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ÖBf-Vorstand Dr. Georg Erlacher - 2007 wird Schlüsseljahr für Versorgung der Biomasseheizkraftwerke © DI Gerd Ebner

Vermisse Solidarität

Ein Artikel von DI Gerd Ebner | 28.03.2007 - 17:30
In Krisenzeiten trennt sich die Spreu vom Weizen. So könnte man die Markteinschätzung von Dr. Georg Erlacher, Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf), zusammenfassen. „Die Cleveren haben nicht vergessen, dass die Zukunft ganz nahe ist - eine Angebots-/Nachfrage-Situation wie 2006 kann schnell wieder eintreten”, formuliert er es. Wobei er unausgesprochen lässt, dass es derzeit abnehmerseitig wohl auch Nicht-so-Clevere gibt, die die Schadholzsituation kurzfristig ausnutzen.

Ernten, wenn Bedarf wieder da. Kurzsichtigkeit ortet der ÖBf-Vorstand aber auch unter den Kollegen. „Ich vermisse Solidarität. Nichtbetroffene sollten sich jetzt eigentlich mit dem Einschlag zurückhalten. Gerade diese Zusatzmengen, die jetzt noch schnell zu guten Preisen auf den Markt geworfen werden, sind kaum unterbringbar und sorgen für enormen Marktdruck”, analysiert Erlacher. „Die Abnehmer werden in wenigen Monaten nach Holz lechzen. Dann kann man wieder gute Preise erzielen.”
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ÖBf-Vorstand Dr. Georg Erlacher – 2007 wird Schlüsseljahr für Versorgung der Biomasseheizkraftwerke © DI Gerd Ebner

„Wir haben 1,5 Mio. fm Schadholz durch Kyrill. Bis zum Sommer wollen wir aber überall dort mit der Aufarbeitung fertig sein, wo es die Witterung zulässt - also vorwiegend die Hochlagen werden noch fehlen.”
Georg Erlacher
Relativierend führt Erlacher an, dass es sehr wohl Beispiele für einen eleganten Umgang mit den Sturmfolgen gebe. „Viele schließen Verträge über Mengen ab, die erst im III. oder IV. Quartal ausgeliefert werden. In diesen Verträgen sind Liefertermin und Preis schon festgeschrieben - davon haben beide Seiten etwas. Solche Abnehmer müssen nicht um die Versorgung im Herbst zittern”, meint Erlacher.
Das Glück im Unglück sei, dass:
• im ersten Halbjahr das Sturmholz noch nahezu Frischholz-Qualität aufweist - und es auch einen entsprechend hohen Mengenanteil an Sägerundholz gebe.
• Kyrill wenig Bruchholz hinterließ - mit Waldhackgut existiert dafür erstmals eine echte Verwertungsalternative zum Industrieholz.

Mobilitätsbremse schlechter Preis. Würde der Rundholzpreis weiter nachgeben, ortet Erlacher eine negative Folge: Gerade die aussetzenden Waldbesitzer lassen sich über gute Preise motivieren.

Stunde der Wahrheit gekommen. Schnäppchen würden nur kurzfristig dienlich sein. So gesteht Erlacher ein, im November, Dezember bewusst Anfragen ausgeschlagen zu haben, die um bis zu 5 bis 10 €/fm über dem ÖBf-Niveau lagen. „Ich war von deren Dauerhaftigkeit und Qualität nicht überzeugt. Umgekehrt verlange ich, dass uns nun unsere Partner zur Seite stehen. Es müsste einem Stammkunden zumutbar sein, uns zusätzliche Mengen abzunehmen - das kann auch mal eine Verdoppelung der Normalmenge sein”, konkretisiert er.
Die Ernte funktioniere derzeit ohne Probleme. „Wenn zig Harvester fahren, fallen tausende Festmeter pro Tag an - diese gelangen direkt zu den Kunden, oder werden unter Wasser gelegt”, erklärt Erlacher.

Lernen vom Sturm 2002. Von der Sturmkatastrophe 2002 habe man gelernt, dass wirklich alles getan werden muss, um dem Käfer keine Chance zu lassen: Streuwürfe werden zuerst aufgearbeitet; auch unbringbare Lagen werden noch heuer berücksichtig (Hubschrauber-Bringung); 300 externe Arbeiter werden zusätzlich eingesetzt; die eigenen Leute auf den Schadflächen zusammengezogen; intern wurde der komplette Regeleinschlag gestoppt. Chemischer Schutz fehlt in obiger Aufzählung, da dieser laut Erlacher die absolute Ausnahme sein werde. „In dieser Intensität haben wir noch nie auf eine Katastrophe reagiert, da fließen mehrere Millionen Euro rein”, meint Erlacher. „Bei früheren Katastrophen haben wir den Faktor 10 kennengelernt: ein übersehener Käferbaum infiziert 10 weitere.”
Beim Käfer gibt es aber die Problematik, dass die Population in den nächsten fünf bis sieben Jahren noch zunehmen wird. So käme es zumindest zu einer Verdoppelung der Windwurfmengen - ohne Vorsorge, meint Erlacher.
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ÖBf-Vorstand Dr. Georg Erlacher – 2007 wird Schlüsseljahr für Versorgung der Biomasseheizkraftwerke © DI Gerd Ebner

„Bruchholz wird zu Waldhackgut - das stabilisiert den Industrieholzpreis.”
Georg Erlacher

Bedingt durch den hohen Schadholz-Anfall und die schon 2006 abgeschlossenen Importmengen hält Erlacher die nächsten Monate noch für kritisch. „Man muss die Situation im Wissen angehen, dass es im nächsten halben, dreiviertel Jahr marktseitig wieder völlig anders aussehen wird”, meint Erlacher. Er vermisst noch die „Wir sind in einem Boot”-Mentalität, die durch die Gründung von FHP eigentlich entstehen hätte sollen. „Es ist nicht hilfreich, wenn ein hölzernes Produkt von einer Branche per Gutachten schlecht gemacht wird. Das schadet sämtlichen Holzprodukten - der Endkunde differenziert nicht so stark”, meint er. Das derzeitige Hinunterlizitieren der Restholznotierungen hält er für kurzsichtig.
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ÖBf-Vorstand Dr. Georg Erlacher – 2007 wird Schlüsseljahr für Versorgung der Biomasseheizkraftwerke © DI Gerd Ebner

„Die Cleveren haben nicht vergessen, dass die Zukunft ganz nahe ist - eine Angebots-/Nachfrage-Situation wie 2006 kann schnell wieder eintreten.”
„Wer wird derzeit bestätigt? - Doch wohl alleine die Skeptiker auf beiden Seiten, die einen harmonischen Umgang miteinander nicht für möglich hielten.”
Georg Erlacher