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Gruppenbild mit Dame: virtuelles Holzexporteurstreffen in Zeiten von COVID-19 © Holzkurier

Holzexporteurstreffen

Jahr der Extreme

Ein Artikel von Gerd Ebner | 13.10.2020 - 09:47

„Der Bedarfsanstieg war erwartbar. Dass aber die Schnittholzpreise ab Juli um 15 % anzogen, das war so nicht vorhersehbar“, war ein anderer erstaunt. „Mittlerweile ist der Preis in gewissen Dimensionen nebensächlich – es geht primär um die gesicherte Versorgung.“

Preissprünge als Herausforderung

Dabei wurde aber beklagt, dass preislich „die gesunde Mitte“ fehle. „Statt von 150 direkt gegen 210 €/m3 zu steigen, wären konstant 180 €/m3 für alle auskömmlicher“, beklagte einer die Schwierigkeiten beim Planen des Ein- und Verkaufs.

Die Angebotsstruktur für italienische Kunden hat sich geändert, weil die großen Holzindustrien so viele Alternativen haben. Aber: „Viele, viele heimische Kleinsäger schneiden Sortimente, die diese faktisch nur in Italien absetzen können – das wissen viele Kunden im Süden.“ Auf der anderen Seite gibt es die Massen-/Anfallware, die aus Sicht der Runde vielfach zu günstig verschleudert wird.

Bei einem derzeit gut laufenden Italienmarkt schmerzte es die Runde doppelt, dass „man keine Frächter bekommt“. Offenbar fehlen Fahrer, um die Lkw-Flotte voll zu bewegen. Hinzu käme, dass es für „gewisse italienische Regionen keine Retouren gibt – da will niemand hin“.

So etwas gab es noch nie

Für einen Teilnehmer, der seit 1962 in Italien tätig ist, gab es noch nie eine Situation, wo einzelne Sortimente preislich so explodierten. Als Beispiel wurde KVH genannt. Die Erklärung der Händlerrunde war die Verknappung von KVH-Rohware, weil die Säger zunehmend auf US-Sortimente ausweichen. 

Da viele österreichische Produzenten auf US-Dimensionen umstellten, kam es sukzessive zu einem geringeren Angebot an „Italiendimensionen“: Gängige Seitenwaren-Dimensionen fallen beim 2-by-4-Einschnitt in viel geringerem Ausmaß an. Ein allfälliger Bedarfsrückgang wird von einem deutlich verminderten Angebot überkompensiert.

Hält der US-Boom auch 2021, wird sich das fortsetzen und verstärken. Die Holzexporteursrunde war sich einig, dass man bei den Zahlungen der Kunden aufpassen müsse wie kaum jemals zuvor. „Die Zahl der Zombieunternehmen nimmt zu“, warnte einer vor Kunden, die ohne COVID-19-Entschädigungen insolvent wären.

Wenn die Großen für die USA schneiden, fallen immer weniger 17er runter.


Ein Holzexporteur

Superjahr mit unheimlicher Nachfrage

Vom Stillstand zum Höhenflug – so wird das Klima auch im Inland beschrieben. „Es wird ein Superjahr mit einer unheimlichen Nachfrage. Da kann im 4. Quartal nichts mehr passieren“, beschrieb es ein Diskussionsteilnehmer. Alles Konstruktive war und ist enorm gefragt. Von allen sehr gut gehenden Sortimenten wurde die Lärche nochmals separat hervorgehoben. 

Bei BSH und KVH gibt es Lieferzeiten wie niemals zuvor. „OSB, Kantholz, Pfosten, …“, ergänzte ein weiterer die Topsortimente. Getragen wird alles vom privaten Konsum. „Eventuell werden Investitionen vorgezogen, die bald fehlen könnten.“

Im Fußbodenbereich fehlten einem Diskutanten die „Angebotsanfragen für das kommende Jahr“.

Zuversicht für 2021

In Österreich werde die Entwicklung 2021 auch vom Verlauf der Wintersaison im Tourismus mitbestimmt. Die Ostregion sei aber unabhängig davon „auch 2021 gut aufgestellt“.

Wenig Erfreuliches gab es über das Levantegeschäft zu berichten. Anhaltende COVID-19-Restriktionen, Krieg in Libyen, fehlende Flüge, … Beim Nadelschnittholz wird nur der nötigste Bedarf angefragt. Während sich mitteleuropäische Hersteller 30 bis 50 €/fm mehr wünschen, sei das „für die Kunden zu hoch, solche Erhöhungen sind nicht durchsetzbar“.

Waldbesitzer mit Euro motivieren

Beim Rundholz glaubt man, dass die mitteleuropäische Forstwirtschaft motiviert werden müsse. „Derzeit stockt der Holzfluss aus dem Wald bei Frischholz.“ Das bisherige niedrige Preisniveau sorgt für eine Minderernte. In Nordösterreich ist für das 4. Quartal von +9 €/fm auszugehen. Damit läge man bis zum 1. Quartal 2021 mit 75 bis 90 €/fm in einer weiteren Range. Das untere Ende sind die Käfergebiete, das obere lokalisierte die Runde in Kärnten und der Steiermark.

Erhöht bitte Pelletspreise!

Bisher gab es bei Pellets keine markante Preiserhöhung im Herbst. „Das tut dem Markt nicht gut. Keiner wird im Frühjahr etwas einlagern, wenn der Preis bis zur Heizsaison gleich bleibt“, bedauerte ein Händler, der selbst für November Erhöhungen angekündigt hat.

Die Markteinschätzungen folgender Unternehmen wurden berücksichtigt: Cappellari, Wolfsberg; Drauholz, Straßburg, Jung, Zell/See; Weiss, Reitdorf; Mühlbauer, Himberg; Frischeis, Stockerau; Holzexporte Schuster, Innsbruck, Teuschler Holz, Bad Waltersdorf, Vesely Timber-Export, Wien

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Flagge Italien/Italy/Italia © Holzkurier

Trends am Holzmarkt Italien

  • Italien verkommt zu einem Markt für Anfall-/Ausschussware.
  • (Konstruktives) Schnittholz im Neubau fast nicht mehr existent
  • Hauptwarenabsatz 2020 gesunken (angebotsbedingt: Mangel an guten und frischen Qualitäten; nachfragebedingt: weniger italienische Weiterverarbeiter)
  • Hochwertiges Schnittholz kauft Italien mittlerweile vielfach aus Russland und Skandinavien – österreichische Ware kommt zumeist schon weiterverarbeitet nach Italien.
  • Neubau stagniert.
  • Holzanteil bei Neubauten steigt.
  • Rückgänge bei Betonschalungsplatten und -trägern
  • Wohnungspreise stiegen nur in Großstädten, fielen im ländlichen Raum.
  • Im vergangenen Jahrzehnt viele Investitionen in Tourismus (Stichworte: Agriturismi, Hotels), durch COVID-19 rückläufige Investments
  • Industrie leidet an COVID-19-Folgen: Seitenwaren-Bedarfsrückgang.
  • Trend zur Vorauskasse war in heurige Hausse umsetzbar. (Was passiert mit Zahlungen, wenn es bergab geht?)
  • Erschwerter Transport: verringerte Lkw-Anzahl für Route Deutschland/Österreich nach Italien

Holzbau-Chancen

  • italienische Gesetzgebung fördert direkt/indirekt energieeffiziente, ressourcenschonende Bauweisen.
  • In Italien gibt es circa 4 Millionen „edifici energivori“-Gebäude (Energieverschwender), die abgerissen/saniert werden müssen.
  • Schulbau wird massiv forciert (Möbel/Konstruktion).
  • Städte sollen umgestaltet werden; große Büroflächen werden überflüssig/Trend zu Homeworking.
  • Leistbarer Wohnraum ist knapp.

Marktanalyse eines Teilnehmers der Holzexporteursrunde