Interview Reinhard Binder

Reinhard Binder: vorsichtiger Optimismus, aber nicht mehr

Ein Artikel von Gerd Ebner | 18.09.2024 - 10:49

„Wer wachsen will, muss zu den Rohstoffquellen gehen. Es war eine kluge Entscheidung, nicht nach Osteuropa oder Russland zu expandieren. Die Ergebnisse sind bekannt. Im Süden der USA haben wir das größte Rohstoffpotenzial und sitzen direkt im Absatzmarkt“, erläutert Reinhard Binder, CEO der Binderholz-Gruppe, die Unternehmensstrategie.

Einfach auf Verdacht in die USA zu liefern, geht nicht. Das hat heuer den Preis ruiniert.


Reinhard Binder

„Eigenes US-Verkaufsbüro und eigene US- Sägewerke – wir machen es anders als die anderen. Bereits vor 2018 waren wir mit Kleinmengen am US-Markt präsent, aber das war uns am wichtigsten Holzmarkt der Welt nicht genug“, sagt Binder. „Die US-Bevölkerung wächst ständig, auch das schafft Wohnbedarf.“ Seit den 1990er-Jahren stieg die Bevölkerungszahl um 60 Millionen. Bis 2050 kommen nochmals 30 Millionen hinzu.

USA brauchen US-Süden und Europa

Schon vor dem Niedergang der Holzindus-trie in Britisch-Kolumbien, ausgelöst durch Borkenkäfer, Regulierungen und Rückgaben von Land, galt die Regel: „Ab 1,3 Millionen Neubauten pro Jahr kann sich Nordamerika nicht mehr selbst versorgen.“ Mit den Versorgungsproblemen in Kanada wird dies nun umso deutlicher. „Die USA erleben seit zehn Jahren eine zunehmende Verknappung. Trotz der Erweiterungen der Sägewerkskapazitäten im Süden werden die USA verstärkt auf Importe aus Europa angewiesen sein“, meint Binder.

Wer auf Wachstum setzt, kommt am US-Markt nicht vorbei.


Reinhard Binder

Sägewerksneubau in USA noch teurer

Binderholz ist der einzige Europäer, der vor Ort zwei Sägewerke betreibt – andere könnten folgen. „Viele alte, mit US-Technik betriebene oder bereits stillgelegte Sägewerke kann man kaufen. Ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt. Baut man hingegen mit bewährter europäischer Sägewerkstechnik, so ist die Errichtung mindestens zwei- bis dreimal so teuer wie in Europa“, analysiert Binder.

Wer auf US-Technik setzt, kann aber fast nur den US-Markt bedienen. So muss man laut Binder die derzeit schwachen Ergebnisse der nordamerikanischen Holzindustrie in Kauf nehmen: „Ihre Nettoverluste im ersten Halbjahr waren enorm. Sie alle setzen auf traditionelle Sägewerkstechnik, während wir – typisch europäisch – vor allem auf den Kundenbedarf und die Ausbeute achten.“

Hier sieht sich Binder im Vorteil. „Unsere beiden Werke haben mittlerweile Langholzaufgaben mit verstellbaren Kappsägen. Wir können Rundholz bedarfsoptimiert ausformen. Und unsere Sägelinien sind flexibel genug, um Dimensionen und Qualitäten zu produzieren, die wir auch außerhalb der USA vermarkten können.“

Europäische Mitarbeiter unerlässlich

Diese europäische Herangehensweise wird in den USA beibehalten, indem das US-Team um europäische Mitarbeiter ergänzt wird. „Es kommt auf die richtige Mischung an“, fasst Binder zusammen.

Noch fehlen 50 €/m³. Für die Europäer ist es jetzt überall anders besser als in den USA.


Reinhard Binder

Special statt Commodity

„Wir gehen andere Wege als der Großteil der Branche.“ Dazu zählen für Binder auch die Lagerhaltung von europäischer Ware in den USA: „Wir sind das einzige europäische Unternehmen, das in ausgewählten Häfen in Lagerhallen für jeden Abnehmer das Holz vorkommissioniert.“ So werde eine differenzierte Abnehmerstruktur bedient, insbesondere DIY (Do-it-yourself)-Ketten.

„Der DIY-Sektor funktioniert auch nach der Pandemie gut, wie die Geschäftszahlen bei Home Depot und Lowe’s zeigen. Die durchschnittlichen US-Häuser werden immer älter, mittlerweile sind sie im Schnitt 47 Jahre alt. Handwerker holen sich mit ihrem Pick-up im Baumarkt alles, von OSB bis Schnittholz, um Häuser zu sanieren“, betont Binder die wachsende Bedeutung der Renovierung im Vergleich zum Neubau.

Mehrfamilienhausbau komplett eingebrochen

„In diesem Jahr ist der Markt für die Mehrfamilienhäuser um 40 % eingebrochen, was infolgedessen zu diesem extremen Preisverfall für die Southern Yellow Pine und zu Sägewerksschließungen führte. Ich gehe davon aus, dass für eine Belebung zwei bis drei Zinssenkungen notwendig sein werden“, prognostiziert Binder und meint weiter: „Mittelfristig sollte sich eine Bedarfslücke durch das Bevölkerungswachstum und die überalterte Häuserstruktur ergeben und infolgedessen zu einer starken Nachfrage führen. Ab Mitte 2025 sollte es wieder aufwärtsgehen.“

Binderholz wird heuer ungleich weniger in die USA liefern als im Vorjahr.


Reinhard Binder

Doppelschlag im 1. Halbjahr: zu viele Lieferungen aus Europa und Kanada

Aktuell ist die Zeit niedriger Rundholzpreise in ganz Europa vorbei. „Daher müssen die Schnittholzpreise steigen. Aktuell fehlen uns bei 2-by-4 noch 50 bis 60 €/m3, um profitabel zu sein. Die europäischen 2-by-4-Lieferanten haben sich den Markt selbst ruiniert. Auf Verdacht an die Ostküste zu liefern, funktioniert nicht. Die hohen Lagerbestände in den Häfen drücken die Preise. Hinzu kommt, dass die Kanadier zu lange voll produzierten. Für europäische Unternehmen ist es überall besser als in den USA.“

Preisrelationen stehen Kopf

Dies hat laut Binder dazu geführt, dass derzeit sogar 2-by-6-Schnittholz einen besseren Preis erzielt als 2-by-4.

Wir schneiden keine Commodity mehr.


Reinhard Binder