Bis zu 4 Mio. fm Rundholz werden in den drei österreichischen und zwei tschechischen Produktionsstandorten von Stora Enso Wood Products verarbeitet, davon allein 1,1 Mio. fm im Werk in Ybbs. Das alte Logistiktool entsprach nicht dem Standard FHP-DATLOG der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) und hatte zu viele Schnittstellen entlang der Wertschöpfungskette. „Wir wollten keine Standardlösung von der Stange. Ziel war ein papierloser Datenflow im FHP-Standard vom Wald, über den Transport, den Rundholzplatz, die Sortierung bis zur Abrechnung ohne harte Schnittstellen“, informierte Petra Bartusek, Projektmanagerin Holzbeschaffung bei Stora Enso.
Adaptierte Werkssoftware
Mit Latschbacher wurde ein erfahrener Forstlogistik- und Softwareanbieter gefunden. „Latschbacher kam mit guten Referenzen aus Großprojekten der Holzindustrie, aber auch aus dem Forstbereich. Sie sind sehr gut auf unsere Wünsche und Anforderungen eingegangen. Wir haben uns bei der Zusammenarbeit immer gut aufgehoben gefühlt“, betont Johann Klaus, Steuerungsmanager des Rundholzflusses und der Logistik bei Stora Enso. „Sehr viele Lieferanten sowie Frächter von Stora Enso sind bereits Kunden von Latschbacher, was die Zusammenarbeit erleichtert“, ergänzt Michael Viertbauer, WinforstPro-Vertrieb bei Latschbacher. Die Latschbacher-Software WinforstPro NG mitsamt der dazugehörenden App wurde an die Stora Enso-Anforderungen adaptiert. „Die DigiLog-App ist bereits jetzt im App-Store für Android und iPhone nutzbar und wird Lieferanten sowie Fuhrunternehmen kostenlos in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt“, teilt Florian Lutzmayer, Projektleiter bei Latschbacher, mit.
Am Standort in Ybbs wurde das Pilotprojekt über mehrere Wochen ausgiebig getestet. „Die Ergebnisse sind sehr zufriedenstellend, wir können DigiLog, wie geplant, Anfang Januar hier im Werk in Ybbs starten“, gibt Bartusek zu verstehen. Am Werkseingang zum Rundholzplatz ist eine Schranke mit einem Terminal montiert. Eine Kamera erkennt das Kennzeichen des Lkw und die Schranke öffnet sich.
Rundholzlogistik fängt im Wald an
Einzigartige technische Umsetzung: Der RFID-Tag am Polter wird fotografiert und mit dem E-Lieferschein „verheiratet“ © Stora Enso Wood Products
Die verschiedenen Lieferanten melden das Holz per DigiLog-App oder als FHP-Bereitstellung. „Es war wichtig, dass Lieferanten sowie Transporteure, die eine eigene Software mit FHP-Standard nutzen, ebenfalls unterstützt werden“, betont Lutzmayer. Bereits im Wald erstellt der Lkw-Fahrer den digitalen Lieferschein. Neben der Zeitersparnis sind die Vermeidung von Eingabefehlern beim Wareneingang durch die elektronische Datenübertragung, die GPS-basierte Ermittlung des Abgangsortes sowie die korrekten Claim-Angaben für die Holzzertifizierung Vorteile des E-Lieferscheins. An jede Lkw-Teilladung wird ein RFID-Tag mit einem QR-Code (eindeutige Nummer) angebracht. Der Fahrer fotografiert den QR-Code mit seinem mobilen Endgerät und verbindet somit die RFID-Daten mit jenen des elektronischen Lieferscheins. „Ladungen mehrerer Waldbesitzer auf einer Fuhre können so, nachdem sie im Sägewerk getrennt voneinander abgeladen wurden, eindeutig zugeordnet werden“, fügt Wolfgang Scholler, Rundholzplatzmanager bei Stora Enso in Ybbs, hinzu.
Mit der neuen Latschbacher-Software sieht man auf einen Blick die Rundholzmenge, die noch im Wald liegt, und kann diese mit dem Werksbedarf abgleichen. Es ist schnell erkennbar, welche Mengen disponiert, abgefahren oder bereits übernommen wurden. Ferner wird in der Software angezeigt, wie viel Holz noch im Wald auf den Abtransport wartet und welche Frächter gerade unterwegs ins Werk sind. Dabei sollen Synergieeffekte genutzt werden, um das richtige Sortiment zum passenden Standort zu transportieren sowie die Transportzeit von der Forststraße zum Werk zu optimieren. Welches Holzsortiment wird zu einem bestimmten Zeitpunkt an welchem Standort gebraucht? Soll man beispielsweise Holz aus dem Raum Budweis/CZ innerhalb Tschechiens nach Ždírec oder an die deutsche Grenze zum Standort Plana, bringen oder doch aufgrund der geografischen Nähe über die Landesgrenze in das Werk in Brand?
Nonverbale Frachtdisposition
„Wir erhalten wochenweise unsere Abfuhrmengen und können ganz gezielt bestimmte Ladungen unseren Fahrern zuordnen. Die telefonische Disposition fällt weg“, informiert Franz Geisberger, Geschäftsführer von Hengstberger Transport, Großweißenbach. Es ist auch erkennbar, welche Mengen in der Folgewoche in eines der fünf Produktionsstandorte geliefert werden sollen. Transportunternehmen haben die Möglichkeit, Transportaufträge auf die unterschiedlichen Fahrer zu verteilen. Bei Bedarf können Frächter am Werkseingang auch über ein Kommunikationsdisplay in mehreren Sprachen mit dem Rundholzplatzmanager in Kontakt treten.
Hengstberger, der größte Frächter Stora Ensos in Zentraleuropa, war in das Projekt von Beginn an eingebunden und hat die Software mit seinen Fahrern in der Pilotphase intensiv getestet. 350 Lkw-Fuhren wickelt das niederösterreichische Transportunternehmen wöchentlich für die Stora Enso-Werke ab. Zeitersparnis sieht Geisberger besonders in der eigenen Disposition, aber auch in seiner Fakturierung und Verrechnung.
Sicherheit am Rundholzplatz
Yard-Management: Wolfgang Scholler zeigt auf die digitale Werkseingangskontrolle © Stora Enso Wood Products
Am Rundholzplatz fällt dank der Digitalisierung die mehrminütige Anmeldung beim verantwortlichen Mitarbeiter für die Rundholzsortierung weg. „Ferner wird die Sicherheit am Gelände deutlich erhöht, da die Fahrer nicht mehr über den Rundholzplatz laufen müssen, um ihre Lieferscheine abzugeben“, betont Scholler. Die Frächter sehen auf einem großen Display in Leuchtschrift, ob sie ihre Ladung entweder gleich in eine der drei Sortieraufgaben oder eines der Zwischenlager abladen sollen.
In den Sortieranlagen erkennen RFID-Scanner, ähnlich wie bei WLAN, die RFID-Antenne von dem im Wald angebrachten RFID-Tag. Das erspart viel administrative Arbeit bei der Werksvermessung, Abmaßerstellung und Verrechnung. Einen weiteren Vorteil von DigiLog sieht Scholler im Rundplatzmanagement. „Ich kann flexibel steuern, wie viele Lkw zeitgleich auf dem Gelände sind.“ Am Montag, wenn größere Bahnladungen oder auch Schiffe das Werk in Ybbs erreichen, sind weniger Lkw bei der Holzübernahme besser. Vor dem Werksgelände ist eine Pufferzone eingerichtet, wo Lkw warten können.
Die gesamte Lösung soll bis Ende 2024 in allen fünf Stora-Enso-Werken sowie deren Lieferanten in Österreich, Tschechien, Deutschland und der Slowakei ausgerollt werden.
Latschbacher
Standorte: Zentrale in Kronstorf, neun internationale Standorte
Gründung: 1968
Geschäftsführer: Klaus Latschbacher
Mitarbeiter: Kronstorf 30, weltweit 100
Umsatz: 5 Mio. € (Kronstorf), davon jeweils die Hälfte Signumat und WinforstPro
Produkte: Warenwirtschaft, Werkslogistik, Einzelstammverfolgung
Stora Enso Wood Products
Standorte: Ybbs, Brand, Bad St. Leonhard, Ždírec/CZ, Plana/CZ
Geschäftsführer: Gerald Hongleitner-Welt
Rundholzeinschnitt: knapp über 4 Mio. fm/J
Holzarten: >95% Fichte, <5% Kiefer
Produkte: Schnittholz, Hobelware, BSP (CLT), KVH, BSH