SÄGEWERK DES JAHRES 2023/SEIDL HOLZ

Weg der kleinen, vernünftigen Schritte 

Ein Artikel von Gerd Ebner | 22.12.2022 - 17:44
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Wolfgang Seidl am Bedienstuhl der neuen HIT-Nachschnitt- und Besäumanlage, die seit September läuft © Holzkurier.com

„Nur 1 % unseres Umsatzes machen wir in Österreich, hingegen je 50 % in Deutschland und Italien. Ungarn ist je nach Marktlage ein weiterer Markt für uns“, erläutert Wolfgang Seidl, der 39-jährige Neffe und designierter Nachfolger des Eigentümers, Gerhard Seidl. Dachlatten sowie Bauware für Italien sind neben Verpackungsware die Hauptprodukte des Waldviertler Unternehmens aus St. Martin. „Zwischen diesen Sortimenten können wir flexibel switchen – je nach Rundholzangebot und Marktlage“, erläutert Wolfgang Seidl.

Deutlich variablere, deutlich größere Schnitthöhen

Der jüngste Investitionsschritt ist eine vollautomatische Nachschnittsäge NSM 250 von H.I.T., die man im September in Betrieb nahm. Mit dieser kann man effektiv auch stärkere Model nachschneiden. „Mit der alten Nachschnittsäge schafften wir nur 160 mm Schnitthöhe. Jetzt sind wir bei 250 mm“, sagt Seidl und freut sich über die neuen Möglichkeiten. So ist nun ein siebenstielig variabler Einschnitt möglich.

„Bisher war der Nachschnitt ein Nadelöhr. Für viele Produkte rechnet sich das aufwendige Umspannen nicht. Mit der NSM sind wir extrem variabel und können deutlich mehr Sortimente effizient erzeugen. Speziell bei Palettenholz gab es bisher viel zum Umspannen. Dielen mussten wir liegend schneiden und selbst dann waren nur die äußeren Pfosten perfekt. All diese Kompromisse fallen jetzt weg“, erklärt Seidl. Da die bisherige Anlage weiterhin voll genutzt werden kann, erhöht sich die Flexibilität zusätzlich.

Heute Lattenauftrag erhalten, morgen schneiden

Verkauft wird über Makler. Entsprechend ist die Produktion auf deren Aufträge ausgerichtet. Als der Holzkurier das Unternehmen besuchte, arbeitete man nach dem Esterer-Gatter mit der älteren Nachschnittsäge, weil man spontan einen Lattenauftrag aus Deutschland hereinbekam.

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Maria Seidl an der Paketier- und Bündelstation © Holzkurier.com

Für diese Einschnittart reicht die bisherige Anlagenkonstellation. S10-Latten werden dann an der TC Maschinenbau-Paketier- und -Bündelstation für den Versand vorbereitet. Hier arbeitet die „Chef-S10-Sortiererin“, Maria Seidl.

Sägen mitten im Ort

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Eigentümer Gerhard Seidl  im Volvo-Radlader © Holzkurier.com

Die fertigen Lattenstapel bringt Sägewerksbesitzer Gerhard Seidl mit seinem Volvo-Radlader zu den Mühlböck-Trockenkammern. Dabei befährt man kurz die Ortsstraße von St. Martin, denn das Sägewerk befindet sich faktisch mitten im Ort. Am Weg zu den Trockenkammern kommt man am Büro vorbei, wo Marianne Seidl das Administrative erledigt. Sie ist die Frau von Gerhard Seidl.

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Josef Seidl bringt Rundholz an die Sägewerksaufgabe © Holzkurier.com

Den Liebherr-Radlader, der das Sägewerk mit Rundholz versorgt, steuert Wolfgangs Vater, Josef Seidl. Obwohl schon in Pension, hilft er immer wieder mit. Beim Holzkurier-Besuch bringt er Rundholz zum Gatter. Dort sitzt sein Bruder Reinhard. Mehr Familienbetrieb geht kaum.

Nachschnittsäge, Entsorgung und Schärfraum sind neu

Die Investition in die vollautomatische Nachschnittanlage war die erste Großinvestition seit 2015, als man die Heizung und die Trocknung erneuerte. Im Zuge dessen wurde heuer auch die Entsorgung von Rudnick & Enners modernisiert. „Räumlich ergab es sich perfekt, auch den Schärfraum zu erneuern“, erzählt Wolfgang Seidl weiter. Die Vollmer-Anlage bedient Onkel Herbert Seidl.

Derzeit wird noch eine PV-Anlage installiert, dann wird ein Teil des Strombedarfs selber gedeckt.

Rekordpreise nicht gut

Nach Deutschland liefert man „alles rund ums Dach“. Dieses Geschäft baute sich Seidl Holz schon in den 1990er-Jahren auf. Den Boom bei den S10-Dachlatten im Vorjahr nahm man mit. „Auf den Hype folgte aber nichts Gutes. Der Bedarf brach bei den Rekordpreisen abrupt ab“, blickt Wolfgang Seidl zurück.

So wie sich die Absatzmärkte verändern, variiert auch der Rundholzmarkt. „Derzeit kommt kein Rundholz. Der Privatwald hat das Sollbudget erreicht – ebenso ist es in den tschechischen Wäldern.Der Einschlag steht derzeit“, plaudert Seidl aus der Praxis.

Für 2023 sagt er voraus: „Rundholz bleibt teuer – und trotzdem kommt für meinen Geschmack zu wenig gutes Holz. Beim Schnittholz gibt es allerdings Sortimente, wo der Preis wieder auf Vor-Corona-Niveau liegt.“