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Österreich

Insolvenzen insgesamt rückläufig

Ein Artikel von Martina Nöstler (für holzkurier.com bearbeitet) | 05.01.2022 - 08:22

Laut dem Gläubigerschutzverband Creditreform ist die Gesamtzahl an Unternehmensinsolvenzen 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 1% zurückgegangen. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist gegenüber 2020 allerdings um 12,3% auf 2078 gestiegen. Allein im 4. Quartal 2021 waren es im Vergleich zum 4. Quartal 2020 +174%. Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer führt dies auf das Auslaufen der Stundungen durch die Gebietskrankenkasse und Finanzämter sowie die vermehrte Antragstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese Institutionen zurück. Dazu komme, dass viele Unternehmer durch die volatile, stark verunsichernde Pandemiesituation, in der eine betriebswirtschaftliche Planbarkeit erschwert wird, die Reißleine gezogen hätten, heißt es. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzverfahren gingen um 20,5% auf 998 zurück.

Im Bundesländervergleich gab es die stärksten Anstiege in Niederösterreich (+11%) und Wien (+5,4%), die größten Rückgänge in Vorarlberg (–30,1%) und Kärnten (–23%). Im Branchenvergleich stiegen die Insolvenzen am stärksten im Transportwesen (+19,7%), Handel (+4%) und Bauwesen (+3,4%). Rückläufig waren diese etwa im Tourismus (–13,3%).

Die Insolvenzursachen liegen generell in Managementfehlern, im Wettbewerb (Preiskampf, sinkende Margen) sowie im Mangel an Kapital und damit konkret in Problemen bei der Rückzahlung der gestundeten Abgaben und Steuern. Da es nur wenige Großinsolvenzen gab, sind die Insolvenzpassiva (rund 1,1 Mrd. €) und die betroffenen Arbeitsplätze (etwa 8800) stark rückläufig.

Seit dem Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 gingen die Unternehmensinsolvenzen auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren zurück: Es ist das viel zitierte Paradoxon von fallenden Insolvenzzahlen mitten in der größten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg. Seit dem 3. Quartal beziehungsweise 4. Quartal 2021 komme es zu einer „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens, also zum Abbau der aufgestauten, nur durch die Hilfsmaßnahmen durchgetragenen, de facto insolventen Unternehmen, informiert Creditreform. Vor allem der Wegfall der staatlich verordneten Abgaben- und Steuerstundungen seit 1. Juli und die Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht haben ihren Beitrag dazu geleistet.

Waren in den Jahren vor der Coronapandemie immer rund 5500 Unternehmen insolvent, so ist der Rückgang um mehr als jeweils 2000 Fälle in den vergangenen beiden Jahren untypisch. Creditreform hat von Univ.-Prof. Walter Schwaiger von der TU Wien die Ausfallsrisiken der Unternehmen durch den sogenannten Verhinderungseffekt – Insolvenzen, die durch die staatlichen Maßnahmen verhindert wurden – errechnen lassen. Schwaiger schätzt, dass etwa 2500 Unternehmen insolvenzgefährdet sind. Verstärkt wird die Insolvenzgefährdung durch derzeit nicht einschätzbare Entwicklungen in der Pandemiebekämpfung sowie weitere wirtschaftliche Unsicherheiten, wie Inflation/Preisdruck, Fachkräftemangel und Mehrkosten durch die Klimapolitik. Das werden zuerst die Kleinst- und Kleinunternehmen zu spüren bekommen.