Flexibel und schnell
Kaum Platz: Besser lässt sich die Herausforderung nicht zeigen - auf engstem Raum installierte Handl zwei speziell angepasste Reinhardt-Kappsägen © Johannes Plackner
Diese Quadratur des Kreises ermöglichten in erster Linie der Projektleiter Bernd Hornung, der Kärntner Mechanisierungsspezialist TC Maschinenbau, St. Veit an der Glan, und an die Hochfrequenzpressen von Kallesoe Machinery, Lem/DK.
Beginn liegt 300 Höhenmeter tiefer
Meisterleistung: Wie perfekt TC Maschinenbau die Förderer und Paternoster in das bestehende Werk gefädelt hat, ringt Respekt ab © Johannes Plackner
Das Ganze findet auf zwei Geschossen statt. Rauf und runter fließen die Bretter. Überall wird gefräst, gescannt, geschnitten oder gepuffert. Das allein wäre für einen Mechanisierer schon eine Herkulesaufgabe. Zu allem Überdruss fiel jenes Unternehmen, welches zunächst den Auftrag bekam, mitten in der heißen Phase aus. Kurzfristig übernahm TC Maschinenbau. Dessen Geschäftsführer, Peter Spendier, wird von Hornung ausdrücklich gelobt. Pfeifer ergänzt: „Das ganze Team hat über die Weihnachtsfeiertage Enormes geleistet.“ Am 15. Dezember 2012 erzeugte die alte Anlage den letzten Balken. Am 28. Januar gingen die neuen Maschinen wieder in Betrieb.
Einmal quer durch das Werk
Exakter Kappschnitt: die Vario Line von Reinhardt Maschinenbau mit Walzenvorschub © Johannes Plackner
Weiter geht es zu der Keilzinkenfräse von Ledinek. Diese „Veteranin“ wurde nicht erneuert. Sie sei zwar schon 16 Jahre alt, „bringt aber zuverlässig tagein, tagaus ihre 40 Takte pro Minute“, sagt Hornung. Direkt nach der Fräsung werden die Keilzinken mit MUF-Harz von Türmerleim, Ludwigshafen/DE, beaufschlagt und sind damit bereit für die Längsverpressung. Diese übernimmt eine Durchlaufanlage der Weinig-Gruppe. An deren Beginn sitzt ein Beschleunigungsaggregat. Mit einem Geräusch, das etwas an einen startenden Formel 1-Boliden erinnert, treibt es die Hölzer auf 160 m/min. Mit dieser Geschwindigkeit passieren sie die Durchlaufpresse DKK 115 von Grecon Dimter Nord, Alfeld/DE, eine Hobelanlage von Weinig, Tauberbischofsheim/DE, und abschließend eine mitlaufende Kappsäge von Grecon Dimter Süd, Illertissen/DE. Die präzise Keilzinkung und Hobelmaschine mit ziehendem Schnitt sind für Hornung eine Meisterleistung. Pfeifer konnte dadurch die Eingangsstärke von 43 mm auf 42 mm verringern. Das bringt eine Materialeinsparung von knapp 2,5 %. Sogar die Schnittbilder des Sägewerks in Kundl wurden daran angepasst. Bei einer Jahreskapazität von 200.000 m3 kann man sich die bedeutende Materialeinsparung durch diese Anlage leicht ausrechnen. Minimal erzeugt Pfeifer 6 m langes BSH. Die Höchstlänge liegt bei 24 m.
Um die Hauptanlage nicht mit Kurzlängen zu belasten, ist ein Bypass eingebaut. Geplant und geliefert wurde dieser ebenfalls von Handl. Rohlamellen, die oft gekappt werden sollen und unterschiedlichen Qualitäten aufweisen, laufen über eine extra Vario Line-Kappsäge von Reinhardt. Zubringung und Abstapelung auf acht Plätze geschehen automatisch mit einem Vakuumportal von Sicko, Zaisenhausen/DE. Gezinkt wird wieder auf einer Grecon-Anlage.
Rein in die Hochfrequenz
Aus unserem Beispielholzstück ist mittlerweile eine bis zu 24 m lange, festigkeitsüberpüfte, längskeilgezinkte Lamelle geworden. Diese kommt über einen Paternoster in ein vieretagiges Querlager von TC Maschinenbau, wo die Keilzinken für die Weiterverarbeitung voraushärten. Danach geht es mit einem weiteren Paternoster wieder ganz nach unten zur Pressenhalle. Dort, wo bis 2012 haushohe Klammerkäfige die beleimten Lamellen aufnahmen und stundenlang pressten, erledigen das nun zwei Kallesoe-Hochfrequenzpressen in maximal 30 min. In der Fläche wird ebenfalls zweikomponentiges MUF-Harz von Türmerleim appliziert. Eine Leimstation reicht für die beiden Kallesoe-Pressen. Obwohl Pfeifer gleich die größten im Sortiment geordert hat, waren zwei notwendig, um die 200.000 m3/J zu ermöglichen.Nach der Beleimung im Längslauf kommen die Lamellen auf einen Querförderer, der sie auf eine der beiden Formstationen aufteilt. Schräg nach unten führt der Kettenförderer. Dort wird die Lamelle gestoppt, aufgestellt, ausgerichtet und im Zweimeterabstand von Pneus festgehalten. Die Breite der Presse beträgt 1,3 m. Diese wird über Nullfugen immer möglichst voll ausgenutzt. Ist der vorgeformte Binder fertig, fährt er langsamin Richtung Presse. In derem Inneren wird der Presskuchen über ein 6 m langes Hochfrequenzfeld erhitzt. Das dauert – je nach Dimension – bis zu 5 min. Um den kompletten Leimbinder auszuhärten, wird er in 6 m-Schritten durch die Presse gefahren. (Näheres dazu s. Kasten auf S. 17)
Der Rohleimbinder verlässt die still vor sich hinarbeitende Presse auf die Auslaufmechanisierung, die auch vom dänischen Maschinenbauer kommt. Dort können die Binder ausgerichtet werden. Anschließend wird das Leimholz wieder von TC Maschinenbau-Anlagen übernommen.
Optischer Feinschliff für das BSH
Größter Auftrag der Unternehmensgeschichte: Kallesoe Machinery lieferte zwei Hochfrequenz-BSH-Linien in das neue BSH-Werk von Pfeifer in Imst - jährlich 200.000?m3 qualitativ hochwertiges Brettschichtholz werden dort künftig erzeugt ? und zwar marktgerecht in der flexiblen Listenfertigung © Kallesoe
Den Transport zwischen Flickstation und Hobel verantwortet ein Brückenkran mit drehbarer Lastgabel von Ing. Voith, Traun.
Elektronisches Argusauge
Nach der Hobelanlage wartet erneut ein Argusauge, diesmal aber ein elektronisches. ATB Blank, Roggenburg/DE, installierte in Imst den Holzoberflächenscanner Argus Spectra, welcher auf allen vier Seiten die Qualität misst. Gibt dieses System sein abschließendes O. K., ist der Leimbinder gut genug, um das Pfeifer-Logo zu tragen. Dann wird er foliert und von einem weiteren Voith-Kran übernommen.Aufgrund der Kommissions-Arbeitsweise müssen die Binder meist zwischengelagert werden. Das geschieht in einem Hochregallager mit verfahrbaren Regalen. Zudem ist der Halle ein zusätzliches überdachtes Regal vorgelagert, wo Leimholzprodukte gepuffert werden können. Ist die Bestellung komplett, kommt alles auf einen Lkw und tritt die Reise an. Entweder über den Arlberg in den Westen, den Brenner in den Süden, den Fernpass in den Norden oder das Inntal in den Osten.
Verdoppelung des Ausstoßes
Pfeifer hat mit der beschriebenen Investition Kapazität für 200.000 m3/J BSH. Gegenwärtig fährt die Anlage marktangepasst im Zweischichtbetrieb. In diesem Jahr wurden 80.000 m3 BSH erzeugt. 2014 sind 125.000 m3 geplant. Angeboten werden sie bis 24 m Länge, 1,28 m Höhe und von 6 cm bis 24 cm in Zweizentimeterintervall. Die beiden schmalsten Träger werden als 12 cm beziehungsweise 16 cm breite Elemente vorgefertigt und mit der Bandsäge aufgetrennt. Dazu gibt es drei Oberflächenqualitäten und vier Festigkeiten. Zuschnitte auf ±1 mm bietet Pfeifer auf Anfrage an.Wie schafft man es, diese Vielfalt im Produktionsalltag unterzubringen? „Wir fahren zwei Mal die Woche das komplette Sortiment durch“, erklärt Roger Fränkel, der Geschäftsführer von Pfeifer Holz in Imst. Um perfekte Produkte zu garantieren, hat Pfeifer ein umfassendes Qualitätssicherungssystem in das neue Werk integriert. Folgende Anlagen stellen sicher, dass jeder Pfeifer-BSH-Träger seine statischen und optischen Aufgaben einwandfrei erfüllt:
Microtec Goldeneye im Werk Kundl: sortiert die getrockneten Lamellen nach Festigkeit
manuelle Werkseingangskontrolle im Werk Imst
Microtec M3Scan: kontrolliert die Brettfeuchte vor der Keilzinkung
Ausschleusstelle nach der Keilzinkung zur Probenentnahme
Ausschleusstelle für BSH-Abschnitte, die der Delaminierungsprüfung unterzogen werden
manuelle Flickstation mit erfahrenen Profis
ATB Blank Argus Spectra: Vierseitenscan des fertigen BSH-Trägers
Alles nur nach Auftrag
Großer Vorteil der neuen Mechanisierung ist die Flexibilität. „Fast alles wird bei uns auf Auftrag produziert. Nur im Winter bauen wir eine kleine Lagermenge auf“, erklärt Fränkel. Dimensionswechsel dürfen bei so einer Arbeitsweise also kein Problem sein – und sind es auch nicht. Der Kappsäge ist die Lamellendimension ebenso egal wie der Keilzinkung und der Hochfrequenzpresse.Der Bedienmann am Pult der Kallesoe-Anlagen sagte beim Werksrundgang: „Ich teile einfach die Aufträge auf eine der beiden Pressen zu und starte den Vorgang.“ Die Anlagen stellen sich vollautomatisch auf die Dimensionen ein.
Und das Werk läuft
Seit knapp einem Jahr ist das neue Werk nun in Betrieb. Das Anfahren bis zur vollen Leistung war ein gutes Stück Arbeit. Mit der Wahl seiner Ausstatter wirkt Hornung recht zufrieden. Die Kallesoe-Hochfrequenzpresse arbeite „reibungslos“. Die Grecon-Dimter-Weinig-Keilzinkenpresse „tut, was sie soll“. Nach der größten Herausforderung beim Projekt gefragt, nennt Hornung aber die Mechanisierung. „Wie die Förderer und Paternoster in die bestehende Halle hereingefädelt wurden – da sage ich: alle Achtung vor Peter Spendier und seinem Team“ (TC Maschinenbau). Die kurze Montagezeit kam erschwerend hinzu.Wer sich davon überzeugen will, dass alles geklappt hat, der trifft das Pfeifer-Team mit seinen Produkten auf der Dach+Holz von 18. bis 21. Februar in Köln.hp
Die 13,56 Mhz-Methode
Zwei Hochfrequenzpressen vom Typ Kallesoe LHF mit je 1,3?m breitem Pressefeld arbeiten seit Januar in Imst © Johannes Plackner
Physikalisch beruht eine Hochfrequenzpresse auf der Erhitzung von Wassermolekülen. Diese kommen im MUF-Harz deutlich häufiger vor als im umgebenden, trockenen Holz. Die H2O-Moleküle sind Dipole. Das heißt, auf einer Seite sind sie positiv geladen, auf der anderen Seite negativ. Befindet sich das Wasser in einem elektromagnetischen Feld, richten sich die Moleküle entsprechend aus. In einem Wechselfeld, wo sich die Polarisation ständig ändert, macht das Wasser diese Bewegung mit und beginnt zu schwingen. Physikalisch gesehen, ist das nichts anderes als Wärme. Bei einem elektrischen Feld, das seine Polarisation genau 13,56 Millionen Mal pro Sekunde ändert, funktioniert diese Methode am besten. Daher verwendet Kallesoe wassergekühlte Hochfrequenzgeneratoren, die genauso ein Feld erzeugen. Bezüglich elektromagnetischer Strahlung braucht man sich keine Sorgen machen. Die Anodenspannung der Generatoren wird von einer Siemens-SPS gesteuert. Die Anlage erfüllt die CE-Vorschriften. Und sogar Smartphones funktionieren direkt daneben, wie sich der Autor beim Werksbesuch überzeugen konnte. Lediglich Mitarbeiter mit einem Herzschrittmacher dürfen in diesem Bereich nicht eingesetzt werden.
Die Hochfrequenzpresse vom Typ „LHF“ eignet sich für Beladungen von 40 bis 130 cm Breite und 2 bis 29 cm Höhe. Über Nullfugen können auch schmälere BSH-Träger erzeugt werden. Die Mindestlänge geben die Dänen mit 3 m an. Die maximale Länge hängt dagegen einzig von der Mechanisierung vor und hinter der Presse ab. Zudem ist es möglich, gleichzeitig mehrere Binderlängen zu verpressen – etwa 8 m und 12 m. Das ist für eine flexible Produktion ein großer Vorteil und laut Kallesoe ein Alleinstellungsmerkmal der dänischen Pressen.
Wenn die beleimten Lamellen von der Zuführung heruntersausen, werden sie von speziellen Aufrichtern im Abstand von rund 2,5 m übernommen. Diese Viertelkreisscheiben bringen die Lamellen in die Senkrechte. Oben angekommen, werden die Lamellen von Halterädern fixiert. Diese Methode funktioniert reibungslos. Sobald der Presskuchen fertig ist, wird er zur Presse gefördert. Deren Einlaufband ist mit Seitenstützen versehen. Das verhindert, dass insbesondere kurze Lamellen während des Transports in die Presse umfallen. Dann schiebt sich die beleimte und vorgeformte Ware in die Presse. Da die Binder meist länger sind als die Presszone, wird nach und nach verpresst.
Im Herzstück, dem Hochfrequenzbereich, werden die Lamellen zusammengedrückt. Ein zweistufiges Hydrauliksystem sorgt dafür, dass dies ohne lange Wartezeit geschieht. Dann setzt das HF-Feld ein und erhitzt die Leimfugen. Bei Vollauslastung erzeugt ein Exemplar der Kallesoe-LHF 180 m3 pro 7,5 h-Schicht. Mal zwei ergibt das bei Pfeifer eine theoretische Schichtleistung von 360 m3. Ein großer Vorteil der Hochfrequenztechnik ist, dass die Binder nach der Presse fertig ausgehärtet sind und unmittelbar danach in ein Außenlager gelegt werden kann. Anforderungen an die Temperatur gibt es keine, was besonders im alpinen Imst auf 830 m Seehöhe ein wichtiger Aspekt ist.
Pfeifer Holding – Facts
Geschäftsführer: Michael Pfeifer, Clemens Pfeifer, Ewald FranzoiStandorte:Imst, Kundl, Unterbernbach/DE, Uelzen/DE, Lauterbach/DE, Schlitz/DE, Trhanov/CZ
Mitarbeiter: 1.500
Pfeifer Holz in Imst – Facts
Geschäftsführer:Roger Fränkel, Ingomar KoglerKapazität:200.000 m3/J
Produkte:BSH von 6 bis 24 cm Breite, bis 24 m Länge, bis 128 cm Höhe; Industrie-, Standard- oder Sichtqualität; Festigkeitsklassen GL 24/28 (GL 30/32 auf Anfrage); kommissionierte Lieferung binnen einer Woche
Ausrüster:Kallesoe Machinery (HF-Presse), TC Maschinenbau (Mechanisierung), Handl/Reinhardt (Kappsägen), Weinig-Gruppe (Keilzinkenpresse), Handl/Sicko (Automatisierung), Lamellenhobel, Kappung), Microtec (Festigkeitssortierung/Feuchtemessung), Rex (Binderhobel), ATB Blank (Oberflächenscanner), Türmerleim (MUF-Harz)