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Insolvenzen in Deutschland im 1. Halbjahr 2020, aufgeteilt nach Branchen
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Deutschland

Sinkende Insolvenzzahlen verschleiern tatsächliche Lage der Unternehmen

Ein Artikel von Ulrike Knaus (für holzkurier.com bearbeitet) | 15.06.2020 - 13:45
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Entwicklung der Insolvenzen in Deutschland von 2015 bis zum 1. Halbjahr 2020
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Das Insolvenzgeschehen als Messinstrument der ökonomischen Entwicklung hat sich laut Creditreform durch die Coronakrise von der tatsächlichen Situation der deutschen Unternehmen entkoppelt. Ursächlich dafür dürften vor allem die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen in der Krise sein. Die tatsächlich eingetretene Abnahme der Insolvenzen zeigt nun deutlich, dass der beabsichtigte Effekt der Maßnahmen zwar einerseits erreicht, jedoch zugleich insoweit verfehlt wurde, da auch Unternehmen vorläufig der Insolvenz entgangen sind, die – hätte es die Coronapandemie nicht gegeben – den Gang zum Insolvenzgericht angetreten hätten.

Insolvenzwelle nur verschoben

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Unternehmensinsolvenzen in Deutschland von Januar bis Juni 2020
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Die Creditreform Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass sich mit dem Auslaufen der bis September 2020 befristeten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht die Zahl der Verfahren erheblich erhöhen werde. Eine solche Insolvenzwelle wäre nur zu verhindern, wenn es den betroffenen Unternehmen gelingen würde, bis zu diesem Zeitpunkt die Krisenfolgen zu überwinden und sich wieder zu stabilisieren. Ein solch positives Szenario ist in Anbetracht der Schwere der Rezession laut Creditreform zu bezweifeln.

Die Gläubigerschäden beliefen sich im Zeitraum von Januar bis Juni in Deutschland auf rund 12 Mrd. €, wobei jeder Insolvenzfall die Gläubiger im Schnitt mehr als 1,3 Mio. € kostet. Das ist der höchste Wert der vergangenen Jahre und hängt mit der Zunahme größerer Unternehmenskonkurse zusammen. In den ersten sechs Monaten verringerte sich die Zahl der Privatinsolvenzen um 6,4% auf 30.800 (1. Halbjahr: 2019: 32.920).

Bei Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe gab es aufgrund der seit 2018 begonnenen Konjunkturschwäche keinen Rückgang der Insolvenzen (1. Halbjahr: 2019/2020: jeweils 710 Fälle). In den übrigen Wirtschaftssektoren verringerten sich die Insolvenzzahlen dagegen deutlich: Im Baugewerbe um 9,4% auf 1.260 Fälle und im Handel um 10,2% auf noch 1.840 Insolvenzen in Deutschland.