Tomi Seppä (re.), Werksleiter des Bioproduktewerks Kemi, und Ari Kahrola, Log- yard Crane-Servicemanager bei Andritz, betonen die Bedeutung des Simulators für den Erfolg der Ausbildung © Andritz
Laut der Metsä-Gruppe handelt es sich bei der Investition in das Bioproduktewerk in Kemi um die größte, welche das Unternehmen je in Finnland getätigt hat. Es soll planmäßig im 3. Quartal in Betrieb gehen und wird den Wert der finnischen Ausfuhren um rund 500 Mio. € erhöhen. Das Bioproduktewerk soll die Zahl der Arbeitsplätze in der bestehenden Zellstofffabrik in Kemi auf 500 verdoppeln. Das für das Werk benötigte Holz stammt laut Metsä aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Jährlich wird das Bioproduktewerk rund 7,6 Mio. m³ Holz verbrauchen.
Metsä legt bei dem Werk besonderen Wert auf die ressourcenschonende Nutzung des Holzes sowie der Nebenprodukte. Die Bioproduktefabrik Kemi wird jährlich etwa 1,5 Mio. t Weich- und Hartholzzellstoff sowie andere Bioprodukte herstellen. Hinzu kommen 2 TWh/J Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Das entspricht 2,5 % der gesamten finnischen Stromerzeugung. Das neue Werk soll die bestehende Zellstofffabrik in Kemi ersetzen, welche das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat. Eines der strategischen Ziele von Metsä für eine nachhaltige Entwicklung ist es, die Produktion in den Fabriken der Gruppe bis 2030 vollständig fossilfrei zu gestalten.
Umschlag von jährlich 7,6 Mio. m³
Die vom internationalen Technologiekonzern Andritz gelieferte Anlage umfasst zwei 25 t-Krane auf einem 540 m langen Gleis, welche 7,6 Mio. m³ Holz pro Jahr umschlagen werden. Die mit Doppelgreifern ausgestatteten Krane können insgesamt 120.000 m³ Holz lagern, und ihre Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke beträgt 150 m/min. Die im September 2022 gelieferte Anlage ist seit Januar betriebsbereit. „Insgesamt hat die Installation etwa vier Monate gedauert“, sagt Ilkka Manninen, Direktor des Andritz-Geschäftsbereichs Holzplatzkrane.
Die Hauptstützen der Krane sind 30 m hoch und haben eine Spannweite von 65 m. Die Bedienerkabine befindet sich 22 m über dem Boden. Die Krane sind einschließlich der Ausleger 106 m breit. Beide Krane lassen sich gleichzeitig einsetzen. Während der Wartung wird der Kran an das Ende der Schiene gefahren, sodass er den Betrieb des anderen Krans nicht behindert.
Andritz hat bereits mehr als 60 Rundholzkrane nach Nordamerika geliefert, die Lieferung von Kemi ist jedoch die erste nach Europa. Laut Manninen sind die an Kemi gelieferten Krane den in Nordamerika installierten mechanisch ähnlich. Aufgrund der Autonomie verfügen sie jedoch über viele neue Technologien, die Andritz seit 2018 gemeinsam mit seinem deutschen Softwarepartner entwickelt hat. Physikalische Prüfungen wurden in einem Testkran in Nordamerika durchgeführt.
Autonome Modi
„Die Autonomie ist in zwei Teile unterteilt, die wir ANDI und ACSS nennen“, sagt Manninen. Im autonomen Modus kümmern sich ACSS und ANDI gemeinsam um die Arbeit der Krane. Die Aufgabe des Fahrers ist es, die beiden zu überwachen. In diesem Fall sitzt der Bediener entweder im Kran oder bedient ihn per Fernsteuerung vom Kontrollraum aus. ANDI übernimmt die Aufgaben des Kranführers, indem es unter anderem maschinelles Sehen, neuronale Netze und verschiedene Sensoren einsetzt. ACSS fungiert als Vermittler zwischen dem Werk und ANDI. ACSS ist für die gesamte Logistik des Holzplatzes verantwortlich und plant die Arbeitszyklen des Krans. „Es teilt ANDI mit, wann welche Stämme wohin bewegt werden müssen“, erklärt Manninen. ACSS erkennt den ankommenden Lkw oder Zug und entscheidet, ob ANDI das Holz direkt in den Einzug des Werks oder das Lager entlädt. Der Fahrer des Holztransporters begibt sich während der Entladung in ein separates Sicherheitsgebäude.
ACSS ist zudem für die Inventarisierung des Holzlagers zuständig. Es weiß, welche Stämme sich zu welchem Zeitpunkt im Lager befinden, wie lange sie dort liegen und sogar, wo sie geschlagen wurden. Die Krane von Kemi sind mit 3D-Scannern ausgestattet, die alle Züge und Lastwagen, die zum Werk kommen, scannen. Das Scannen ist für den Betrieb von ANDI notwendig, damit es lernt, die Stämme selbstständig aus dem Transportfahrzeug zu entladen.
„Das Lernen, wie man die Krane völlig autonom macht, wird nach der Inbetriebnahme abgeschlossen sein“, betont Manninen. Neuronale Netze benötigen Tausende von Bildern sowohl der Umgebung als auch der unbeladenen Fahrzeuge, damit die Krane selbstständig arbeiten können. Bei autonomen Kranen kann dennoch eine Situation eintreten, der sie nicht gewachsen sind. In diesem Fall erhält der überwachende Bediener einen Alarm und löst das Problem.
Die an Metsä Fibre gelieferten Krane sind elektrisch und werden von der Bioproduktefabrik mit Energie versorgt. Außerdem gibt es keine CO2-Emissionen, die Krane sind leiser und sicherer, da sich kaum Bediener auf dem Holzplatz befinden. „Mit dieser Anlage kann Metsä Fibre auch mehr Holz lagern, weil die Stapel höher und keine Durchgänge zwischen den Stapeln erforderlich sind“, informiert Manninen.
Simulator für die Einschulung
Jukka Koivuniemi, einer der 15 Mitarbeiter des Rundholzplatzes in der Bioproduktefabrik von Metsä Fibre in Kemi, übt mit dem Simulator SIM600 die Beschickung des Werks mit Stämmen vom Lager zum Einzug © Andritz
Die Schulung der Holzplatzarbeiter in Kemi begann Mitte September 2022 mit dem Kransimulator SIM600. Dieser wurde ebenfalls von Andritz geliefert und ist der erste seiner Art, der in Europa von Kunden eingesetzt wird. „Wir haben einen ähnlichen Simulator in unserer eigenen Niederlassung in Atlanta in den USA im Einsatz“, sagt Ari Kahrola, Logyard Crane-Servicemanager von Andritz. Die Lieferung umfasste auch die Inbetriebnahme und Bedienerschulungen unter der Leitung von Kahrola, die bis Mitte Dezember 2022 dauerten.
Die Vorteile der Simulatorschulung liegen in ihrer Schnelligkeit und Kosteneffizienz. Die Bediener müssen für das Training nicht auf den Kran klettern. Alle Fehler, welche die Mitarbeiter während der Lernphase machen, werden nur auf dem Bildschirm angezeigt. „Außerdem beträgt der Stromverbrauch des Simulators nur einen Bruchteil dessen, was ein echter Kran verbraucht“, sagt Kahrola. Der Simulator hat die gleichen Einstellungen und Bedienelemente wie die echten Krane in Kemi.
Das Simulatortraining wird über den PC gesteuert, wobei zwölf Trainingsszenarien zur Auswahl stehen. In jedem Szenario gibt es mehrere einstellbare Parameter, wie etwa die Wetterbedingungen (Wind und Regen). Außerdem sind verschiedene Aufgaben zu bewältigen, mit deren Hilfe die Bediener lernen, die Bewegungen des Krans und jener der Stämme zu steuern. Mit dem Simulator wird beispielsweise die Rundholzentladung von einem Holztransporter oder einem Zug zum Lager oder die Zuführung von Stämmen vom Lager zum Werk geübt. „Nach etwa 10 bis 20 Stunden Training ist der Bediener in der Lage, einen echten Kran zu steuern“, sagt Kahrola.
Jukka Koivuniemi ist einer der 15 Mitarbeiter des Rundholzplatzes in der Bioproduktefabrik von Kemi. Er hat langjährige Erfahrung bei der Bedienung von Rundholzplätzen. „Auch wenn ich noch keine Krane gefahren habe, kann ich aufgrund meiner Erfahrungen mit dem Simulator sagen, dass ich den Einsatz traditioneller mobiler Lader nicht vermissen werde“, sagt er.
„Die Einführung von autonomen und elektrisch betriebenen Rundholzkranen ist ein großer technologischer Sprung in der Branche, der uns helfen wird, dieses Ziel zu erreichen“, sagt Tomi Seppä, Werksleiter des Bioproduktewerks Kemi. Die Krane verringern auch die Lärmbelästigung, die von der Fabrik auf die Umwelt ausgeht.
Der Simulator wird auch nach der Inbetriebnahme des Werks weiterhin eingesetzt. „Er soll sowohl für die Schulung neuer Bediener als auch die Aufrechterhaltung des Qualifikationsniveaus der derzeitigen Bediener dienen. Darüber hinaus können auch andere Mitarbeiter der Fabrik ihre Kenntnisse mit dem Simulator vertiefen“, sagt Seppä abschließend.