Es gelingt nur schwer, Christian Schnedl dialektmäßig zu verorten. Erhält man Kenntnis von seiner Herkunft, weiß man, warum das so ist: Es ist die waldreiche steirisch-kärntnerische Grenzregion um Murau. Der promovierte Forstwirt hat zuvor in der Steiermark Waldwirtschaftsgemeinschaften zu Gesellschaften m.b.H. zusammengeführt, um sie schlagkräftiger zu machen. Seit fünf Jahren leitet der zweifache Familienvater die Geschicke einer Holzeinkaufsgesellschaft mit Marktmacht – der Papierholz Austria.
Herr Schnedl, welche Rolle spielt die Papierholz Austria genau?
Die Papierholz Austria ist eine Einkaufsgesellschaft für vier Papier- und Zellstoffhersteller im Land – die Heinzel-Gruppe, Sappi, Mondi und Norske Skog. Die Hauptaufgabe ist die Versorgung dieser Produktionsstätten mit geeignetem Holz. Und weil es hier natürlich Synergien gibt – wir haben ja viele Einkäufer auf der Fläche –, kaufen wir auch andere Produkte, wie etwa Sägerundholz und Biomasse, von unseren Lieferanten.
Welche Anteile haben diese Produkte am Einkaufsvolumen?
Wir kaufen ungefähr 6,5 Mio. fm/J ein. Davon sind etwa 5,3 Mio. fm Industrieholz sowie 800.000 fm Sägerundholz. Der Rest ist Biomasse.
Welchen Stellenwert hat die Papierholz Austria am Markt?
Wir sind für die Forstwirtschaft sicher ein wichtiger und vor allem verlässlicher Marktpartner mit kontinuierlicher Holzabnahme – und zwar saisonunabhängig. Die Lieferanten können sich 100-prozentig auf uns verlassen – auch in finanziellen Angelegenheiten. Wir haben immerhin sehr potente Konzerne im Hintergrund. Unsere Verlässlichkeit zeigt sich auch darin, dass wir mit einigen größeren Abnehmern auch längerfristige Verträge abgeschlossen haben. Das schafft auch Vertrauen auf Lieferantenseite.
Die Papierholz Austria ist ja in mehreren Ländern tätig. Wie viele Holzeinkäufer gibt es im Unternehmen?
Wir sind in mehreren Ländern tätig, richtig. Für uns arbeiten bis zu 17 Einkäufer. Im Inland haben wir natürlich die meisten Einkäufer auf der Fläche. Wir legen bei unseren Einkäufern auch Wert darauf, dass sie eine forstliche Ausbildung haben – sie sind überwiegend Förster oder BOKU-Absolventen. Das bedeutet, diese Leute kaufen nicht nur Holz ein, sondern können im Forst auch beratend tätig sein. Denn wir stellen fest, dass die Erben von bäuerlichen Betrieben immer weniger Bezug zum Grundbesitz haben. Daher ist es wichtig, dass man eine entsprechende Kompetenz auf der Fläche anbieten kann.
Bietet Ihr Unternehmen seinen Lieferanten auch an, die Ernte mit Forstunternehmern für sie zu organisieren?
Das kommt immer häufiger vor, ja. Wir nennen es das Komplett-sorglos-Paket: Hier organisieren wir von der Ernte bis zur Abfuhr wirklich alles – wenn gewünscht, auch die Wiederaufforstung. Wir arbeiten da in den einzelnen Regionen eng mit unterschiedlichen Forstunternehmern zusammen.
Zählen auch Waldwirtschaftsgemeinschaften und Waldbauernverbände zu Ihrem Lieferantenkreis?
Ja, die Waldbauernverbände sind wichtige Lieferanten von uns. Hier gibt es durchaus eine enge Zusammenarbeit.
Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind ja nicht gleichmäßig über das Land verteilt …
Eigentlich sind wir – abgesehen von Vorarlberg und Tirol – überall in Österreich vertreten. Aber der Schwerpunkt liegt natürlich in der Steiermark und in Kärnten.
Wir brauchen das ganze Jahr über Holz – von 1. Januar bis 31. Dezember – und das einigermaßen kontinuierlich.
Seit wann kaufen Sie auch Holz in Ungarn und am Balkan ein?
Mit Ungarn stehen wir schon seit über fünfzig Jahren in Geschäftsbeziehungen. Wir kaufen dort vor allem Kiefer, ein wenig Fichte, Buche und Erle vor allem für Gratkorn. Ungarn und auch Slowenien sind für uns ganz wichtige Importländer. Wenn man einen 100 km-Radius rund um Gratkorn oder Frantschach legt, kommt man viel tiefer in diese Importländer als etwa nach Niederösterreich. Das ergibt sich ganz einfach aus der geografischen Nähe. Der Holzeinkauf in Bosnien hängt davon ab, ob wir eine Zertifizierung zustande bringen oder nicht.
Das heißt, Sie akzeptieren nur zertifiziertes Holz. Nach welchem Schema?
Wir kaufen Holz, von dem wir die Herkunft kennen und das nach PEFC- oder FSC-zertifiziert ist. Der Mindeststandard ist der Controlled Wood Standard.
Der Rundholzmarkt gilt aktuell als sehr angespannt. Die Holz verarbeitenden Betriebe sind allgemein sehr gut mit Rohstoff versorgt. Es gibt sogar Zufuhrsperren großer Abnehmer. Was tut die Papierholz Austria, um hier am Markt ausgleichend zu wirken?
Die Zufuhrsperren unserer Abnehmer sind langfristig bekannt und planmäßig. Es geht dabei um Werkstillstände und Revisionen. Das hat alles nichts mit der aktuellen Marktsituation zu tun. Wir wirken marktausgleichend, weil wir in den vergangenen Jahren große Lagerkapazitäten aufgebaut haben – insgesamt 200.000 fm im In- und Ausland. Direkter Auslöser war damals die Kesselexplosion bei der Zellstoff Pöls AG. Damit können wir auch größere Mengen von Holz abnehmen.
Können Sie Holz auch in Nasslagern unterbringen?
Bis zu 30.000 fm, ja.
Als Reaktion auf die Rundholzschwemme hat der Forstsektor in Österreich schon mehrfach an die Holzabnehmer appelliert, die Importmengen – etwa aus Slowenien oder Tschechien – zu reduzieren. Kommen Sie dem nach?
Bei uns in der Zellstoff- und Papierindustrie gibt es aktuell keinen Holzrückstau. Ich glaube, sagen zu können, dass wir in den vergangenen Jahren jeden Festmeter Industrieholz, der im Inland an uns verkauft worden ist, planmäßig abgenommen haben. Und ich gehe davon aus, dass das auch im weiteren Verlauf des Jahres so sein wird.
Wie wird die Papierholz Austria in fünf Jahren aussehen?
Das wird im Wesentlichen von unseren Gesellschaftern abhängen. Diese verfolgen – das ist kein Geheimnis – durchaus eine Wachstumsstrategie. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit ihnen wachsen werden.
Gibt es eine Strategie in Ihrem Hause, mehr Tonnage von der Straße auf die Schiene zu verlagern?
Wir transportieren heute schon bis zu 20 % unseres Rundholzes auf der Schiene. Es gibt Entfernungen, wo einfach nur mehr die Schiene Sinn macht. Gemeinsam mit dem Import sind es rund 30 % des Rundholzes, insgesamt (Rundholz und Hackgut) hat die Papierholz Austria einen Bahnanteil von 35 bis 40 % Der Umstand, dass zuletzt einige größere Verladebahnhöfe zugesperrt haben, macht die Verlagerung von Rundholz auf die Schiene natürlich nicht leichter. Aber wo immer möglich, transportieren wir auf der Schiene, ja.
Wie beurteilen Sie den zuletzt wieder rückläufigen Holzeinschlag in Österreich?
Natürlich würden wir uns wünschen, dass wesentlich mehr als 18 Mio. fm in Österreich eingeschlagen werden. Von den zuletzt etwa von FHP geforderten 22 Millionen nachhaltig zu nutzenden Festmetern Einschlag ist man noch weit entfernt. Das würde auch unserer Einkaufsgesellschaft guttun, da wir gezwungenermaßen eine recht hohe Importquote haben.
Derzeit gäbe es ja genug Holz im Inland …
Natürlich! Aber wir müssen schon jetzt die Mengen für die nächsten Jahre unter Vertrag nehmen. Und bei Kalamitäten können wir nicht von heute auf morgen Lieferverträge aufkündigen, denn auch die ausländischen Lieferanten erwarten sich von uns eine verlässliche Abnahme. Wir haben in Österreich Durchforstungsreserven von etwa 80 Mio. fm, vor allem im Kleinwald. Das ist Rohstoff aus dem strukturschwachen ländlichen Raum. Da könnte man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Wie wird sich die Bioökonomie auf diese Dynamik in Zukunft auswirken?
Die findet bei unseren Gesellschaftern schon seit Längerem statt. Hier wird sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert – mit dem Ziel, den Rohstoff Holz noch besser zu nutzen, vor allem im Hinblick auf die Verwertung von Lignin. Bioökonomie passiert also nicht nur in Skandinavien, sondern auch bei unseren Gesellschaftern in Österreich. Ich glaube, dass hier der Rohstoff in Österreich für die Papier- und Zellstoffindustrie mittelfristig ein limitierender Faktor ist.