Kommentar

US-Markt kühlt sich ab

Ein Artikel von Russ Taylor | 04.08.2022 - 07:46
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Russ Taylor

Die US-amerikanischen Schnittholzpreise (auf der Grundlage von W-SPF 2x4 #2&Better, beliebige Längen, FOB BC Mill) erreichten Mitte März mit 1400 US-$/1000 bft (895 €/m³) ihren Jahreshöchststand und lagen Mitte Juni mit 555 US-$/1000 bft (355 €/m³) auf ihrem Tiefststand – ein Einbruch von 60 % in drei Monaten. Die Preise stiegen dann an und kletterten Mitte bis Ende Juli auf ein Zwischenhoch von 670 US-$/1000 bft (428 €/m³), begannen aber Ende Juli, wieder zu fallen. Die Frage, die sich viele stellen, lautet: Wie werden sich die US-Holzpreise im restlichen Jahresverlauf entwickeln? 

Ich habe mich bereits im Mai mit dieser Frage befasst und die Vermutung geäußert, dass die W-SPF-Preise bis Ende August oder Anfang September in den mittleren 500 US-$-Bereich (350 €/m³; etwa 440 €/m³, geliefert an der US-Ostküste) zurückfallen würden. Ironischerweise liegen die US-Holzpreise an den Lumber Futures Mitte September genau auf diesem Niveau (Stand: Ende Juli, zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts). Mit Blick auf die Zukunft können die Aussichten für die US-Holzpreise sowohl positive als auch negative Aspekte enthalten, was ihre Entwicklung in den nächsten drei bis fünf Monaten betrifft. 

Positiv

  • In den USA besteht ein großer Wohnungsmangel (1,5 bis 4 Millionen Einheiten), der behoben werden muss.
  • Millennials kommen in das Alter, in dem sie am liebsten ein Haus kaufen würden.
  • US-Eigentümer haben ein hohes Eigenkapital in ihren Häusern. Angesichts des alten US-Wohnungsbestands (ein Rekordwert von etwa 42 Jahren für das durchschnittliche Haus) können es sich die Eigentümer leisten, mehr Reparatur- und Renovierungsarbeiten durchzuführen.
  • Es gibt immer noch Probleme in der Versorgungskette, Schwierigkeiten beim Bahn- und Lkw-Transport und ein knappes Angebot an nordamerikanischem Schnittholz, die dazu beitragen, dass die Holzbestände vor Ort niedrig bleiben.
  • Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, sodass Hausbesitzer stabile oder bessere Beschäftigungsmöglichkeiten haben, um Hypotheken und Renovierungen zu finanzieren.
  • Viele Sägewerke in BC (15 % des nordamerikanischen Angebots) arbeiten aufgrund der schlechten Transport-/Logistikverfügbarkeit nach wie vor nur in drei bis vier Schichten pro Woche und sehen sich aufgrund der staatlichen Holzabgaben mit den höchsten Produktionskosten in Nordamerika konfrontiert (schätzungsweise über 600 US-$/1000 bft; 385 €/m³, FOB-Werk).
  • Die oben genannten Faktoren deuten darauf hin, dass die Nachfrage bis zum Jahresende bei einem begrenzten Angebot stabil bleiben könnte. 

Negativ

  • Die US-Wohnungsbaubeginne fielen im Juni 2022 gegenüber dem Vormonat um 2 % auf eine annualisierte Rate von 1,56 Millionen Einheiten, den niedrigsten Stand seit September 2021 und deutlich unter dem Höchststand von 1,81 Millionen Einheiten im April 2022. Es wird nun erwartet, dass die annualisierten monatlichen Wohnungsbaubeginne bis Ende 2022 auf etwa 1,5 Millionen Einheiten (oder weniger) sinken werden, da der zunehmende Gegenwind die Wohnungsnachfrage und den Wohnungsbau verringern wird.
  • Steigende Inflation und steigende Hypothekenzinsen veranlassen die Menschen dazu, den Hauskauf zu verschieben oder zu stornieren. Das betrifft in immer mehr Fällen auch Reparatur- und Umbauprojekte.
  • Das Vertrauen der Bauherren und Verbraucher sinkt. Der NAHB/Wells Fargo Housing Market Index ist sieben Monate in Folge gesunken.
  • Die Preise für bestehende Häuser in den USA steigen nach wie vor, obwohl die Zahl der Hausverkäufe jetzt rasch sinkt und die Lagerbestände an bestehenden Häusern steigen (was auf einen weiteren Rückgang der Verkäufe und schließlich der Hauspreise hindeutet).
  • Die Einfuhrsteuer von 18 % auf kanadische Holzlieferungen in die USA treibt die Verbraucherpreise für Holz unnötig in die Höhe und trägt zur Inflation bei.
  • Und andere Nachrichten aus dem Immobilien- und Wirtschaftsbereich deuten auf eine Verlangsamung des US-Marktes für den Rest des Jahres 2022 und bis ins Jahr 2023 hinein hin.

Aus diesen beiden gegensätzlichen Kräften ergeben sich zahlreiche Szenarien und Risiken für den US-Markt in der Zukunft. Angesichts der viel höheren Rundholzkosten in Mitteleuropa und der Aussicht auf eine geringere Nachfrage und niedrigere Preise in den USA müssen die europäischen Exporteure bei ihren Verkaufsstrategien für den US-Markt vorsichtiger sein. Ich gehe jedoch davon aus, dass die US-Preise im 4. Quartal leicht ansteigen werden, bevor die tatsächlichen Auswirkungen einer möglichen US-Rezession (die auf eine zuerst in Europa erwartete Rezession folgen wird) wahrscheinlich im 1. Quartal 2023 eintreten. Machen Sie sich auf mehr Unsicherheit und Volatilität gefasst!

Kommentar für den Holzkurier von Russ Taylor, Präsident von Russ Taylor Global, Vancouver/CA; www.russtaylorglobal.com