Berater der Bauern

Ein Artikel von Administrator | 04.01.2002 - 00:00
Als Brückenbauer zu den Grundeigentümern z. B. bei Grundinanspruchnahmen sieht sich Zivilingenieur Dipl.-Ing. Josef Weißbacher, Wildschönau. Durch seine bäuerliche Herkunft und seine fast zehnjährige Tätigkeit bei der Landwirtschaftskammer Tirol weiß er über die Nöte und Schwierigkeiten der Landwirte Bescheid.Finanz strenger bei Dienstbarkeits-Abgeltungen. Momentan gibt es in Tirol heftige Diskussionen um die Entgelte für Lift-Dienstbarkeiten. Die Finanzbehörde wird gegenüber den Grundeigentümern bei der Anerkennung der Abgeltung betrieblicher Nachteile durch den Liftbetrieb zunehmend strenger. Diese umfassen Ertragsausfälle, Wirtschaftserschwernisse, Schadensersätze und sonstige betriebliche Nachteile, sowie das Entgelt für die Rechtseinräumung.
In der Wildschönau wurde einem bäuerlichen Betrieb angedroht, nur mehr 10% des Entgeltes für die betrieblichen Nachteile anzuerkennen - damit wären nur 10% über die Einheitswertpauschalierung bereits versteuert. Gemeinsam mit der Bezirkskammer wurden die betrieblichen Belastungen erhoben und ein dienstbarkeitsbedingter Betriebsnachteil von mehr als 100% der bestehenden Abgeltung festgestellt.Wiederaufforstungspflicht nach Liftauflassung. Auf den Lifttrassen kommt es zu Bodenschäden und Rutschungen. In Kulturflächen, wo durch Schikanten Jungpflanzen verletzt werden, verlängert sich der Verjüngungszeitraum. Weiters ist die Zäunung von Wald erforderlich. Bei Sicherheitsstreifen erhöhen sich die Schlägerungskosten.
Ein Rodungsbescheid gilt nur, solange der Schibetrieb läuft, danach besteht Wiederaufforstungspflicht. Landwirtschaftliche Nachteile betreffen geringere Futter- und Heuerträge sowie erhöhte Fixkosten für Gülle- undMistlager. Auch die Milchlieferung wird bei vorhandenen Rodelbahnen und Schipisten aufwändiger. Weiters fielen Steuerbe-ratungskosten an. Durchschnittlich können die betrieblichen Nachteile mit 50 bis 60% bemessen werden. Die Anerkennung von 10% durch den Fiskus ist daher viel zu gering, so Weißbacher.
Agrargemeinschaft mit AG gleichgestellt. Auch die steuerrechtliche Gleichstellung der Ausschüttung von Agrargemeinschaften mit denen von Kapitalgesellschaften findet er ungerechtfertigt. Um diesem finanzbehördlichen Nachteil zu entgehen, wollen 4 Bauern ihre 83 ha große Agrargemeinschaft teilen. Mit der Grundstücks-Bewertung und der Aufteilung wurde Weißbacher beauftragt.
Agrargemeinschaften sind öffentlich-rechtliche Körperschaften, die in Gegenden mit starker Besitzzersplitterung die Nachteile daraus, wie z. B. Aufgabe der Waldbewirtschaftung, Aufwand zur Grenzerhaltung, etc. abfedern sollten. Sie dienen damit in hohem Ausmaß dem Gemeinwohl und sichern Wertschöpfung in benachteiligten Regionen. „Die derzeitige steuerrechtliche Behandlung sendet gegenteilige Signale und ist daher kritisch zu hinterfragen”, meint Weißbacher.Ablösen für Unterinntal-Bahn. Ein anspruchsvolles Bewertungsproblem betraf die Grundeinlösen für landwirschaftliche Flächen durch den Bau der Unterinntal-Bahn von Kufstein bis zum Brenner (Baubeginn 2002, Fertigstellung 2008). Der 40 km lange Streckenabschnitt von Kundl bis Baumkirchen wurde von Weißbacher beurteilt. Für die zumeist hochwertigen Ackerböden bestand die Kunst der Preisfindung darin, dass die Aufwertungsmöglichkeiten (Bauland) mitberücksichtigt werden mussten.
Noch gemeinsam mit Dr. Stefan Fellinger, dem früheren Betriebsinhaber (Technisches Büro in Achenkirch), wurde ein eigenes Bewertungsschema entwickelt. Im Anhalt an die Fachliteratur und an Vergleichswerte, die öffentliche Bauträger (z.B. TIWAG, Kraftwerk Langkampfen; ÖBB-Terminal Wörgl) bereits in der Vergangenheit zahlten, wurden bei einem bestehenden landwirtschaftlichen Preisniveau von 10,901 bis 32,703 €/m² Ablösen in der Höhe von 39,970 bis 55,958 €/m² ermittelt. Auch wurde ein Bewertungsansatz für bodennahe Tunnelservitute entwickelt, da die Trasse ja überwiegend unterirdisch verläuft.Zielvernetzung und grafische Darstellung gelobt. Im Zuge der PEFC-Zertifizierung wurden in Zusammenarbeit mit den Regionenkomitees für die beiden Regionen „Nordtirol und Vorarlberg” und die „Tauernregion” die Nachhaltigkeitsberichte verfasst. In nur 3 Monaten wurde der Bericht für die Tauernregion erstellt, so Weißbacher. Für die übersichtlichen grafischen Darstellungen und erstmaligen vernetzten Zielbeschreibungen gab es sogar von der strengen ÖQS-Zertifizierungs- und Begutachtungs GmbH viel Lob.
Für die jeweiligen Kriterien, Unterkriterien und Indikatoren wurden Ziele formuliert, wobei den ökologischen Anforderungen in hohem Maß entsprochen wurde. Wenn beispielsweise ein Indikator bei überalterten Beständen die Reduktion des Holzvorrates forderte, wurde eine kurzfristige Vorratsabsenkung mit Erhaltung des Totholzes empfohlen.
Die Tauernregion weist eine Waldfläche von 680.000 ha auf und erstreckt sich über die Bezirke Zell/See, Tamsweg, St. Johann im Pongau, Liezen (BFI Stainach), Murau, Spital/Drau und Lienz/Osttirol. Die unterschiedlichen forst-, jagd- und umweltpolitischen Kulturen von 4 Bundesländern mussten beachtet werden. So sind z. B. die Grundeigentümer unterschiedlich strukturiert, die Jagdbehörden verschieden organisiert, auch forstrechtlich gibt es regionale Besonderheiten (Tiroler Waldordnung).Naturnahes und ländlich geprägtes Gebiet. Das Zertifizierungsgebiet ist ein typisch ländlich geprägter Raum, wo die Bevölkerung enge Beziehungen zur Forst- und Jagdwirtschaft hat. Die Bergregion weist im internationalen Vergleich eine hohe Naturnähe sowie hervorragende Auer-, Birk- und Haselhuhnbestände auf. Trotz der schwierigen Gebirgslage arbeiten die Forstbetriebe noch wirtschaftlich.
Aber es wurden auch Defizite festgestellt. Der Anteil der überalterten Schutzwälder muss reduziert werden und die Wilddichte ist an einer standortsgemäßen Verjüngung zu orientieren. Für hofferne Wälder sind vermehrt Serviceleistungen zu entwickeln.Kulturlandschaft berücksichtigen. Ein besonderes Anliegen von ihm war die Rücksichtnahme auf die kulturelle Dimension der Waldwirtschaft. Die Zeugnisse in der Tauernregion sind vielfältig: Die Liechtenstein-Klamm, das „Zedlacher Paradies” - ein ästhetischer Lä-Bestand in Lienz oder der „betende Wald” im Mallnitztal (nach Osten geneigter Grauerlenkomplex) als Beispiele für bedeutsame Landschaften. Die Wegelate Säge in Villgraten (ein Venezianer Gatter, ausgezeichnet mit dem Henry-Ford-European-Award 1999 und den Prix Europa Nostra), das Bundschuh-Museum in Thomatal, das Holzmuseum in St. Ruprecht sind Beispiele wertvoller hölzerner Kulturdenkmäler.