Als wir in dem gut erhaltenen Forsthaus in Feistritzwald mit seinem alten, scheinbar für die Ewigkeit gebauten Mobiliar am großen Tisch die Forstkarte ausbreiten, wird offenkundig, wie sich ein fichtendominierter Bergwald kartografisch manifestiert. Aber man sieht auch, wie sich Forststraßen schön gleichmäßig verteilt den Höhenschichtlinien entlang winden.
„Niederschlag haben wir hier genug“, bestätigt Rafaela Rothwangl, Forstwirtin und als Leiterin des Waldbüros RG ZT-GmbH seit 20 Jahren mit der Bewirtschaftung des Frauenwaldes betraut. Dass es in den vergangenen Dekaden auch wärmer geworden sei, falle hier daher nicht so ins Gewicht. „Die Regenverteilung hat sich geändert: Niederschläge sind tendenziell kürzer und intensiver“, fügt Eigentümer Franz Seilern hinzu. Das sei eine für manche Hänge und vor allem für das gut ausgebaute Forststraßennetz stellenweise durchaus problematisch.
Keine Kahlhiebe mehr
Gerade in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts habe man den Bestand auf den von einer Waldbahn aus leichter zugänglichen Flächen ziemlich „leergeräumt“, berichtet Franz Seilern. Mit Holz beliefert wurden damals das eigene Sägewerk im Tal sowie drei Hammerwerke und eine Glasschmelze im nahe gelegenen Rettenegg. Die traditionelle Kahlschlagwirtschaft wurde nach rund 150 Jahren eingestellt, seit 2000 gebe es keine Kahlhiebe mehr. Eine Nachhaltigkeitszertifizierung nach FSC und eine eingehende Beschäftigung mit naturnaher Bewirtschaftung habe ihn für das Thema sensibilisiert. „Am Anfang waren dort Menschen mit viel Engagement und Idealismus am Werk. Heute sind es eher Technokraten. Deswegen sind wir jetzt nicht mehr dabei“, merkt der Eigentümer an.
Rafaela Rothwangl befürwortet frühe, kleinere und dafür häufigere Durchforstungen und kleinflächige Eingriffe. Die Endnutzung erfolge durch Vorlichtungen und Teilentnahmen sowie als Räumung über Naturverjüngung. Und diese ist auf Wechselschiefer beinahe flächendeckend sichtbar – und nicht nur bei Fichte oder Buche. Auch kleine Tannen und Bergahorne sind zu finden. „Wir befinden uns hier im Wechselgneisgebiet auf mächtigen Schichten podsolige Braunerde bis Semipodsol, in den höheren Lagen mit Vergrasung und mühsamen Naturverjüngungsbedingungen.“ Auf den wüchsigen Standorten hätten einst Urwälder mit 50 % Fichte und 50 % Tanne gestockt – mit eingesprengtem Bergahorn. Heute werde versucht, das Potenzial des Bodens mit insgesamt 15 Baumarten – unter ihnen Gruppen von Küstentannen und Roteichen, besser zu nutzen – mit durchaus wechselndem Erfolg. In den tieferen Lagen gediehen Douglasien besser als in den höheren. „Nur, wer Geduld aufbringt, sich mit Standortsansprüchen und Herkünften beschäftigt, kann hier schöne und auch wertvolle Stämme produzieren“, weiß die gebürtige Steirerin. Oben in der Lärchenregion am Herrenstein habe sie Versuche mit Thujen, Bronzebirke, Eberesche und Kiefer am Laufen.
Vis-à-vis am Gegenhang blickt man auf ein Gefüge an bestandes- und altersweise klar unterscheidbaren Waldflächen im Nachbarbesitz. „Unser Wald bietet bereits einen völlig anderen Anblick“, lächelt der Eigentümer
Jäger und Unternehmer mit Waldgesinnung
Wohin das Auge im Frauenwald blickt – überall ist er mindestens zweischichtig. Dass er heute so gut dasteht, führt der Forstwirt mit seinem Wohnsitz vor Ort einerseits auf die hohe waldbauliche Kunst der Bewirtschafterin sowie der Revierförsterin Katharina Fleischhacker und ihrer Vorgänger in diesem Amt, Christian Gäbler und Johann Rosinger, zurück, die ihn über 30 Jahre davor forstlich betreut haben. „Ganz entscheidend ist aber auch, dass wir Jäger aus der Region haben, die schon sehr lange hier auf die Pirsch gehen und den Wald genau kennen. Sie zeigen Bewusstsein für die Wald-Wild-Problematik und erfüllen nach Kräften die Abschusspläne“, betont er. Während Rehwild im Griff zu sein scheint, machen Rotwild und neuerdings Schwarzwild Probleme. Hier sei man gerade gemeinsam auf der Suche nach einer erfolgversprechenden Strategie. Zudem ist der Eigentümer auch in der glücklichen Lage, zwei örtliche Forstunternehmer zur Hand zu haben, mit denen er sehr gut harmoniert. Entscheidend, so der Eigentümer und die Bewirtschafterin, seien das harmonische Zusammenspiel aller Beteiligten und die gleiche Zielsetzung, nämlich das Wohl des Waldes unter Berücksichtigung der Ansprüche aller, die den Wald bewohnen oder von ihm abhängig sind.
Dass der Großteil des Bestandes Natura 2000-Flächen seien, wirke sich vor allem darin aus, dass immer wieder neue zusätzliche Schutzhabitate ausgewiesen würden, gibt Rafaela Rothwangl zu verstehen. Derweil öffnet sich der Forstbetrieb neuen Einkommensmöglichkeiten: Oben am Herrenstein drehen sechs große Windräder ihre Rotoren in der stets steifen Brise – die Flächen darunter sind an eine Energieagentur verpachtet. „Bisher haben wir keine Gefährdung oder Störung von Wildtieren beobachtet“, bestätigt Franz Seilern. Neben allen Bäumen sind die Kunstwerke renommierter Künstler erwähnenswert, die im Frauenwald auch ihren Platz gefunden haben.