ÖSTERREICH

Tischlerhandwerk hat viele Stärken und spürt Herausforderungen

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 05.12.2023 - 11:51

Stefan Pichler, zuständig für Design und Planung in der Bau- und Möbeltischlerei Josef Pichler in Forchtenstein:

tischlerei_pichler_rgb.jpg

Stefan Pichler, Tischlerei Josef Pichler © Tischlerei Josef Pichler

Ich sehe enormes Potenzial für das Tischlerhandwerk und den Tischler als Experten für individuelle Innenräume. In Zeiten einer starken Vereinheitlichung haben wir als Tischler die Möglichkeit, einzigartige Möbel- und Sonderlösungen anzubieten. Dafür sind eine klare Positionierung und ein starker Fokus auf Handwerk und Ästhetik erforderlich. Für individuelle, persönliche und ausführliche Beratung, gepaart mit höchster Qualität, wird es immer einen Markt geben. 

Allerdings erschweren steigende Lohn- und Gemeinkosten ein wirtschaftliches Angebot solcher Dienstleistungen, da Mehrkosten nur bedingt an Kunden weitergegeben werden können. Es ist wichtig, dass wir als Branche unser Image weiter stärken und das Handwerk, die Qualität und die Individualität in den Fokus rücken. 

Johannes Spatzenegger, Geschäftsführer der Tischlerei Schmidhuber Raum in Seekirchen:

tischlerei_spatzenegger_johannes_rgb.jpg

Johannes Spatzenegger, Tischlerei Schmidhuber Raum © Tischlerei Schmidhuber Raum

Entscheidend ist, sich immer weiterzuentwickeln. Nicht nur im Handwerklichen, sondern eigentlich überall. Vor allem heute in Bezug auf den Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. Die Menschen wünschen sich, dass sie gesehen werden. Sie wollen nicht nur Sicherheit durch Arbeit. Sie brauchen eine Arbeit, bei der sie sich entfalten können. Wir müssen den Menschen Arbeit, Sinn und Sicherheit geben – und das schon, bevor sie sich für uns entscheiden. Dabei ist es, glaube ich, total wichtig, den Mitarbeitern von Anfang an aufmerksam zuzuhören – so, wie es sich auch ein Kunde nur wünschen kann. 

Für mich ist der Arbeitsmarkt von Natur aus ein Arbeitnehmermarkt. Wenn man den Menschen auf Augenhöhe begegnet, sieht man sie am besten.

Alexander Schöffmann von der Tischlerei Schöffmann in St. Veit an der Glan:

tischlerei_schoeffmann_alex_rgb.jpg

Alexander Schöffmann, Tischlerei Schöffmann © Tischlerei Schöffmann

Die Stärken eines modernen Tischlers liegen in seinem handwerklichen Können und seiner Kreativität. Wir sind in der Lage, qualitativ hochwertige Möbelstücke, individuelle Inneneinrichtungen und maßgeschneiderte Interiorlösungen für unsere Kunden zu schaffen. Die Verwendung traditioneller Holzbearbeitungstechniken in Kombination mit modernen Werkzeugen und Materialien ermöglicht es uns, ein breites Spektrum an Projekten umzusetzen.

Allerdings sehen sich Tischler auch mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Tischler müssen in der Lage sein, sich an sich verändernde Markttrends und Kundenwünsche anzupassen. Außerdem müssen sie sich ständig weiterbilden und mit den neuesten Technologien und Trends in der Holz­bearbeitung vertraut machen. Insgesamt bleibt der Tischlerberuf ein wichtiger Bestandteil der Handwerkskunst und des Bauwesens.

Michael Längle von der Tischlerei Längle in Götzis:

TischlereiLaengle_(c)KirstinToedtling_353_rgb.jpg

Michael Längle, Tischlerei Längle © Kirstin Tödtling

Seit 1874 und über fünf Generationen ­hinweg verbindet die Bau- und Möbeltischlerei Längle im vorarlbergischen Götzis ­Tradition mit Innovation. Unter der Leitung von Tischlermeister Michael Längle, unterstützt durch das Erfahrungswissen seiner Mutter, Tischlermeisterin Gabriele Längle, entstehen maßgeschneiderte Lösungen, die den individuellen Bedürfnissen ihrer Kunden entsprechen. Qualität, Präzision und Pünktlichkeit sind dabei die Eckpfeiler ihrer Arbeit. Das breite Leistungsspektrum der Tischlerei reicht von hochwertigen Holz- und wartungsarmen Holz-Alu-Fenstern über stilvolle Türen bis hin zu exquisiten Innenraumgestaltungen. Hinter jedem Projekt steht ein leidenschaftliches Team, das mit Kompetenz, Erfahrung und Integrität überzeugt. Trotz dieser ­herausfordernden Zeiten wird in neue Techniken und Maschinen investiert. 

Wir hoffen, dass sich in der Bevölkerung die Einstellung gegenüber dem Handwerk weiterhin positiv entwickelt. So sind dann diese interessanten Arbeitsplätze gesichert. Die Verantwortlichen könnten diesen Prozess, zum Beispiel durch Förderung von Fenstern und Türen, die in der Region hergestellt werden, unterstützen.

Matthias Erler von der Tischlerei Erler in Volders:

tischlereierler_matthias_erler_rgb.jpg

Matthias Erler, Tischlerei Erler © Tischlerei Erler

Das Geschäftsjahr läuft hervorragend. Das liegt aber vielleicht daran, dass wir ein Zwei-Mann-Betrieb sind und es auch bleiben wollen. Der Großteil unserer Kunden ist privat und somit können diese auch mit (manchmal) etwas längeren Wartezeiten umgehen. Positiv finde ich den Trend zu mehr Echtholzmöbeln und das Vertrauen in uns – die Tischler. 

Herausfordernd sind die ständig neuen Materialien, mit denen ein Tischler heutzutage konfrontiert wird. Wir müssen nicht selten Stoffe, Glas und Stahl verarbeiten, sondern wir haben auch immer öfter mit Elektrik und Licht zu tun. Allerdings ist es so, wie mein Großvater immer sagte: Wer rastet, der rostet. Somit sind neue Eindrücke und Herausforderungen auch immer wichtige Erfahrungen, um sich weiterzuentwickeln – persönlich wie beruflich.

Ansonsten habe ich nicht viel zu sagen, der Beruf des Tischlers ist immer noch der schönste, den ich mir vorstellen kann. Und ich bin froh, dass ich vor über 20 Jahren noch viel von meinem Großvater lernen durfte, das man sich heute vermutlich gar nicht mehr vorstellen kann. Fokus auf den Fortschritt und Respekt vor dem, was früher war – so kann und wird es Betriebe wie uns immer geben. 

Manuel Schalko von der Tischlerei Schalko in Litschau:

tischlereischalko_manuel_schalko_rgb.jpg

Manuel Schalko, Tischlerei Schalko © Tischlerei Schalko

Wir planen und produzieren gastronomische Gesamtkonzepte und setzten diese immer öfter als Generalunternehmer für unsere Kunden um. Dadurch haben wir eine Nische besetzt und unterscheiden uns vom klassischen Möbeltischler enorm. Grundsätzlich ist unser Handwerk ein schönes. Ich mache das auch wirklich gerne. 

Jedoch sind die Rahmenbedingungen zum Arbeiten für kleine Betriebe in Österreich nicht mehr wirklich attraktiv. Teilweise sind sie schon so mühsam, dass man sich des Öfteren fragt, ob beziehungsweise warum man sich das noch weiter „antut“. 

Wir stehen Herausforderungen, wie die hohen Energie- und Lohnkosten, den Arbeitnehmerschutz, gesetzliche Grundlagen, Diisocyanate, die DSGVO, Explosionsschutzverordnung und Evaluierungen gegenüber. Zudem kann man Anzeigen durch den Arbeitsinspektor oder die Steuerprüfung mit grundlosen, einfach in die Welt gesetzten Aussagen, um Nachzahlungen zu lukrieren, erfahren. Ich nenne nur ein Beispiel: Allein die notwendigen wiederkehrenden Überprüfungen der Betriebsanlage umfassen eine ganze A4-Seite. Zudem gibt es da unterschiedliche Fristen, Termine, Notwendigkeiten, usw. 

Zusammengefasst würde ich sagen, dass die Rahmenbedingungen nicht einmal mehr für die Großkonzerne passen, die sich ja auch schon reihenweise aus Österreich verabschieden. Für das Handwerk passen sie schon gar nicht mehr. Darum wird es in naher Zukunft meiner Meinung nach nur mehr Kleinstbetriebe mit maximal zwei Mitarbeitern beziehungsweise überhaupt nur mehr Zusammenschlüsse von Ein-Mann-Betrieben geben. Der Anteil dieser Ein-Mann-Unternehmen ist beispielsweise im Bundesland Niederösterreich weit über 50 %, bei denen jeder „Kontrolleur“ vor der Türe stehen bleiben kann.