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Archivbild © Martina Nöstler

Russland

Lose-lose-Situation für alle außer China

Ein Artikel von Gerd Ebner | 18.03.2022 - 08:51
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Alexander Aleksin, VLP Group

„Die EU braucht russisches Schnittholz. Als im Vorjahr Ware fehlte, steigerte Russland die Lieferungen um 20 % auf nunmehr 4,5 Mio. m3“, zeigt Aleksin die Größenordnung auf.

„Wir beliefern seit Jahrzehnten europäische Verarbeiter, die russische Rohware benötigen. Sollte die EU Schnittholzeinfuhrstopps beschließen, wird es für diese Kunden schwer, dies zu kompensieren.“

China könnte EU-Mengen erhalten

Aleksin sieht die europäischen Schnittholzpreise in Richtung 600 €/m3 wandern, „wenn die russische Ware nach China und die ukrainische gar nicht mehr kommt“. Alle Länder – mit Ausnahme Chinas – wären in einer Lose-lose-Situation.

„Im Falle weiterer Strafmaßnahmen werden wir uns zwangsweise nach Osten orientieren müssen – dafür haben wir die Eisenbahnverbindungen und Häfen. Ich gehe davon aus, dass es mittelfristig zu einem Schnittholzüberangebot in China kommen wird“, so Aleksin. Was für Fichte und Kiefer gelte, sei umso mehr für Sibirische Lärche zutreffend: „China wird alles kaufen – und zwar immer zum tiefstmöglichen Preis.“

Bei Embargos müssen wir uns zwangsweise nach Osten orientieren – China ist der große Profiteur.


Alexander Aleksin, VLP

Jetziger Exportstopp belanglos

Den von Russland bereits veranlassten „Holzexportstopp bis Ende 2022“ sieht Aleksin gelassen: „Im Wesentlichen handelt es sich um Zellstoff und Birkenfurnierholz sowie um Hackgut. Finnland hat schon früher aufgehört, dieses Sortiment zu kaufen.“

Ebenso relativiert Aleksin die Ankündigung der russischen Regierung, ausländische Unternehmen zu enteignen, wenn sie die Produktion abstellen. „Es wird sicherlich niemand enteignet, nur weil er aufgrund von Logistikschwierigkeiten oder Rohwarenverknappung abstellen muss. Es sollen nur die Unternehmen getroffen werden, die Russland permanent verlassen wollen.“

Der Exportstopp wird sich aber auf die Holzernte im Nordwesten Russlands auswirken, sagt Aleksin voraus. „Wenn weniger Laubholz geerntet wird, wird auch weniger Nadelrundholz aus den Wäldern kommen.“

Die Wintererntesaison ist vor zehn Tagen beendet worden. Aleksin geht davon aus, dass die Sägewerke, die zu westeuropäischen Holzindustrien gehören, kaum noch Rundholz kaufen werden – aufgrund der unsicheren Situation. Fünf solche Werke gibt es im Nordwesten Russlands mit zumindest 2 Mio. fm Jahresbedarf. Der Rundholzpreis wäre mittlerweile auf das Niveau von 2019 zurückgefallen.

Keine Schiffe kommen – De-facto-Bann

Der Hafen von St. Petersburg wird von internationalen Reedereien kaum noch angefahren. Aleksin spricht von einem De-facto-Bann. Sein Unternehmen verschifft jedoch nach wie vor Container über die Fernostverbindung von Wladiwostok nach China und prüft Möglichkeiten für den Versand von Waren auf andere Überseemärkte.

VLP liefert rund 15 % seines Schnittholzes nach Ägypten. Dorthin ist ebenfalls der Transport das größte Problem. Wenn St. Petersburg auf Break Bulk umstellt, könnte VLP weiter liefern. Die Verschiffung über die Schwarzmeerhäfen wäre die zweite Möglichkeit.

So oder so – China wird am Holzmarkt der größte Profiteur sein. Zwar gab es im Vorjahr Probleme im Eisenbahnverkehr mit Opentop-Waggons – das habe sich aber mittlerweile gelöst, glaubt Aleksin.

Schnittholzwaggons stehen irgendwo

Mehrere mitteleuropäische Importeure von Sibirischer Lärche beklagen, dass Waggons mit ihrer Ware irgendwo auf den 6000 km Anreise abgestellt wurden. „Momentan haben Lebensmittel und Medikamente Vorfahrt auf der Bahn“, erklärt Aleksin. „So lange die EU kein Handelsembargo verhängt, wird die Ware kommen.“

Die VLP-Sägewerke schneiden mit SAB- und USNR-Linien.

„Wir wissen nicht, wie wir künftig mit Ersatzteilen versorgt werden. Aber schon jetzt müssen wir uns auf eigene Blattbehandlung einstellen. Aber: Wo ein Bedarf ist, wird auch Angebot entstehen“, verweist Aleksin auf russische Flexibilität.

Russisches Sperrholz unersetzlich

Ein Produkt, das sich nirgends am Weltmarkt ersetzen lässt, ist aus Sicht Aleksins Birkensperrholz. „2 Mio. m3/J sind eine Menge. Speziell der Automobilindustrie wird es fehlen.“

VLP Group, JSC

Einschnitt: 840.000 fm/J
Nadelschnittholz-Produktion:  410.000 m3/J
Pellets: 30.000 t/J
Holzeinschlag: 1,6 Mio. fm/J
Waldfläche: 1 Mio. ha (gepachtet)
Mitarbeiter: 2000