Umsatzplus mit großen Auftragsüberhängen aus 2020. Zudem konnten die pandemiebedingten Schließungen des Möbelhandels im Frühjahr gut kompensiert werden. Auch stehen die Themen Wohnen und Einrichten bei den Verbrauchern weiterhin hoch im Kurs. Trotz alledem habe die deutsche Möbelbranche das Vorcoronaniveau noch nicht wieder erreicht. 2019 lag der Umsatz mit 17,9 Mrd. € um 0,4 Mrd. € höher als im Vorjahr.

Preissteigerungen muss man weitergeben. Sonst wird es betriebswirtschaftlich nicht funktionieren.


Jan Kurth

Materialengpässe und Verteuerungen

„Die Umsatzanstiege sind die positive Seite des vergangenen Jahres. Allerdings hatten wir auch das Thema Beschaffung. Vieles war knapp und schlecht verfügbar“, stellte Kurth fest. 2022 haben viele Möbelhersteller weiterhin Schwierigkeiten mit den Folgen der coronabedingten Störungen in den Lieferketten. 44 % der in der jüngsten Verbandsumfrage befragten Unternehmen berichteten, dass ihre Produktion im Januar 2022 aufgrund von Materialknappheiten eingeschränkt oder verzögert war. Die Engpässe verschärften sich im Januar insbesondere bei elektronischen Bauteilen und Verpackungsmaterialien weiter. Zudem habe man es mit einer Verknappung bei den logistischen Kapazitäten zu tun. Zur Belastung für die deutschen Hersteller wird auch die massive Verteuerung nahezu aller Materialien und Vorprodukte. Von den Preissteigerungen betroffen sind unter anderem Holzwerkstoffe, Beschläge und Metallkomponenten, Polsterschäume, Verpackungsmaterialien, elektronische Bauteile, Logistikkosten sowie Energie. Kurth nannte als Beispiel die Preise für Holzwerkstoffe: Nach amtlicher Statistik (Index der Erzeugerpreise Statistisches Bundesamt) lagen diese im Dezember 2021 um 40 % über dem Vorjahresniveau.

Preise müssen früher angepasst werden

„Aufgrund der sehr dynamischen Preisentwicklung bei den Zulieferprodukten und den traditionell langen Preislaufzeiten zwischen Industrie und Handel, die oftmals ein Jahr betragen, steuert die Branche auf ein massives Problem zu“, meint Kurth und fordert: „Hier muss es zu einer Veränderung der Preislaufzeiten und zu unterjährigen Mechanismen kommen, um den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen.“

Küchenhersteller mit guter Entwicklung

Die einzelnen Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich unterschiedlich. „Vor allem die Küchenmöbelhersteller hatten 2021 eine sehr gute Entwicklung“, stellte Kurth fest. Die Küchenmöbelhersteller erreichten 2021 laut Statistischen Bundesamt Destatis einen Umsatzanstieg von 9 % auf 5,7 Mrd. €. Dagegen fiel die Umsatzentwicklung beim größten Segment der Möbelindustrie – den sonstigen Möbeln (darunter Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbel) sowie Möbelteilen – mit –7,6 % auf 5,9 Mrd. € negativer aus als im Branchendurchschnitt. Die Büromöbelindustrie verbuchte mit 2 Mrd. € Umsatz ein Plus von 4 %. Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen mit 2 Mrd. € Umsatz um 8 % über dem Vorjahreswert. Ein gemischtes Bild sieht Kurth auch bei der Auftragslage. Nach internen Erhebungen der Fachverbände stieg der Auftragseingang in der deutschen Küchenmöbelindustrie 2021 um 7 %. In der Wohnmöbelindustrie jedoch gab es einen deutlichen Rückgang von 12 %.

Gutes Auslandsgeschäft

Als Wachstumstreiber erwies sich im vergangenen Jahr das Auslandsgeschäft mit einem Umsatzplus von 5 % auf 5,6 Mrd. €. Die deutschen Möbelexporte legten 2021 um 15 % auf 8,4 Mrd. € zu. Der Exportwert ist höher als der Auslandsumsatz, weil dieser auch die an ausländischen Produktionsstandorten hergestellte Ware einschließt. Mit +26 % entwickelten sich die Ausfuhren nach Frankreich, Deutschlands wichtigstem Exportmarkt, laut Kurth besonders erfreulich. Die deutschen Möbellieferungen nach Österreich erhöhten sich 2021 um 13 %.

Der Inlandsumsatz zog vor dem Hintergrund der langen Phase der Handelsschließungen nur um 0,5 % auf 11,9 Mrd. € an. Die deutschen Möbelimporte legten im vergangenen Jahr um 18 % auf 10,2 Mrd. € zu. Mit wertmäßig +41 % auf 3 Mrd. € zogen die Einfuhren aus China überdurchschnittlich stark an. Mengenmäßig liegt der Anstieg nur etwa halb so hoch, was auf einen starken Preisanstieg der chinesischen Importware schließen lässt.

Optimistische Aussicht

„Die Störungen in den Lieferketten werden uns wohl noch einige Monate begleiten“, meint Kurth. Zudem gebe es Unsicherheiten über den weiteren Pandemieverlauf. Doch bei den Verbrauchern ist das Interesse am Thema Möbel weiterhin hoch. In Bezug auf die Absatzmenge erwartet man beim VDM in diesem Jahr in etwa eine Seitwärtsbewegung auf dem Vorjahresniveau. Bei einer nominalen Umsatzbetrachtung rechnet man mit erheblichen Effekten aufgrund notwendiger Preisanpassungen vor dem Hintergrund einer enormen Verteuerung der Zulieferer- und Energiepreise. 2022 schafft die deutsche Möbelindustrie ein nominales Umsatzplus von 10 %, prognostiziert der Verband. „Diese Prognose erscheint nicht unrealistisch“, sagte Kurth.