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Herausforderndes Jahr

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 02.08.2022 - 13:52
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Thomas Leissing ist seit 2005 Mitglied der Egger-Gruppenleitung. Er verantwortet die Bereiche Finanzen und Verwaltung und ist seit 2009 auch Sprecher der Gruppenleitung © Egger

„Das Jahr war sehr spannend“, blickte Thomas Leissing, der in der Egger-Gruppenleitung für Finanzen und Verwaltung zuständig ist sowie als Sprecher der Gruppenleitung fungiert, auf der Egger-Jahrespressekonferenz am 28. Juli auf das vergangene Geschäftsjahr zurück. Er erklärte, dass die Belastungen aufgrund der Coronapandemie unverändert hoch waren. Zudem hat sich auch der Krieg in der Ukraine massiv auf die Energie- und Rohstoffmärkte ausgewirkt. Schwierigkeiten in der Rohmaterialbeschaffung und Probleme in den Lieferketten begleiteten die Egger-Gruppe durch das ganze Jahr. „Wir hatten aber das Glück, dass wir niemals eine Anlage abstellen mussten, weil Mitarbeiter, Vormaterialien oder Ersatzteile fehlten“, erklärte Leissing.

Massive Teuerungen

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Hannes Mitterweissacher verantwortet seit 2022 bei Egger die Bereiche Technik und Produktion als Mitglied der Gruppenleitung © Egger

Egger verzeichnete im Vorjahr einen starken Energiekostenanstieg. „Für Industriekunden hat sich der Strompreis verzehnfacht. Was wir jetzt für Energie zahlen müssen, ist enorm. In den 30 Jahren, die ich bei Egger beschäftigt bin, habe ich es noch nie erlebt, dass wir darüber nachdenken müssen, ob wir überhaupt noch genug Strom oder Gas bekommen. Jetzt beschäftigen uns solche Dinge“, beschrieb Hannes Mitterweissacher, Gruppenleiter Technik und Produktion, die Situation. Zudem ist die Verteuerung von Chemierohstoffen erheblich. Die zunehmende Nachfrage nach Holz, dem wichtigsten Rohstoff für den Holzwerkstoff-Produzenten, führt zu zusätzlichem Kostendruck. „Unsere Einkaufsabteilung war und ist sehr gefordert“, bestätigte Mitterweissacher.

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Frank Bölling ist seit 2022 Mitglied der Egger-Gruppenleitung und zuständig für den Bereich Logistik © Egger

Neben zunehmenden Energie- und Rohstoffpreisen ist Egger auch mit dem Anstieg der Transportkosten konfrontiert. „Nie erwartete Zustände, wie etwa Streiks oder Überlastungen, treffen Logistikketten weltweit. Das hat massive Auswirkungen auf Lieferprozesse. Wir sprechen hier von gestiegenen Frachtkosten für Landverkehre um beinahe ein Viertel. Seefracht ist um gut 69 % teurer geworden“, sagte Frank Bölling, Gruppenleitung Logistik. Aufgrund des zusätzlichen Kostendrucks hat die Egger-Gruppe die Preise ihrer Produkte erhöhen müssen.

Wesentliche Kennzahlen sehr positiv

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Michael Egger jun. ist seit 2022 Mitglied der Gruppenleitung und verantwortet den Bereich Vertrieb und Marketing © Egger

Die Nachfrage war 2021/22 auf einem hohen Niveau. „Der Rückenwind des in der Coronapandemie aufgekeimten Cocooning-Effekts bescherte uns auch im vergangenen Geschäftsjahr eine hohe Nachfrage aus der Möbelindustrie und dem Holzwerkstoff-Handel“, bestätigte Michael Egger jun., der in der Egger-Gruppenleitung den Vertrieb und das Marketing verantwortet. „Es wurden Rekordmengen produziert. Wir waren extrem ausgelastet“, erklärte Leissing. Mit 10,5 Mio. m³ Holzwerkstoffen und Schnittholz verzeichnet die Unternehmensgruppe einen Produktionshöchststand. Bezogen auf das Geschäftsjahr 2020/21, ist das eine Steigerung von 9,4 % beziehungsweise 900.000 m³.

Aber nicht nur die Produktionsmenge wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr massiv gesteigert. Auf der Jahrespressekonferenz berichtete die Egger-Gruppenleitung von einer deutlich positiven Entwicklung der wesentlichen Kennzahlen: So wurden ein gruppenweiter Umsatz von 4,2 Mrd. € (+37 % im Vergleich zum Vorjahr) und ein EBITDA von 877 Mio. € (+41 % gegenüber dem Vorjahr) erwirtschaftet. Die EBITDA-Marge lag stabil bei 20,7 % (Vorjahr: 20,2 %). Die Eigenkapitalquote befand sich mit 50,9 % über dem Vorjahreswert von 42 %. „Diese Ergebnissteigerung zeigt, dass wir die Herausforderungen der nach wie vor anhaltenden Pandemie gut bewältigt und zugleich die sich in unserer Branche ergebenden Chancen sehr gut genutzt haben.“ Neben der erhöhten Kundennachfrage und den Preissteigerungen haben auch Mengenerhöhungen, vor allem durch die neuesten Werke in Biskupiec/PL und Lexington/US, zu diesem Ergebnis beigetragen.

Insgesamt investierte die Unternehmensgruppe im vergangenen Geschäftsjahr 294 Mio. € in ihre Produktionsstandorte. Ein großer Anteil der Wachstumsinvestitionen (195 Mio. €) entfiel auf den Ausbau des Stammsitzes in St. Johann in Tirol.

Strategie hinterfragt

Aufgrund des Krieges in der Ukraine habe man auch die eigene Unternehmensstrategie hinterfragt. „Der Fokus liegt jetzt mehr auf Europa und den USA“, sagte Leissing. „Wir stehen aber zu unseren zwei russischen Standorten. Als Familienunternehmen fühlen wir uns den 1200 Mitarbeitern in Russland verpflichtet“, erklärte er. Beide Werke produzieren unter Einhaltung aller EU-Sanktionen für wirtschaftliche Beziehungen zwischen den für Egger relevanten EU-Ländern und Russland weiter. Dafür wurden eine strikte Compliance-Struktur und ein Programm zur Einhaltung der EU-Sanktionen eingerichtet. Die in Russland produzierten Holzwerkstoffe werden vor allem vor Ort sowie in den angrenzenden sogenannten Stan-Staaten verkauft.

Gedämpfter Ausblick

Die Krise in der Ukraine, volatile Rohstoffmärkte, eine unsichere Energieversorgung, die fortdauernde Coronapandemie und die steigende Inflation dämpfen die Ergebniserwartungen der Egger-Gruppe für das kommende Geschäftsjahr. „Zudem ergeben sich für uns Unsicherheiten aus der Währungsentwicklung in Russland, Argentinien und der Türkei“, sagte Leissing und erklärte: „Die Ergebniserwartungen für alle Divisionen werden stark von der weiteren Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage abhängen. Die Auswirkungen der steigenden Inflation und der damit einhergehenden höheren Energie- und Lebenshaltungskosten auf die Konsumbereitschaft und damit auf die Nachfrage nach unseren Produkten sind tendenziell belastend.“