Sie verarbeiten mehr als 200.000 fm/J Rundholz. Wie bewerten Sie die Versorgungslage in Ihrer Region?
Wir zahlen in Nordrhein-Westfalen die mitunter höchsten Rundholzpreise in ganz Deutschland. Die Käferkalamitäten der vergangenen Jahre haben mit unseren bewährten Versorgungsregionen Eifel und Westerwald kurzen Prozess gemacht. Um unsere Säge auszulasten, müssen wir für einzelne Sortimente weit über die Grenzen von NRW hinausblicken. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die Großsäger in dieser Region sich das Holz nicht mehr vor der Nase wegkaufen lassen – auch, wenn es nicht die idealen Dimensionen und Qualitäten für ihre Produktion sind.
Kommt Ihnen die Nähe zu Belgien und Frankreich zugute?
Nur bedingt. In Belgien kauft man Rundholz in Flächenlosen auf dem Stock. Fehlt es an genügend Rohstoff am Markt, treibt dies die Lospreise bei den Versteigerungen nach oben. Ein riskantes Unterfangen, zumal man sowohl Qualitäten als auch Mengen meist nur schätzen kann. Zudem ist man auch für die Ernte und den Transport selbst verantwortlich. In Frankreich hingegen gehen die größten Mengen an lokale Säger.
Mit einer aktiven Waldbewirtschaftung und einem gezielten Risikoflächenmanagement hätten wir auch in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten kein Rohstoffversorgungsproblem.
© Raphael Kerschbaumer
Mussten Sie aufgrund fehlender Rundholzversorgung bereits reduzieren oder Schichten aus der Produktion nehmen?
Glücklicherweise noch nicht. Bisweilen konnten wir unsere Zweischicht-Produktion stets aufrechterhalten. Zudem sind alle Fixkosten auf den vollen Betrieb kalkuliert. Die Hemmschwelle, Kapazitäten rauszunehmen, ist für Unternehmen wie uns sehr hoch. Vor allem im ersten Halbjahr 2024 arbeiteten wir defizitär. Auf lange Sicht kann das kein Betrieb mitmachen. Die Schere zwischen Rundholzpreisen und Schnittholzerlösen war phasenweise nicht ungünstig, sondern richtig geschäftsschädigend.
Überschattet die Rundholzthematik alles andere?
In gewisser Weise ja. Vor wenigen Jahren hat noch jeder über das Personal gesprochen. Dieses Thema ist jetzt angesichts der Rohstofflage etwas in den Hintergrund gerückt. Bei zu wenig Holz auf der Säge lösen sich die Personalsorgen quasi von selbst.
Haben sie bezogen auf die eigene Versorgung auch andere Anpassungen getroffen, abseits einer großzügigen Radiuserweiterung beim Einkauf?
Unsere Devise lautet seit einigen Jahren „Hauptsache Nadelholz“. Sobald ein Baum Nadeln hat, wird er für uns interessant. Gleich, ob Fichte, Kiefer, Lärche oder neuerdings auch Küstentanne. Zudem haben wir unseren Betrieb vor wenigen Jahren um eine Kurzholzaufgabe erweitert und äußerst sortiments- und dimensionsvariabel aufgestellt. Wir kaufen beispielsweise auch laufend 11,8 m Containerlängen, wenn irgendwo einer abspringt.
Können Sie diese „Spezialsortimente“ auch am Markt unterbringen?
Teilweise. Wir müssen uns in Mitteleuropa stückweise davon verabschieden, dass konstruktive Produkte nur aus Fichtenholz bestehen. KVH oder Leimbinder aus beispielsweise Kiefer tropfen nur ganz langsam in den Markt. Spätestens jedoch, wenn ich für Kiefer den gleichen Preis wie für Fichte bezahle, müssen wir damit beginnen, hochwertigere Produkte daraus herzustellen. Bei anderen Holzarten, wie der Küstentanne, fehlt es jedoch noch an grundlegenden Vorgaben und Normen. Hier ist die Politik dringend gefordert. Wenn wir den Holzbau weiter voranbringen wollen, braucht es einen gesicherten rechtlichen Rahmen, der über die etablierten Nadelhölzer hinausragt.
War oder ist Laubholz für Sie keine Option?
Wir haben mit dem Thema nur kurz geliebäugelt. Hier in unserer Region fehlt es jedoch an beidem: sägefähigem Nadel- und Laubrundholz. Das wäre für uns eine riesige Investition ohne entsprechenden Mehrwert. Das ist in anderen Regionen Deutschlands aber bestimmt anders.
Glauben Sie, dass sich die Schnittholzpreise mittelfristig wieder erholen und auf einem konstanten Niveau einpendeln werden?
Wir gehen davon aus, dass die Rundholzpreise ihr Niveau halten werden. Allein schon aufgrund der Verfügbarkeit. Bei den Schnittholzpreisen konnten wir zuletzt wieder eine Erholung beobachten, müssen aber auch feststellen, dass wir noch immer auf einem Käufermarkt agieren. Einige Großhändler sind noch mit billiger Ware aus dem Vorjahr bevorratet. Es fehlt nicht viel – für einen weiteren Aufschwung müssen aber Lager geleert werden und die Baubranche muss wieder ins Rollen kommen. Beginnend mit dem 2. Quartal rechnen wir jedoch mit einem weiteren Auftrieb.
Wird sich das Thema Rundholzversorgung in Zukunft lösen lassen?
Ich bin der Überzeugung, dass wir in Deutschland auch in Zukunft kein Versorgungsproblem hätten, wenn wir mit einer guten Politik und Strategie im Rücken aktiv Waldumbau betreiben würden. Die Fichte wird in den kommenden Jahren massiv abnehmen und an vielen Standorten nicht mehr überlebensfähig sein. Bis dahin gilt es jedoch, die vorhandenen Bestände aktiv zu nutzen, damit wir nicht auch noch die letzten verbliebenen Wälder dem Borkenkäfer überlassen. Eine gelungene Kombination aus Risikoflächenumbau und Regeleinschlag würde für Stabilität und Klarheit am Markt sorgen. Damit könnten auch die verarbeitenden Unternehmen kalkulieren und sich auf den Rohstoff einstellen. Bei klarem Weg und Richtung hat auch die Industrie genügend Zeit, sich umzubauen und nach Alternativen zu forschen.
Werden wir angesichts der Rohstoffsituation unsere Holzbauquoten auch in Zukunft weiter steigern können?
In Deutschland, ja. Global, mit bestehenden Nadelholzkonzepten sicherlich schwierig. Derzeit gehen riesige Holzmengen in den Export. Solange das wirtschaftlich sinnvoll ist, wird das auch in Zukunft nicht abreissen. Den Rohstoff für einen flächendeckenden Zuwachs der Holzbauquoten hätten wir jedoch ohne Probleme im Land, auch wenn wir damit rechnen müssen, dass in Zukunft Versorgungslücken entstehen. Eine Steigerung der Holzbauquote würde gleichzeitig die Innovationsbereitschaft der Branche immens fördern. Wenn beispielsweise 50 % der Baubranche vom Holz abhängig wären, würde dies gewaltige Ressourcen öffnen. Bei den derzeitigen Anteilen interessiert es innerhalb der riesigen Baulobby nahezu niemanden, wenn uns „Hölzernen“ die Fichte wegstirbt.
Wo sehen Sie Ihren Betrieb in Zukunft?
Ich glaube nicht, dass ich in drei, vier Jahrzehnten einen Nadelholzbetrieb mit einer Einschnittleistung von 200.000 fm/J übergeben kann. Dafür wird in der Region schlicht das Rundholz fehlen. Wir haben deshalb schon vor einigen Jahren damit begonnen, den Betrieb in Richtung Weiterverarbeitung aufzustellen. Neben einer neuen Hobelanlage betreiben wir mittlerweile drei Abbundanlagen und sind zu einem wichtigen Partner für die Betriebe in der Region und darüber hinaus gewachsen. Würde ich jedoch von vorne anfangen und mein Sägewerk heute an diesem Standort neu aufbauen? Vermutlich nicht mit dem gleichen Konzept.
Gebrüder Eigelshoven
Geschäftsführung: Rolf, Frank und Chris Eigelshoven, Carolin Eigelshoven-Lauel sowie Felix Lauel
Standort: Würselen/DE
Einschnitt: 225.000 fm/J
Leistungen: Schnittholz, Handelsware, Hobelwerk und Abbundzentrum
Märkte: 70 % Export; vor allem Frankreich, Belgien, Niederlande, UK, Irland