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Österreich

95 €/fm

Ein Artikel von Gerd Ebner | 24.09.2019 - 14:45

Wie lange noch Verluste hinnehmen?

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Felix Montecuccoli, Präsident Land&ForstBetriebe © Land&Forst Betriebe Österreich/APA-Fotoservice/Rossboth

In den kommenden Jahren ist nicht zu erwarten, dass sich diese außergewöhnliche Situation bereinigt. „Wie lange werden die Waldbesitzer bereit sein, ihre Verluste fortzuschreiben?“, stellt Montecuccoli die Schlüsselfrage (s. Kalkulation hier).

Er sieht Hinweise: „Im Vorjahr waren die Logistikkapazitäten knapp und der Markt für gebrauchte Forstmaschinen war leergefegt. Heuer ist beides entspannter. Ich schließe daraus, dass viele Waldbesitzer schon das Handtuch geworfen haben und kein Schadholz mehr aufarbeiten.“

Montecuccoli hat für sie Verständnis. „Es verursacht Verluste und eine Menge Stress, alles rasch aufzuarbeiten. Tut man nichts, verliert man nur das Holz. Einer 1000 €Verwaltungsstrafe, die kaum exekutiert wird, stehen bei 1000 fm Erntevolumen etwa 5 €/fm Verlust gegenüber.“

Herzblut und Geld nötig

In der jetzigen Zeit müssten die Waldbesitzer eine Menge Herzblut und Geld mitbringen, um weiterzumachen. „Genetische Waldbesitzer“ nennt sie Montecuccoli und zählt sich selbst dazu. Darunter versteht er den Ehrgeiz, seinen Enkeln ebenfalls einen Wald mit Wert- und Nutzholz überlassen zu wollen. So wie es Generationen davor auch schon der Fall war.

Der Wald stirbt nicht, er verändert sich. Was stirbt, ist die Forstökonomie, da der Wald unrentabel wird.


Felix Montecuccoli

Es wird die geben, die nichts mehr tun, und die, die in den Waldumbau investieren. Für diese Waldbegeisterung muss man aber die nötige Liquidität haben.


Felix Montecuccoli

Immer mehr bleibt im Wald

Da sehr viele, aber beileibe nicht alle Waldbesitzer ähnlich denken, „bleibt immer mehr stehen und es wird weniger Rundholz angeboten“.

Montecuccoli ist überzeugt, dass die Gesellschaft erkennen muss, wie wichtig der Wald zur Lösung der Zukunftsprobleme ist. „CO2-Speicher, Waldfunktionen, Bioökonomie, …“. Er sieht es daher auch als eine staatliche Aufgabe, den Wald zu erhalten. Der niederösterreichische Waldbesitzer erwartet sich jedenfalls staatliche Unterstützung. „Speziell für Kleinwaldbesitzer ist das essenziell. Dort ist mit einem größeren Käfernest der halbe Besitz weg. Kommt ein weiteres, kann binnen zwei, drei Jahren alles vernichtet sein. Dann gibt es über vier Jahrzehnte keinen Ertrag, man muss aber für Schadholzernte, Aufforsten und 40 Jahre Jungwuchspflege zahlen.“

In den Hauptschadgebieten gibt es Waldbesitzer, die auf Eigenjagdgröße (min. 115 ha Größe) kaum noch vitale Bäume haben. „Diese haben den Wald zumindest für eine Generation verloren“, skizziert Montecuccoli die Dramatik. Es gebe zwei Möglichkeiten: „Alles der Natur überlassen oder aktive Waldbewirtschaftung.“ Ersteres führt aufgrund der Äsungsmöglichkeiten unweigerlich zu noch höheren Schalenwildbeständen. Außerdem kämen beliebige Holzarten auf. Zweiteres ist, wie erwähnt, nicht kostenlos.

Materialwert Untergrenze

„Der Rundholzpreis muss zumindest am Niveau des Materialwertes liegen und nicht auf der Hälfte, wie derzeit“, ist eine weitere Forderung Montecuccolis. 95 €/fm für Frischholz ist für ihn diese Marke. Das war der untere Preisrand vor der Käferkatastrophe. „Spätestens mit November muss dieses Limit erreicht sein“, so sein Zeitlimit. „Was für diese Forderung weiters spricht, ist, dass sich der Rundholzpreis teilen wird. Das importierte Schadholz verliert deutlich an Qualität. Ein feuchter Herbst wird sein Übriges tun. Frischholz wird also begehrter werden.“

Jetzt entscheidet sich Zukunft

„Die Industrie muss nach vorne schauen. Kommen wir nicht zu einem für die Waldbesitzer auskömmlichen Niveau, haben die Säger in Zukunft keine Fichte mehr zu schneiden. Dann stehen Hasel, Hollerstaude und Hainbuche im Wald. Wenn Holz weniger wert ist als die Gestehungskosten, wird niemand produzieren.“

Je länger keine Entscheidung fällt, desto teurer werden außerdem die Maßnahmen der Bestandesumwandlung.

Zwar sei das Preisniveau derzeit in Mitteleuropa ähnlich, die Rahmenbedingungen seien aber unterschiedlich. In Deutschland ist es laut Montecuccoli, dank besserer Bioenergieregelung einfacher. In Polen und der Slowakei dominiert der Staatsbesitz, der investiert. Am schwierigsten hätten es die tschechischen Nachbarn, wo „den Privaten – egal in welcher Größenordnung – einfach das Geld ausgeht“.

EU muss koordinieren

Da der Käfer nicht vor Grenzen haltmacht, fordert Montecuccoli von der EU eine stärkere Rolle. „Ähnlich wie bei der EUWaldbrandbekämpfungs-Strategie, wo sich Staaten gegenseitig aushelfen, soll das auch beim Käfer so sein“, wäre sein Wunsch. „In Tschechien wird nun einmal anders gearbeitet als bei uns. Da leiden die angrenzenden Länder.“ Derzeit drehe der Großprivatwald an allen möglichen Schrauben: „Instandsetzungen werden verschoben, ebenso Personalnachbesetzung. Eigentlich notwendige waldbauliche Maßnahmen müssen unterbleiben oder verschoben werden.“

Nötig wäre laut ihm aber das Drehen an den großen Schrauben: „Bioökonomie stärken, Energieeffizienz steigern, Nawaros statt Petrochemie, Lebensstil anpassen… Hier spricht alles für Holz: als Baumaterial, Werk- und irgendwann Brennstoff.“

Forschungsinitiative nötig

Eine Forschungsinitiative, die „weit über die Fichtengenetik hinausgeht“, sei ein weiteres Gebot der Stunde. Ebenso eine „weitere aktive Waldwirtschaft“: Hierfür wird die Stimmung auf der bald beginnenden Austrofoma in Forchtenstein ein Gradmesser sein.