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Gegenwartsbezogen waren die Lehrwanderungen wie etwa jene in den Nationalpark Hohe Tauern und ÖBf-FB Mittersill (Frau Kahls, Bertram Blin und FM Johannes Hirschbichler, v. l.) © Sprenger

Quo vadis Forstverein?

Ein Artikel von Administrator | 16.06.2002 - 00:00
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Gegenwartsbezogen waren die Lehrwanderungen wie etwa jene in den Nationalpark Hohe Tauern und ÖBf-FB Mittersill (Frau Kahls, Bertram Blin und FM Johannes Hirschbichler, v. l.) © Sprenger


Sein 150 Jahr-Jubiläum feierte der Österreichische Forstverein - einer der ältesten eingetragenen Vereine Österreichs - vom 12. bis 15. Juni in Salzburg. Unter dem Motto: „Zukunft braucht Vergangenheit” wurde den Teilnehmern ein Stück Kulturgeschichte präsentiert. Die Forstwirtschaft war in den vergangenen Jahrhunderten ein bedeutender Wirtschaftsfaktor - große Waldbesitzer in der Gesellschaft oft sehr einflussreich. Trotz aller umfangreichen Betrachtungen könne jede Beschreibung der Leistungen des Österreichischen Forstvereins nur Stückwerk sein, so Präsident FD FR h.c. DI Bertram Blin (sh. Holzkurier Heft 24, S. 3 - 4).Kurze Zeit für eine Rückblende. Die Bemühungen dieser Interessenvertretung drehten sich immer um die Zukunft der Ausbildung, Forschung und der angemessenen Rahmenbedingungen in der Wirtschaftspolitik. Nicht allein die Verankerung der Forstsektion im Landwirtschafts-ministerium geht maßgeblich auf das Betreiben des Forstvereins zurück, so Blin. Der Wald sei in der Bedeutung der Bevölkerung wieder zurückgekehrt, die Holznutzung bleibt allerdings hinter den Möglichkeiten zurück. Auch andere Forderungen des Vereins wie die Verbesserung der wirtschaftlichen und eigentumbezogenen Bedingungen sowie die finanzielle Anerkennung seiner überwirtschaftlichen Funktionen sind noch offen. Nach diesem Moment der Rückschau ist wieder intensiv an den praktischen Problemen der Forstwirtschaft zu arbeiten und Lösungen dazu bei der Forsttagung 2003 in Villach aufzuzeigen, appelliert Blin.Erfolgreiche Interessenvertretung. Als erfolgreiche Interessenvertretung lobte SC DI Gerhard Mannsberger, BMLFUW, den Forstverein. Dessen Stellungsnahme und die persönlichen Gespräche für die mit 1. Juni in Kraft getretene Novelle des Forstgesetzes seien am umfangreichsten und zielführendsten gewesen. Oft sind völlig neue Lösungen bei der Bewältigung der kommender Aufgaben in der Forstwirtschaft nicht notwendig - der Forstverein besitze die Erfahrung und Kompetenz der Vergangenheit, die für eine umfassende Sichtweise von Problemen notwendig ist. Insbesondere zieht Mannsberger oft Nutzen aus der Arbeit der 14 Fachausschüsse und Arbeitsgruppen, die als „Think-tank” Impulsgeber im Forst gelten.Stabile Größe. Ein „Überhälter mit guter Gesundheit und Qualität” ist der Forstverein auch für den Präsidenten des Forstvereins für Oberösterreich und Salzburg, FM DI Mag. Johannes Wohlmacher, Stift Schlägl. Bei seiner persönlichen Rückschau bemängelt er, dann in manchen Punkten wenig aus der Vergangenheit gelernt wurde: Bei Überalterung, Abschussplanung, Holznutzung, Zusammenarbeit mit der Holzindustrie oder Luftverunreinigung gebe es zur Zeit gravierende Strukturänderungen. In dieser Phase könne sich der Forstverein als stabile Größe bewähren.Ranking verbessern. Vor allem mit der guten Bewirtschaftung von Wald und Wasser erreichte Österreich beim Nachhaltigkeits-Ranking des World Economic Forums Platz 8 von 147 Staaten, freute sich Salzburgs Agrarlandesrat Josef Eisl in seinen Grußworten. Die gute Zusammenarbeit mit dem Forst schätzt er auch bei der Umsetzung der Natura 2000-Direktive der EU. 1999 sei er mit 11 Schutzgebieten als Landesrat gestartet. Die von Umweltschutzgruppierungen dringend geforderten Nachbesserungen und Erweiterung der nach Brüssel zu meldenden Flächen habe er ausschließlich im Konsens mit der Bevölkerung und mittels Finanzierung der Abgeltungen aus „Leader”, und „Interreg”-Projekttöpfen umgesetzt.Mit Traditionen brechen. Es genügt nicht, aus der Geschichte zu lernen - man muss auch mit Traditionen brechen können, erklärte Univ.-Prof. DI Dr. Roman Sandgruber, Uinversität Linz, einen der Erfolgsfaktoren für das Überdauern großer Zeiträume. Diese viel längere Geschichte staats- und ständestaatlicher Vereine hat neben der Sozialpartnerschaft zu einem kooperations- und partnerschaftlichen Denken in der Regierung geführt. Viele sozial- und gesellschaftspolitische Spuren bei der Bewältigung der Trends der Zukunft findet Sandgruber im Forst.
Ebenso sieht Bauernbundpräsident, BR Fritz Grillitsch, eine ungeheure Dynamik in der ländlichen Entwicklung, die derzeit mit der Aktion „Forum Land” stark forciert wird. Dass das eigentümerfreundliche Forstgesetz zustandegekommen sei, sei nicht selbstverständlich. Mit der Sicherung der Eigentumsrechte werde aber eine große Motivation dafür geschaffen, Land- und Forstwirtschaft erfolgreich betreiben zu können, ist Grillitsch überzeugt.Mehr „Bottom up”. Einen Blick in die Zukunft warf SC-Stv. DI Dr.Johannes Schima, BMLFUW, mit seiner Präsentation von Ergebnissen der Trendforschung. Der Wald birgt viele Werte für die Menschen. Die Instrumente zur Umsetzung seiner Wirkungen sollten vorwiegend von jenen kommen, die im und mit dem Wald leben. Von „oben” gelenkte „Top down”-Verordnungen sollten seiner Ansicht nach nur subsidiär angewendet werden. Schima bekennt sich zur ökosozialen Marktwirtschaft und gegen Überregulierung.
Mit der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie sollen die Ressourcen besser verteilt werden. Bei der Schaffung einer neuen Umweltethik sollten sich auch jene der Kosten bewusst sein, die bisher nur Nutznießer des Waldes waren.
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Jochen Werz © Sprenger

Forst wird global. Die freie Marktwirtschaft nach David Ricardo (1772 - 1823), auf die sich Grundgedanken der Globalisierung stützt, hat viele Vorteile, sie regelt aber nicht die Verteilung des erwirtschafteten Mehrwertes. Mit hohem Waldanteil, großen Holzreserven, traditionell guter forstlicher Kompetenz, einigen Top-Unternehmen in der Weiterverarbeitung und der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung und Akzeptanz sei die Forst- und Holzwirtschaft in Österreich ein Globalisierungsgewinner, so Dkfm. Jochen Werz. Die Zukunft sieht aber nicht in der Kostenführerschaft von Produkten sondern bei deren Spezialisierung.Was bringt die 4. Ministerkonferenz? Die 4. Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa vom 28. bis 30. April 2003 in Wien soll die seit 1998 bestehende „Forststrategie” in der EU besser verankern, berichtete DI Dr. Peter Mayer, Liaison Unit. Das offene Forum von 40 europäischen Staaten wird als Schwerpunkt Kriterien nachhaltiger Waldbewirtschaftung und Biodiversität (schwierige Waldschutzklassifizierung in Europa), Klimawandel, kulturelle und spirituelle Aspekte sowie die Koordination der Instrumente der nationalen Forstprogramme behandeln. Mayer erwartet sich wichtige Beiträge zur globalen Walddebatte, die derzeit etwa von den USA in Richtung CO2-Senkenhandel geführt wird.