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Komfortable Bedienkabine für die Sägelinie und die Sortierung © Holzkurier

Rettenmeier Holzindustrie

Der 1,2 Mio. fm-Universalist

Ein Artikel von Gerd Ebner | 22.09.2021 - 16:41

Linck war bei Rettenmeier laut eines Vorstellungsvideos faktisch gesetzt. Zu gut waren die Erfahrungen mit der Vorgängerlinie, die in dreißig Jahren geschätzt über 10 Mio. fm eingeschnitten hat. Nun erfolgt der Sprung von 400.000 fm/J zu einer neuen Einschnittsleistung auf 1,2 Mio. fm/J.

Sägewerk der Zukunft, das alles abnehmen kann

„Die alte Linie stammte aus den 1980er-Jahren. Wir standen vor der Wahl, nicht mehr zu sägen oder auszubauen. Wir haben uns nun kompromisslos für Letzteres entschieden“, erklärte Lang. In seiner Eröffnungsrede sah er das neue Werk auch ein Stück weit als „Sägewerk der Zukunft“. „Der Klimawandel kann immer wieder dafür sorgen, dass kurzfristig große Mengen verarbeitet werden müssen. Denn nur, wenn es schnell geht, wenn sofort abgefahren werden kann – nur dann sind hohe Preise möglich“, ist Langs Überlegung dazu.

Außerdem erkennt Lang die Notwendigkeit, „nicht nur hochproduktiv, sondern insbesondere mit maximaler Ausbeute einzuschneiden“. Das ergab eine weitere Vorgabe für die neue Sägelinie. Die Anlagenkomponenten errechnen anhand der Messdaten eine wertbasierte Vollauswertung für Haupt- und Seitenware. Die volumenmäßige Mehrausbeute soll bei 4 % liegen. Das würde laut Holzkurier-Schätzung eine Ausbeute von bis zu 59 % Brettware bedeuten.

Vom Schwachholzexperten zum Universalisten

Bisher war Wilburgstetten als Schwachholzverarbeiter bekannt: 1969 wurde hier das erste Schwachholzsägewerk Deutschlands errichtet. Künftig muss man den Waldbesitzern aber „alles“ abnehmen können. Entsprechend ist das Spektrum des verarbeitbaren Rundholzes deutlich größer: Die Linck-Profilierlinie VM50 schafft den vollflexiblen Einschnitt von Blochen mit Zopfdurchmessern von 90 bis 550 mm und Stammlängen von 2,4 bis 6,2 m.

Lang ist zuversichtlich, dass auch in den Folgejahren das Rundholzaufkommen in Zentraleuropa auskömmlich sein werde. Im Umkreis von 200 km finden sich die größten Fichtenbestände Bayerns und Baden-Württembergs. Und: Die Versorgung wird künftig dadurch erleichtert, dass man mit der Kiefer eine weitere Holzart hinzunehmen wird. Dass ab sofort mehr Menge und mehr Holzarten verarbeitet werden, freute bei der Eröffnung auch die bayerische Forstministerin Michaela Kaniber, „schließlich ist Bayern das deutsche Waldland Nummer 1“.

Neue Arbeitsqualität für Mitarbeiter

„Die Mitarbeiter sind entscheidend für unseren Erfolg. Ihnen können wir nun deutlich ergonomischere Arbeitsplätze bieten“, sprach Lang, während im Video der hypermoderne Linck-Bedienstand gezeigt wurde. Weniger Staub, Lärm, Vibrationen etc. wurden als weitere Features angeführt.

24 Monate vergingen nur von Planung bis zum Start des vollflexiblen Einschnitts des Sägewerkes Ende April. Bis zu 170 m/min wird frequenzgesteuert eingeschnitten. Die Linie hat bereits am Sägewerkseingang hinter den beiden Springer-Stammaufgaben ein Highlight: Hier analysiert die Microtec-3D-Eingangsmessung jedes Bloch. Die Linck-Log Motion Control sorgt für nahezu 100 %ige Eindrehgenauigkeit. Nach entsprechenden Stammdaten werden die Bloche während des Eindrehprozesses erneut vermessen und – wenn notwendig – in der Position korrigiert. Jeder Stamm wird vor dem ersten VM50 Spaner nach dem besten Optimierungsergebnis eingedreht.

Außerdem kann je nach Einschnitt eine optimierte Stammlücke erreicht werden. „Die Anlage ist so flexibel, dass Rettenmeier unsortiert einschneiden könnte“, heißt es seitens des Linck-Projektleiters Thomas Schäfer.

Exakte Positionierung

Das Model wird durch die Mechanisierung so positioniert, dass der bogenfolgende Einschnitt samt Diagonalausrichtung gemäß den kalkulierten Optimierungsergebnissen durchgeführt werden kann.Im Anschluss folgt der zweite VM50-Spaner. Um auch im Nachschnitt die maximale Ausbeute zu erreichen, wird durch eine weitere Kantlingsmessung direkt nach dem Spaner eine entsprechende Flächenoptimierung und Bogenmessung durchgeführt.

Bewegungskompensation bis konische Brettware

Die weitere Modelbearbeitung sowie die Seitenwarenabtrennung erfolgen an zwei Profilieraggregaten des Typs VPM 450-N. Auch hier sind sämtliche Features installiert, die Linck im Programm hat: Diagonales Fräsen, Erzeugung konischer Brettware und asymmetrischer Einschnitt sind möglich. „Durch das neuartige Design der Profiliereinheiten kann das alles noch ausrissfrei erzeugt werden“, erklärt Schäfer.

Um einen schnellen Werkzeugwechsel während der Produktion zu ermöglichen, wurden ein besonders langer Grundrahmen und Schottwände entwickelt.

Acht Seitenbretter

Für die finale Bearbeitung sorgt die Doppelwellen-Nachschnittsäge CSMK325. Diese erzeugt bis zu 320 mm breite Seitenware. Bei Rettenmeier ist erstmalig der Prototyp des neuen Seitenbrettseparierers SEL im Einsatz. „Es gibt nur geringfügige Limitierungen der Dimensionen und bei unsortiertem Einschnitt können durch die einzelnen Vorschubeinheiten kleinste Stammlücken generiert werden“, erklärt Schäfer. Optional verwendbar ist am Linienende noch eine Horizontalsäge eingebaut. Es handelt sich um eine KH1/HKM230-A1 mit einer verstellbaren Säge.

In Wilburgstetten gibt es noch Hobelwerke, Imprägnierung sowie zwei Biomasse-KWK. In Hirschberg produziert die Rettenmeier-Gruppe bei einem Einschnitt von 800.000 fm 150.000 m3/J KVH. In Ramstein beträgt der Einschnitt jeweils 600.000 fm/J und in der Slowakei und in Lettland jeweils 700.000 fm/J.

Im Laufe des Jahres wird es noch weitere Artikel zum Neustart in Wilburgstetten im Holzkurier geben.