Geoinformationssysteme (GIS)

Wozu braucht man GIS?

Ein Artikel von Andreas Rechenmacher | 18.01.2022 - 15:00

Überall dort, wo Distanzen und eine Verortung im Raum eine Rolle spielen, helfen GIS bei der Darstellung und Analyse dieser Informationen. Die Ergebnisse dienen einer nachvollziehbaren und rationalen Entscheidungsfindung, die allzu oft einen konkreten, entscheidenden Vorteil bringt.

Anwendungsbeispiele für GIS

  • Eine Försterin sitzt in ihrem Büro und macht die Grobtrassierung eines Rückweges im Bergwald.
  • Die Behörde weist eine Fläche als‚ ´benachteiligtes landwirtschaftliches Gebiet‘ aus.
  • Ein Angestellter eines Versicherungskonzerns berechnet das Überflutungsgebiet eines Donau-Nebenflusses bei einem 100-jährigen Hochwasser.

Dank der stetigen technischen Erweiterung gibt es eine immer breiter werdende Palette an Aufgaben. Die Digitalisierung hält Einzug in sämtliche Lebensbereiche. GIS übernehmen dort, wo räumliche Beziehungen eine Rolle spielen.

Anwendungsbeispiele geografische Informationssysteme
Bereich Beispiele
Alltag Kartendienste (Google Maps), Restaurantsuche in der Umgebung, Wanderkarten, Stadtkarten
Verwaltung/Raumplanung Infrastrukturnetze (Straßen, Leitungen, Abwassersysteme), Bauleitpläne, Gefahrenzonenpläne, Mobilitätsplanung, Standorte f. Windkraftanlagen
Naturschutz/Umwelt/Forschung Verortung von Schutzgütern, Baumarten Verbreitungsanalysen, Analyse von Luftgüte, Emissionen zukünftiger Meeresspiegelanstieg
Versicherungsbranche Erstellung von Risikokarten, Schadensausmaß überprüfen (z.B. Hagelschäden in der LW), Naturkatastrophen Szenarien (daraus Versicherungsbeiträge)
Handel Kundenströme, Standortanalysen für Verkaufspunkte, Geomarketing
Landesvermessung Kataster, Flurstücke, Luftbildkarten, Grenzvermessungen
Rohstoffindustrie/Energie Lagerstätten finden, Erschließung, Trassierung von Pipelines, Solarpotenzialanalysen
Landwirtschaft Bodenkarten (eBod), Förderflächen, Smart Farming
Forst Forstkarten, Nutzungspläne, Kalamitätsflächen, Förderflächen, Holzlogistik, Erschließungsplanung, Waldentwicklungsplan (WEP), Smart Forestry
Sonstiges Archäologie (z.B. Auffindung alter überwaldeter Siedlungen und Kultstätten), Mineralogie (Kristallstruktur wird mit GIS analysiert)

Anforderungen

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Verwendungsbeispiel QGIS: Darstellung und Massenberechnung eines Schuttkegels © Andreas Rechenmacher

In den verschiedenen Anwendungsbereichen stellen Nutzer unterschiedlichste Ansprüche und Erwartungen an ihre GIS. Die Palette reicht dabei von einfachen, zweidimensionalen Darstellungen von Punkten, Strichen und Flächen bis hin zu hochkomplexen, räumlich-zeitlichen Analysen und Vorhersagen. Forscher, welche mit räumlichen Zusammenhängen arbeiten (z.B. das zukünftige Verbreitungsgebiet einer Baumart im Klimawandel), nutzen für ihre Arbeit zudem Programmiersprachen, die dazu in der Lage sind, mit unzähligen Variablen und sehr großen Datensätzen zu rechnen.

Die am häufigsten verwendeten Desktop-GIS haben inzwischen eine benutzerfreundliche und gut überschaubare Oberfläche. Im Laufe der vergangenen Jahre haben die frei verfügbaren (Open Source) Systeme hier nachgezogen und sind jetzt auch für „Nichtprogrammierer“ leicht bedienbar. Nicht benötigte Werkzeuge können zum Beispiel temporär ‚ausgeschaltet‘ werden, damit sie auf der Benutzeroberfläche nicht mehr sichtbar sind. Das vereinfacht zum einen die Bedienung und lässt den Arbeitsbereich übersichtlicher erscheinen.

Geld für mein GIS ausgeben?

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Verkehrsanalyse mit Opern Source Lösung QGIS: Zählpunkte des motorisierten Individualverkehrs und Straßendichte der Stadt Zürich im Jahr 2019 © Andreas Rechenmacher

Grundsätzlich wird zwischen kostenlosen (Open Source) und kostenpflichtigen (kommerziellen) Systemen unterschieden. Die kostenlosen Systeme werden laufend verbessert und erweitert. Anstatt einer finanziellen Vergütung erhalten die beteiligten Programmierer Ansehen innerhalb der Entwickler-Community. Kommerzielle GIS hingegen kommen mit ausgereiften, sehr umfangreichen Werkzeugen (Tools) auf den Markt. Sie laufen stabil und sind teils exakt auf bestimmte Nutzergruppen zugeschnitten. In der Regel stehen zudem ein technischer Support, Schulungen, Weiterbildungen und firmeneigene Zertifikate zur Verfügung. Die Entscheidung für ein bestimmtes GIS muss nicht endgültigen sein. Ein Umstieg auf eine andere Software ist jederzeit möglich. Der Anwender muss sich seinen Anforderungen bewusst sein und kann so Vor- und Nachteile abwägen. Entweder man optiert für ein Open Source-GIS (z.B. QGIS) und spart sich somit die jährliche Lizenzgebühr oder man stellt höhere Ansprüche an sein GIS und erwirbt eines der kommerziellen Systeme. Für eine Software-Migration bieten Unternehmen und Spezialisten ihre Hilfe an.

GIS im Wald

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Tablet im Wald: In der Forstwirtschaft ist GIS schon lange angekommen © shutterstock

In der Forstwirtschaft ist GIS schon lange angekommen. Die Zeiten, in denen sich Förster mit schwer bedienbaren GIS selbst behelfen mussten, sind vorbei. So manch einer erinnert sich an F-GIS, WinGIS oder die Anfänge von Quantum-GIS (heute QGIS). Wer eines dieser Systeme beherrschte, wurde nicht selten gebeten, sein Wissen mit den Kollegen zu teilen.

Forstbetriebe und -abteilungen der Länder haben das Dilemma erkannt. Man wollte GIS verwenden, konnte aber nicht. Schließlich wurden von allen Betroffenen Systeme erprobt und in die forstliche Praxis integriert. Meist waren es individuelle, auf den Kunden zugeschnittene Lösungen, mit denen man einfache räumliche Berechnungen anstellen und herzeigbare Karten erstellen konnte. So entstanden unterschiedlichste GIS für unterschiedliche forstliche Stellen. Die Kombination aus behördlichen Daten sowie geländemorphologischen beziehungsweise Bestandsparametern schafft noch nie dagewesene Möglichkeiten der betrieblichen Entscheidungsfindung, Planung und Beratung von Waldbesitzern. In der Regel ergänzen dabei stationäre Geräte im Büro die mobilen Anwendungen (Apps) für die Datenaufnahme im Wald.

Moderne Forst GIS-Apps verschiedener Anbieter beinhalten eine breite Palette an integrierten Geodaten. Die Geräte können meist offline genutzt werden und verbinden sich über Internetzugang mit einer zentralen Cloud. So können mehrere Nutzer gleichzeitig Daten eingeben. Die damit verbundene Dokumentation und Nachvollziehbarkeit sind nicht nur für Forstbetriebe äußert wertvoll, sondern in Hinblick auf Förderungen sogar notwendig.

 

Hauptunterschiede zwischen GIS
GIS Software Vorteile Nachteile
Kommerziell – kostenpflichtig  
(z.B. ArcGIS, MapInfo, GeoMedia, Global Mapper)  
  Kundensupport, Schulungen, Werkzeuge für Spezialanwendungen, betreute Datenbanksysteme und Clouds, Kompatibilität mit Behördendaten, stabile Software Lizenzgebühr
Open Source  
(z.B. QGIS, GeoNode, GRASS GIS, SAGA GIS, Programmiersprachen) Keine Kosten, laufend wachsendes Werkzeug-Repertoire, Werkzeuge können selbst kreiert werden, große Online-Community (Foren) Bugs (Programmfehler) können auftreten, Laufend neue Versionen, Werkzeuge oft nicht kompatibel

Parole heißt Digitalisierung

Behördliche und betriebliche Abläufe werden zunehmend digitaler. Im Zuge dessen stehen den Unternehmen derzeit diverse Förderungen der Länder, Wirtschaftskammern und Ministerien zur Verfügung (Beispiel KMU.DIGITAL). Prozesse im Betrieb sollen effizienter gestaltet und die Schnittbereiche mit den Behörden vereinfacht werden. Für Arbeitnehmer gibt es ebenfalls Möglichkeiten zur Weiterbildung in puncto Digitalisierung. Zur Auswahl steht dabei eine Vielzahl an geförderten Kursen, Seminaren und Fortbildungen.

GIS, quo vaditis?

GIS halten Einzug in immer mehr Bereiche unseres Lebens und Handelns. Viele Innovationen, die wir tagtäglich anwenden, stammen dabei aus der angewandten Forschung und Entwicklung. Eine Reihe von privaten und öffentlichen Forschungsprojekten widmet sich dem Thema GIS und seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Speziell wird hier ein Augenmerk auf Satelliten- und drohnengestützte Datenerhebung gelegt. Die Fortschritte der vergangenen Jahre haben gezeigt, welches enorme Potenzial in einer hochaufgelösten, schnell verfügbaren und kontinuierlichen Datenerfassung liegt. Das Ziel ist weiterhin, ein verlässliches, immer effizienteres Planungsinstrument zur Verfügung zu haben, mit dem man rationale, nachvollziehbare Entscheidungen treffen kann.