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Was kommt nach dem Borkenkäfer? Es diskutierten am Holzkongress 2024 in Düsseldorf: Dr. Petercord, Felix Lauel, Jörn Kimmich, Eberhard Wrede und Moderator Lars Schmidt (v. li.) © holzkurier.com

Deutscher Holzkongress 2024

Provokante Frage: Reicht Einschnittskapazität für Fichte?

Ein Artikel von Gerd Ebner | 03.12.2024 - 08:13

Schon jetzt steht die Versorgung die deutsche Sägeindustrie vor großen Herausforderungen – und das, obwohl die Schnittholzproduktion heuer gegenüber 2021 wohl um 3 Mio. m3 zurückgehen wird.

Waldumbau durch uns oder den Käfer

„Der Klimawandel wird im Wald vieles verändern. Wir alle haben die Wahl zwischen geordneter oder ungeordneter Transformation. Bei Ersterer entscheiden wir, bei Zweiterer entscheidet der Borkenkäfer, wie es im Wald weitergeht“, eröffnete knallhart Dr. Ralf Petercord, Referatsleiter Waldbau/Klimawandel/Holzwirtschaft Landwirtschaftsministerium NRW. Er weiß, dass die Baumarten mit einer Standortsdrift zurechtkommen müssen – hin zu trockeneren, heißeren Standorten.

Aus der Bundeswaldinventur 4 liest er ab, 

  • dass von den 3,4 Mrd. fm in den deutschen Wäldern rund 1 Mrd. fm Fichte ist,
  • dass die deutschen Wälder zu vorratsreich sind. Das erhöht das Risiko.
  • 1 Mrd. m³ Fichte planvoll „abarbeiten“

Petercord formulierte es plakativ: „Die 1 Mrd. m³ Fichte in den deutschen Wäldern müssen wir gezielt umbauen – um Laubhölzer, aber auch Douglasie und Lärche ergänzen. Wenn wir nicht aktiv planvoll umbauen, machen es die Insekten zufällig.“ Da keiner weiß, was 2100 gut wächst, brauchen wir ein breites Portfolio, zu dem Petercord also auch die Fichte zählt. Wenngleich er sicher ist: „70 % der Fichteanbaufläche ist verloren.“

Die Wälder müssen auf einen Dauermischwald umgebaut werden. „Es wird immer weniger Fichte, aber die Fichte wird noch einen Anteil haben“, meint Petercord. „Die Fichte, die jetzt anfliegt, muss in 50 Jahren geerntet sein.“

Buche resistent, zumindest die junge

Buche muss man anders bewirtschaften. „Junge Buchen halten den geänderten Verhältnissen gut stand. Die Umtriebszeit muss auch bei der Buche runter, dann ist auch diese Holzart sicher auch zukunftstauglich.“

„Nachhaltigkeit heißt, nicht mehr zu nutzen, als nachwächst. Um vitale Wälder zu haben, darf aber auch nicht weniger entnommen werden. Wir haben riesige Pflegerückstände in den Wäldern, da tut sich zu wenig“, analysierte Petercord.

Die 1 Mrd. fm Fichte müssen wir noch abarbeiten. Der Waldumbau wird noch massig Fichte auf den Markt bringen.


Ralf Petercord

Von zu viel nach zu wenig

Jörn Kimmich, Geschäftsführer ante-holz und Vizepräsident des deutschen Holzwirtschaftsrates, beschrieb die Probleme zwischen zu viel und zu wenig Rundholz. „Als die Kalamität losging, waren unsere Standorte im Zweischichtbetrieb. Von diesem erhöhten wir – mit vielen Zugeständnissen an die Belegschaft – auf bis zu vier Schichten. Jetzt kommt weniger, wir müssten reduzieren. Mitarbeiter, die wir nun verlieren, bekommen wir nicht mehr“, klagte Kimmich und nannte das „volle Rauffahren und dann wieder retour. Uns fordern einmal die vielen Zufallsnutzungen und dann wieder zu wenig. Jetzt reduziert auch noch Thüringen Forst im 1. Halbjahr 2025 die Ernte um die Hälfte.“

KVH auch mal aus Kiefer

Gleichlautend Felix Lauel, Gebr. Eigelshoven, Würselen/DE, der zweite Sägewerksbetrieb am Podium: „Wir brauchen Stabilität. Dazu tragen wir auch bei, dass wir bald jedes Nadelholz nehmen und verarbeiten werden. Der Markt muss etwa akzeptieren, dass KVH auch mal aus Kiefer ist – anders wird es nicht gehen.“

Waldentwicklung in Deutschland

Ergebnisse BWI 4:

• Holzvorrat: 3,7 Mrd. Vfm; 335 Vfm/ha

• nicht bewirtschaftete Wälder: 40 %

• Zuwachs: 101,5 Mio. Vfm/J

• Ernte: rund 80 Mio. Efm/J

Resultat: Zuwachs nimmt zu.

Interpretation der BWI 4 von Petercord:

• Waldumbau fordert Senkung der Vorräte.

• kurz- und mittelfristig objektiv kein Rohstoffmangel (Waldumbau/kürzere Umtriebszeiten)

Provokante Gegenfrage: Reichen die Verarbeitungskapazitäten der Holzwirtschaft? 

Geändertes Klima: 

• Vegetationstage +10 Tage pro Jahr

• Wasserversorgung in der Vegetationszeit verschlechtert sich

• Sommerliche Trockenperioden nehmen zu.

Standortsdrift hin zu trockeneren Böden

Folgen:

• veränderte Baumartenanteile

• „neue“ Baumarten (auch Nadelhölzer)

• schwächere Sortimente

• höhere Laubholzanteile

• mehr Weichlaubholz

Ziel muss es sein, einen 

• standortgerechten, klimaanpassungsfähigen, strukturreichen (ungleichaltrig), gemischten Wald zu erhalten

Dauermischwald muss kommen.