Deutschland

416 Mio. €-Holzklage

Ein Artikel von Martina Nöstler (für holzkurier.com bearbeitet) | 03.07.2019 - 07:48

Eine Gruppe von 36 Sägewerken verlangt vom Land Baden-Württemberg Schadenersatz in Höhe von 416 Mio. €. Der Vorwurf lautet, dass das Land über Jahrzehnte ein Vertriebskartell für Rundholz betrieben habe. Die Sägewerke hätten darum baden-württembergisches Rundholz zu überhöhten Preisen bezogen. Sie machen ihre Ansprüche auf Rückzahlung des Kartellpreisaufschlages nun gemeinsam geltend. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Quinn Emanuel haben vor dem Landesgericht Stuttgart namens der Ausgleichsgesellschaft für die Sägeindustrie Klage erhoben.

Insgesamt haben sich 36 Sägewerke – vom Einzelkaufmann bis zur Aktiengesellschaft – zusammengetan. Sie schneiden gemeinsam über 50% des baden-württembergischen Rundholzes ein, heißt es. Mit der Klage soll zumindest ein Teil des Schadens wiedergutgemacht werden, den die Sägewerke über Jahrzehnte erlitten haben.

Rechtsanwalt Rüdiger Lahme erklärt hierzu: „Es handelt sich um einen außergewöhnlichen Fall, denn das Land hat den Vertrieb von Rundholz aus baden-württembergischen Wäldern seit Jahrzehnten in aller Öffentlichkeit durch seine Landesforstverwaltung zentralisiert. Sägewerke, die auf Rundholz angewiesen sind, kamen am Land kaum vorbei. Nennenswerten Wettbewerb auf Anbieterseite gab es nicht – dazu tragen auch die hohen Transportkosten bei, die den Bezugsradius reduzieren. Und dass sich das Fehlen von Wettbewerb negativ auf die Preise auswirkt, ist eine Gewissheit, die inzwischen sogar Eingang in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gefunden hat.“

Das Bundeskartellamt hatte das Vertriebssystem des Landes nach jahrelangen Ermittlungen untersagt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte diese Untersagung gegen die Beschwerde des Landes 2017. Erst vor dem Bundesgerichtshof konnte das Land 2018 einen Sieg erringen – allerdings aus rein formalen Verfahrensgründen. „An der Kartellrechtswidrigkeit, die Grundlage der Klage ist, ändert das Urteil des BGH nichts“, sagt Rechtsanwalt Dr. Andreas Ruster.

Die Klagesumme ist das Ergebnis einer umfangreichen ökonomischen Untersuchung. Die Berechnung dürfte dabei am unteren Rand der tatsächlich erlittenen Schäden liegen, denn die Klägerin sei bei der Einschätzung konservativ vorgegangen, meinen die Rechtsanwälte. „Es kommt den Sägern darauf an, auch in Zukunft gut mit dem Land zusammenzuarbeiten. Deswegen war eine überzogene Klage von Anfang an keine Option. Allerdings möchten die Säger zumindest einen Teil der erlittenen Schäden ersetzt bekommen. Man darf auch nicht vergessen, dass einige Säger die hohen Einkaufspreise auf Dauer nicht tragen konnten und das Geschäft aufgeben mussten”, sagt Jochen Winning als Vertreter der Ausgleichsgesellschaft.

Sollte das Land die streitige Auseinandersetzung bevorzugen, verfügt die Ausgleichsgesellschaft über die finanziellen und juristischen Mittel, die Klage durch alle Instanzen zu führen.