Wir überbewerten oft aktuelle und unterschätzen strukturelle Entwicklungen in unserer Branche“ – Frank Diehl, Forstmeister des Mayr-Melnhof‘schen Forstbesitzes im salzburgischen Grödig. © Mayr-Melnhof Sbg.
Was sehen Sie als …
1) … die größten Stärken
2) … die größten Schwächen
3) … die größten Chancen
4) … die größten Risiken
für unsere Branche?
- Die österreichische Forstwirtschaft garantiert eine umfangreiche und regionale Produktion des nachhaltigsten und zur Erreichung von Klimaschutzzielen unerlässli-
chen Rohstoffes Holz und deckt damit einen erheblichen Versorgungsanteil der heimischen Holz verarbeitenden Unternehmen ab. Trotz zunehmender Schadholzmengen und teils katastrophaler Ereignisse sowie kontinuierlich schwierigeren Rahmenbedingungen (Klima, Betriebskosten, Abgabenhöhe usw.) besteht ausreichend Leidensfähigkeit und Engagement für die Weiterführung und Sanierung der Wälder trotz im Vergleich zu anderen Sparten (z.B. Bau, Industrie, Immobilien) ökonomisch weniger günstiger Perspektiven. - Die Forstwirtschaft hat trotz enormer Anteile an der Landesfläche und hoher volkswirtschaftlicher und ökologischer Bedeutung kaum Einfluss und Durchsetzungsvermögen in der Forstpolitik. Daher wird die Erfüllung der ertragslosen bzw. überwirtschaftlichen Zusatzleistungen durch die Forstbetriebe (Naturschutz, Kli maschutz, Erholung usw.) von Gesellschaft und öffentlichen Institutionen weiterhin als Selbstverständlichkeit betrachtet. Dies kommt auch z.B. im Vergleich zu den Subventionen der Landwirtschaft zum Ausdruck. Bei zunehmendem ökonomischem Druck ist das zukünftig kaum mehr leistbar. Weder bei der Politik noch bei den Behörden haben wir erreicht, dass dieser negative Umstand und seine Risiken berücksichtigt werden. Weiten Teilen der Gesellschaft und Medien ist dieser Aspekt überhaupt völlig fremd. Trotz vieler positiver Beispiele und Verbesserungen in den letzten Jahrzehnten (FBGs/WWGs, Waldverbände, private Holzverkaufsagenturen und kooperative Vermarktung) sind angesichts zunehmend unplanbarer Erntemengen die strukturellen (geringe Konzentration von Verkaufsmengen) und räumlichen Nachteile (dezentraler Holzanfall) sowie starke periodische Schwankungen (jahreszeitlich und bei Schadholz) bezüglich der Vermarktung und Logistik besser zu organisieren.
- Unser Flächenpotenzial und dessen wertvolle Strukturen und Ausstattung (wertvolle Biotope, Wasservorräte, stehender Holzvorrat und Zuwächse, Wegenetz im Naturraum, größter Erholungsraum). Im Vergleich zu allen anderen relevanten Berufsgruppen eine höhere Kompetenz in nachhaltiger, naturverträglicher und ökonomisch günstiger Bewirtschaftung. Erhaltung und Pflege von Naturflächen und unser generalistisches Verständnis der auszugleichenden unterschiedlichen Anforderungen und Interessen (Ökonomie, Ökologie, Technik). Ausgleichszahlungen (Abga-
benminderung oder Förderung) als Gegenleistung für Bindung und Speicherung von CO2 (und CH4) werden hoffentlich zusätzliche Einnahmen bringen, welche Waldbesitzer ermöglichen, die bisher weitgehend eigenfinanzierte Walderhaltung und -sanierung fortzusetzen. Der Konkurrenzvorteil des günstigen Klimas des Alpenraumes sollte im Vergleich zu Nachbarländern den Erhalt relevanter Fichtenanteile sowie die Potenziale für den Umbau zu wirtschaftlich interessanten Wäldern trotz Klimaänderung ermöglichen. - Die klimatische Entwicklung und ihre direkten Folgen (Trockenheit, Waldbrände, Überschwemmungen, Muren, biotische und abiotische Waldschäden, Schäden an Infrastruktur) sowie indirekte Auswirkungen (Zuwachsverluste, Ausfall wichtiger Baumarten, höhere Kosten für Wiederbewaldung und Waldpflege, z.B. Unkrautbekämpfung und Instandhaltung, z.B. Wege). Forstbetriebsaufgaben bzw. wirtschaftliche Extensivierung (durch Verkauf oder Verpachtung) infolge des Desinteresses der Waldbesitzer und Erbengeneration an von Fachpersonal und steter Betreuung abhängiger Forstwirtschaft mit hohen Kosten und fragwürdigen Erfolgsaussichten. Demotivation und fehlende Investitionsbereitschaft der Waldbesitzer durch zunehmende Einschränkungen der Bewirtschaftungsfreiheit und steigende Regelungsdichte (u.a. Forderung nach Flächenstilllegung, Bewilligungsaufwand und Auflagenumfang). Wachsende Entfremdung der Gesellschaft, Medien und Politik und dadurch Unverständnis für die Rahmenbedingungen und vielfältige (kulturelle, ökonomische, ökologische, klimatische) Bedeutung der Forstwirtschaft. Personalknappheit und starke Abnahme der Arbeitskapazität in allen forstlich relevanten Bereichen durch unterschiedliche Gründe; z.B. weniger Forstpersonal aufgrund von Kosteneinsparung oder Extensivierung; weniger Waldarbeiter oder Lkw-Fahrer mangels Interesses an der harten und risikoreichen Arbeit.