VOIGT+WIPP ENGINEERS

Potenziale nicht nur finden, sondern nutzen

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 22.02.2023 - 10:06
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Fossiler Ausstieg:  Mit den in den kommenden Wochen installierten PV-Modulen will man zukünftig zu 100 % energieautark arbeiten © Raphael Kerschbaumer

Vor knapp 20 Jahren wurde in Innerratschings, einer kleinen tourismusgeprägten Südtiroler Ortschaft, die Idee geboren, nachhaltige Fernwärme aus Biomasse zu produzieren. Nach Betriebsbesichtigungen im In- und Ausland machte sich ein Team rund um Erwin Schölzhorn sogleich an die Umsetzung des Millionenprojekts. „Unser Ziel war es von Beginn an, nachhaltige und leistbare Wärme für unsere Bewohner und Unternehmer zu produzieren. Mit der Umsetzung des Projekts Fernheizwerk Innerratschings ist uns das auch in stolzer Weise gelungen“, erzählt Schölzhorn.

Die Grabungsarbeiten für die Fernwärmeleitungen mit einer Gesamtlänge von nur rund 4 km und der Bau des Kesselhauses begannen im Frühjahr 2006. „Der Standort unseres Fernheizwerkes ist optimal. Mit den Hotelbetrieben sind alle Großabnehmer (Anmerkungen: Die Hotelbetriebe sind allein für rund 80 % der benötigten Wärme verantwortlich) in unmittelbarer Umgebung. Der Leitungsverlust ist somit minimal“, erklärt der Präsident des Heizwerks.

Start nach Plan

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Übersichtlich und leicht verständlich: Erwin Schölzhorn kann in der Kesselübersicht von Voigt+Wipp alle wichtigen Werte, Zahlen und Leistungsdaten auf einen Blick schnell und einfach erkennen © Raphael Kerschbaumer

Bereits wenige Monate nach Baustart konnte noch im November, rechtzeitig vor dem Wintereinbruch mit der Wärmelieferung gestartet werden. Mit einer thermischen Leistung von 1200 kW versorgt der Heizkessel rund 40 Haushalte und fünf Hotelbetriebe mit knapp 1000 Betten mit nachhaltiger Wärme aus Biomasse. Die dafür benötigten rund 6000 Srm Hackgut stammen fast ausschließlich aus den Wäldern der Gemeinde und substituieren mehr als eine halbe Million Liter Heizöl pro Jahr.

„Ein notwendiger Schritt“

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Maximale Effizienz durch gleichmäßige Feuerführung: Der Heizkessel arbeitet seit der Umstellung spürbar besser © Raphael Kerschbaumer

„Wir sind mit unserem Heizkraftwerk bereits an die Leistungsobergrenze gekommen. Um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten und weiter genügend nachhaltige Wärme zu produzieren, mussten wir weiter investieren“, teilt Schölzhorn mit. Aus diesem Grund installierte man bereits vor zwei Jahren eine Rauchgaskondensationsanlage zur Wärmerückgewinnung. Die gewonnene Wärme aus den Abgasen sorgt für Effizienzsteigerungen zwischen 5 und 10%. Schnell wurde den Verantwortlichen jedoch klar, dass weitere Schritte notwendig sein würden.

Potenzialstudie überzeugte

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Nachhaltige Wärmeproduktion: Durch Voigt+Wipp intelligent gesteuert, liefert das Fernheizwerk die benötigte Wärme für rund 40 Haushalte und Hotellerie mit knapp 1000 Betten © Raphael Kerschbaumer

„Wir haben über einen bekannten Techniker eine Potenzialstudie bei Voigt+Wipp in Auftrag gegeben und waren von den großen Einsparungspotenzialen einer optimierten Anlagenregelung überrascht. Nach einem Gespräch mit Richard Wipp in Österreich war die Entscheidung schließlich ein Leichtes, Voigt+Wipp mit der Umsetzung zu beauftragen. Dabei wurden aus zwei unterschiedlichen, nicht zusammenwirkenden Steuerungen ein optimiertes, einheitliches Automatisierungssystem geschaffen“, steht Schölzhorn zu seiner Investitionsentscheidung in eine BCS fit mit den beiden Modulen FLR (Feuerleistungsregelung) und PSM (Pufferspeichermanagement).

Um eine Versorgungsunterbrechung zu vermeiden, wurde im Juli des Vorjahres zunächst der Biomassekessel außer Betrieb genommen und das Netz in dieser Zeit vom Ölkessel versorgt. Innerhalb von nur drei Tagen konnte auch der Biomassekessel seinen Betrieb wieder aufnehmen. Während der Inbetriebnahme wurden die bestehenden Signale überprüft und zudem wurde ein neuer Radarsensor für die Siloüberwachung ergänzt. „Der Kessel fährt nun viel ruhiger und gleichmäßiger. Das spart einerseits Energie und Rohstoff und schont zudem den Heizkessel immens“, erklärt der langjährige Unternehmer und Inhaber des örtlichen Lebensmittelgeschäfts.

Optimiert Leistung und Verbrauch

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Detail mit großer Wirkung: Im Fernheizwerk Innerratschings koordiniert und steuert seit der Umstellung durch Voigt+Wipp eine einzige Regelung das gesamte Fernheizwerk © Raphael Kerschbaumer

Gleichzeitig mit der neuen Regelung wurden beim Fernheizwerk Innerratschings auch die Pufferspeicherkapazitäten entsprechend den Simulationsergebnissen von Voigt+Wipp erweitert. Beide Puffer und die Energieerzeuger wurden in das PSM eingebunden. Ein 20.000 und ein neuer, 40.000 Liter fassender Speicher sorgen nun gemeinsam für die notwendige Abfederung der Leistungsspitzen von bis zur 1,6-fachen Nennleistung des BMK. „Speziell in einem Wintertourismusgebiet ist man in den frühen Abendstunden besonders hohen Lastspitzen ausgesetzt. Sobald die Lifte schließen, duschen Hunderte Menschen gleichzeitig“, schmunzelt Schölzhorn und fährt fort: „Voigt+Wipp ist es jedoch gelungen, mit einem geschickten Zusammenspiel aus Heizkesselregelung und Pufferspeichermanagement die Lastspitzen auszugleichen und so eine gleichmäßige Kesselfahrweise zu ermöglichen. Hie und da muss noch an kleinen Stellschrauben gedreht werden. Durch die Diagnosemöglichkeiten der BCS cloud sind wir jedoch davon überzeugt, in wenigen Wochen unser großes Ziel, den Ölkessel auch im Winter nicht mehr zu brauchen, auch tatsächlich zu erreichen“, zeigt sich Schölzhorn zuversichtlich.