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Geringe Rundholzausbeute in Russland im Vergleich zu den europäischen Produzenten © Rao Bumprom

30% weniger Einschlag in Russland 2009

Ein Artikel von DI Antonio Fuljetic | 06.11.2008 - 10:44
Die prognostizierten Exporte von 27 Mio. fm für 2009 kann ich nicht nachvollziehen”, erklärt kopfschüttelnd Andrei Benin, bis vor zwei Monaten Vorstandsmitglied bei den russischen Staatsforsten (Rosleskhoz) und Nationalratsabgeordneter der Putin-Partei Vereinigtes Russland, im Timber-online-Interview anlässlich der Pulp & Paper Konferenz in Wien am 30. Oktober. „Es ist schwer zu prognostizieren, wie viel exportiert wird, doch 27 Mio. fm sind übertrieben. Bezüglich des Einschlags erwarte ich einen Rückgang um mindestens 30 % für das kommende Jahr.” Dies entspricht etwa den russischen Gesamtexporten. Benin verwies auch darauf, dass diese Einschätzung nur bei vollem Inkrafttreten der Rundholz-Exportzölle gilt. Über diese wird auch innerhalb Russlands zurzeit heftig diskutiert. Genaue Lösungsvorschläge nannte er keine, doch bestätigte er, dass ein Spielraum über Änderungen der Exportzölle bestehe. Was endgültig passiert, werde man in den kommenden Monaten erfahren.

Investition gekoppelt mit Zollreduktion

Eine plausible Möglichkeit, aus der Krise zu gelangen, kursierte bei den anwesenden renommierten Beratungsunternehmen: Wenn ein Betrieb oder ein Staat außerhalb Russlands in die russische Holz verarbeitende Industrie investiert, bekommen die Investoren adäquate (noch ausverhandelbare) Rundholzexportzoll-Reduktionen für ihre Stammwerke im jeweiligen Heimatland. Die Investitionen müssten aber konkret dargelegt werden und einen kurzfristigen Charakter haben. „Derzeit ist die Diskussionslage das reine Pokerspiel. Niemand lässt sich in die Karten schauen”, erklärt ein Unternehmensberater.

Karten werden schlechter

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Geringe Rundholzausbeute in Russland im Vergleich zu den europäischen Produzenten © Rao Bumprom

Doch die Karten werden für die Russen immer schlechter. Aufgrund der angespannten Absatzlage auf den traditionellen Hauptabsatzmärkten in Europa, USA und Japan benötigen die skandinavischen Produzenten zurzeit weniger Rundholz. Gleichzeitig haben sie laut Benin hohe Schnittholz-Lagerstände. Problematischer seien die gestiegenen finnischen Rundholzpreise durch das verringerte Angebot. In den grenznahen Regionen zu Finnland ziehen auch die russischen Rundholzpreise kontinuierlich an und bedrohen die dort ansässigen Holzindustrien.
Zwischen 50 und 70 US-$/t koste Faserholz bereits, hört man von einem russischen Papierproduzenten - Tendenz weiter steigend. Damit könne man schwer konkurrenzfähig für den russischen Papier-Markt produzieren. Die billigeren Reserven liegen im wenig erschlossenen uralnahen Gebiet, 2000 km weit entfernt. „Sie müssen Russland hinsichtlich des Holzmarkts in zwei Teile teilen. Westlich vom Ural dominieren andere Holzarten und jüngere Bestandstrukturen. Außerdem ist der Markt eng mit Europa verknüpft. Im Osten konzentriert sich die Geschäftstätigkeit in Richtung China, mit primär Lärchen-Altbeständen und günstigerem Rundholz”, analysiert Rinat Starkov, Geschäftsführer Mondi Syktyvkar/RU.

Kanadisches Holz nach China?

Die chinesischen Hersteller haben sich nach alternativen Quellen umgesehen und werden den russischen Zoll voraussichtlich zum großen Teil unterwandern. „China hat allein mit Kanada Lieferverträge für 2009 in der Höhe von 12 Mio. fm abschlossen”, informiert Benin. Dies entspricht 45% der Importe des vergangenen Jahres aus Russland. Dass die Chinesen auf illegale Importe setzen, ist laut Benin ein Gerücht, denn diese würden sie gar nicht benötigen. Überhaupt gehe es speziell um Großindustrien, die auf kontinuierliche Versorgung angewiesen sind. Diese seien nicht durch illegale Flusstransporte zu versorgen. Dass es illegales Rundholz geben könnte, stellt Benin nicht in Frage. Dieses werde aber nur über mehrere Zwischenfirmen „legalisiert” und dann weißgewaschen über die Grenze gebracht. Das Problem sei bekannt, und man arbeite an einer Lösung.

Erntezeit immer kürzer

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Fortstraßen-Infrastruktur: während in Finnland das Wegenetz 1067 km beträgt, liegt es auf der russischen Seite bei 30 km © Metsä Botnia

Ein weiteres großes Thema in der russischen Forstwirtschaft sind die ausgelaufenen staatlichen Förderungen für Forstmaschinen. Diese werden immer wichtiger, weil wegen der Klimaerwärmung die Einschlagzeiten immer kürzer werden. „Verglichen mit vor zehn Jahren haben sich die möglichen Erntezeiten von drei Monaten um etwa 20 Tage verkürzt“, erläutert Starkov. „Deshalb ist die Steigerung der Produktivität oberstes Gebot.“
Die russischen Holzindustrien bemühen sich um mehr Einschlagslizenzen, um die kontinuierliche Versorgung sowie die Rundholzpreise konstant zu halten. Hierzu bedarf es aber gleichzeitig Investitionen in die Infrastruktur. 250 km Forststraßen und zahlreiche Brücken baut Mondi jährlich.
Bezugnehmend auf das neue Forstgesetz erklärt Benin, dass dieses in Kraft sei und nur kleine Änderungen bei Naturschutz- und stadtnahen Gebieten vollzogen würden. Das Gesetz werde in den kommenden zwei bis drei Jahren nicht geändert.

Schwieriger Markt, jedoch wachsend

„Russland ist kein einfacher Markt, die Kosten nehmen zu, große Investitionen sind nötig und die Politik ist schwer einzuschätzen. Gleichzeitig nimmt der Inlandsbedarf für alle Produkte der Holz verarbeitenden Industrie zu. Deshalb ist es besser, vor der Konkurrenz in den Markt einzutreten”, fasst ein Geschäftsführer zusammen.