Buche verbauen statt verbrennen – das ist der Slogan eines neuen Holzwerkstoffes. Mit Ralf Pollmeiers Buchen-Furnierschichtholz könnte das Laubholz ab Herbst Einzug in die Baustellen halten. Das ist bislang nicht passiert, weil Buchenvollholz deutlich höhere Quell- und Schwindmaße hat. Aufgetrennt in Furniere und wieder verleimt, ergibt es aber einen Werkstoff, der an Formstabilität, Homogenität und Tragfähigkeit herkömmliche Holzbaustoffe (KVH, BSH, BSP) schlagen soll. Erstmals öffentlich vorgestellt wird das Produkt auf der Bau München von 14. bis 19. Januar.
Die Holzbranche braucht eine konstruktive Verwertung der Buche, deren Anteil in den Wäldern der gemäßigten Breiten durch den Klimawandel stetig steigt. Pollmeier, Europas größter Laubholzsäger, nimmt nun 65 Mio. € in die Hand und baut die weltweit erste Furnierschichtholz-Produktion für Buche im thüringischen Creuzburg. Im Holzkurier-Gespräch erklärt er die Idee hinter dem Produkt, verrät einen Preisrahmen und argumentiert, warum sich BSH-Produzenten nicht fürchten müssen.
Die Holzbranche braucht eine konstruktive Verwertung der Buche, deren Anteil in den Wäldern der gemäßigten Breiten durch den Klimawandel stetig steigt. Pollmeier, Europas größter Laubholzsäger, nimmt nun 65 Mio. € in die Hand und baut die weltweit erste Furnierschichtholz-Produktion für Buche im thüringischen Creuzburg. Im Holzkurier-Gespräch erklärt er die Idee hinter dem Produkt, verrät einen Preisrahmen und argumentiert, warum sich BSH-Produzenten nicht fürchten müssen.
300.000 fm/J Buche benötigt
Pollmeier schneidet in seinen beiden Sägewerken rund 600.000 fm/J (2012) Buche ein, sieht aber keine großen Wachstumspotenziale mehr bei Schnittholz und sucht daher seit etwa drei Jahren nach neuen, hochwertigen Einsatzmöglichkeiten für Buche. Doch von Buchen-Brettschichtholz hält er wenig. „Das Einschneiden mit Bandsägen ist zu aufwändig. Die Trocknung ist teuer. Das funktioniert mit Fichte viel besser.“ Er stieß auf Furnierschichtholz – auch bekannt als Laminated Veneer Lumber (LVL). Der Unternehmer fand eine Diplomarbeit, die dieses Thema schon 2005 beleuchtete (Berno Volmary, Universität Hamburg). „Der Wert dieser Arbeit für die Branche ist nicht hoch genug einzuschätzen, denn am Ende bleibt als Resultat: Buchen-FSH ist hoch fest, sehr homogen und daher ein interessanter Werkstoff“, würdigt Pollmeier die Grundlagenforschung Volmarys.Gemeinsam mit den Ausrüstern Raute (Furnierlinie) und Siempelkamp (Pressenlinie) wurde der Produktionsablauf entwickelt. Pollmeier plant für seine Anlage einen Materialeinsatz von 300.000 fm/J Buchenrundholz. Verwendet werden Stämme von 25 cm Durchmesser aufwärts mit Fokus auf schwachem Holz bis 40 cm Zopf. „Dort haben wir die großen Reserven“. Die Schälbloche müssen nur fäulnisfrei sein. Weitere Qualitätsanforderungen gebe es keine.
Kontinuierliche Presse für LVL
Die Schälbloche werden zunächst gedämpft, dann zu 3,8 mm dickem Furnier verarbeitet. Anders als beim Einschnitt, habe Buche beim Schälen keine Nachteile. „Man kann Laubholz genauso kostengünstig schälen und trocknen wie Nadelholz“, ist Pollmeier überzeugt. Buchen-BSH werde dagegen immer deutlich teurer bleiben als Nadel-BSH. Herzstück der neuen Produktion ist die Presse. Siempelkamp installiert in Creuzburg eine Contiroll. 60 m wird die Anlage messen, die gegenwärtig in Krefeld/DE vorgefertigt wird. Die „quasi isobar arbeitende, kontinuierliche Presse“ (Siempelkamp) schafft eine Vorschubgeschwindigkeit von bis zu 12 m/min. Ein 15 MW-Heizwerk stellt die thermische Energie zur Verfügung.Aus den getrockneten und beleimten Furnieren erzeugt die Presse im ersten Schritt eine 2 cm bis 8 cm starke Platte. Pollmeier wird sein Furnierschichtholz platten- und stabförmig verkaufen. Für Letzteres werden 4 cm starke Platten in Streifen aufgetrennt. Eine Balkenpresse erzeugt daraus die Träger in den gewünschten Dimensionen. Die Platten messen maximal 1,85 mal 35 m. Stabförmiges Buchen-FSH wird standardmäßig bis zu 18 m Länge angeboten. Der Maximalquerschnitt soll 30 mal 135 cm betragen. Die Dimensionen sollen sich an den üblichen BSH-Abmessungen orientieren.
Die Endprodukte werden geschliffen und naturbelassen oder lackiert angeboten. „Man kann farblich mit der Buche wesentlich mehr machen“, stellt Pollmeier in Aussicht.
Weniger Verbindungen benötigt
Hochfeste Balken werden in Pollmeiers Buchen-Furnierschichtholzwerk ab dem IV.?Quartal erzeugt © Pollmeier
Erste Zulassungen, damit die Bauunternehmen diese Vorteile auch nutzen können, seien bereits vorhanden. Weitere werden gerade erarbeitet. „Bis zum Verkaufsstart sind alle Nachweise da“, verspricht Pollmeier. Er hat bereits erste Vorserien auf FSH-Pressen in Neuseeland und den USA fertigen lassen. Diese bauähnlichen Linien haben bislang nur Nadelholz (etwa Southern Yellow Pine) verarbeitet. Technologisch liege das Potenzial aber nicht nur in der höheren Festigkeit. „Der Umweg über Furnier erlaubt ein Produkt, welches deutlich besser auf die Anforderungen zugeschnitten ist als andere Holzprodukte. Furniere kann ich viel leichter imprägnieren oder tränken. Ich kann so besser zugeschnittene Produkte schaffen“, sagt Pollmeier.
Gretchenfrage: Wie viel wird Buchen-FSH kosten? „Die Balken werden unter 700 €/m³ liegen“, spezifiziert der Unternehmer. Es werde „kein Problem sein, Buchen-FSH kalkulatorisch so darzustellen, dass die Kunden gerne damit bauen“. Gegenüber Fichten-BSH (gegenwärtig um 370 bis 390 €/m³ zu haben) sollen nur rund die halben Querschnittsflächen nötig sein.
Bagger sind schon aufgefahren
Die Bauarbeiten an der Produktionshalle haben bereits begonnen. Der Produktionsbeginn ist im IV. Quartal vorgesehen. Der Ausstoß soll im ersten vollen Produktionsjahr bei rund 30.000 m³ liegen. Vertriebspartner Nr. 1 ist der Handel. Die vorhandene Vertriebsabteilung wird auf dieses Produkt hin ebenfalls ausgebaut. Zielmärkte sind die wichtigen Holzbauländer: „Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, …“Den Bedarf an hoch festen Holzbaumaterialien schätzt Pollmeier sehr optimistisch ein. Er sieht drei Einsatzgebiete:
• Buchen-FSH aus ästhetischen Gründen (keine Äste, elegant gestreift)
• Anwendungen, wo hohe Zug- und Drucklasten auftreten, Buchen-FSH wirtschaftlicher ist und Nadelholz verdrängt
• Den „weitaus größten Markt“ erwartet Pollmeier aber dort, wo Holz bislang an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit kam und Stahlkonstruktionen verdrängt.
„Dem Holzbau sollen in erster Linie neue Chancen eröffnet werden - es ist nicht die Absicht, die bestehenden Anwendungen zu kannibalisieren. Die schlanken Konstruktionen mit der edlen Optik werden ihren Platz finden.“ Als Beispiel nennt Pollmeier Einkaufszentren oder Industriehallen, die weit überspannt werden.
Daneben ist der Einsatz von Buchen-FSH im nichtkonstruktiven Bereich, etwa im Möbel- und Innenausbau, denkbar.
150 Arbeitsplätze in Thüringen
Die 65 Mio. € Investitionssumme beziehen sich auf den ersten Schritt. Eine spätere Ausweitung der Produktion ist angedacht. „Kritisch sieht Pollmeier die Finanzierungsmöglichkeiten in der Holzbranche. Aufgrund der Ausfälle bei einigen Holzunternehmen in der Vergangenheit sei der Bankensektor gegenüber der Holzbranche zu negativ eingestellt. Für das Projekt habe Pollmeier deutlich über 50 % Eigenmittel einlegen müssen. Das bedeute, die Banken würden derzeit nur Projekte mit null Risiko finanzieren. Das mache es der Branche sehr schwer, in Innovation und Zukunft zu investieren.“ Wie hoch das Projekt in der strukturschwachen Gegend subventioniert wird, bleibt vorerst unbekannt. Der politisch engagierte Unternehmer (Pollmeier ist Kreisvorsitzender der SPD) schafft damit 150 Arbeitsplätze.Das Produkt ist nicht durch Patente geschützt. Pollmeier rechnet daher bei Erfolg mit Nachahmern, was für seinen Markterfolg aber nicht nachteilig sein muss.
Ralf Pollmeier im Wortlaut
„Das Produkt ist für den Holzbauer, der eleganter und filigraner bauen will.“„Nicht alle wollen diesen rustikalen Nadelholzlook mit Ästen haben.“
„Ich geh‘ davon aus, dass es schnell Bauten mit Buchen-Furnierschichtholz geben wird, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.“
„Natürlich gibt es Leute, die uns kopieren werden. Davor hab‘ ich aber keine Bange.“
„Studenten haben sehr gute Ideen. Die muss man sich nur ansehen. Es wird hinreichend viel geforscht, es wird nur von den Unternehmern zu wenig nachgeschaut.“