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Dreischichtplatten © Birgit Fingerlos

Österreich

Hohe Nachfrage

Ein Artikel von Birgit Fingerlos | 28.04.2021 - 09:19

Sechs Fragen an Experten

  1. Wie würden Sie Ihren Geschäftsverlauf im Gesamtjahr 2020 beschreiben? 
  2. Wie war der Jahresstart? Welche Erwartungen haben Sie für 2021?
  3. Wie sieht Ihre Produktstrategie aus?
  4. Was sind für Sie die größten He­rausforderungen, die von der Coronapandemie hervorgerufen wurden? Wie reagieren Sie darauf?
  5. Wie wirkt sich die aktuelle Situation am Rohstoffmarkt auf Ihre Produktion aus?
  6. Planen Sie in diesem Jahr Investitionen? Welche?
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Mario Wagner ist kaufmännischer Geschäftsführer der Tilly Holzindustrie in Althofen © Tilly

Mario Wagner ist kaufmännischer Geschäftsführer der Tilly Holzindustrie in Althofen. Die Tilly Holzindustrie wurde 1981 von Hans Tilly gegründet. Seit 1985 betreibt man ein Naturholzplatten-Werk. Heute ist das Unternehmen mit 320 Mitarbeitern einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Das Unternehmen ist auf die Herstellung von ein- und mehrschichtigen Naturholzplatten aus diversen Nadel- und Laubholzarten spezialisiert. Es wird ein jährlicher Umsatz von mehr als 90 Mio. € erwirtschaftet. Die jährliche Produktionskapazität gibt man mit 10 Mio. m2 an. Die Antworten von Mario Wagner: 

1. Insgesamt war das Geschäftsjahr 2020 aufgrund der COVID-19-Situation von Unsicherheit geprägt. Die Tilly Holzindustrie konnte einen signifikanten Umsatzzuwachs verzeichnen. Mit dem ersten Lockdown und den von der Regierung ausgerufenen Maßnahmen wurde die Produktion auf Sicht heruntergefahren, da kurzzeitig die Nachfrage zurückging. Mit steigender Nachfrage wurden die Produktionsmengen an diese angepasst. Die Nachfrage war danach das ganze Jahr über auf einem sehr hohen Niveau. Ab dem 4. Quartal war man mit massiv steigenden Schnittholzpreisen konfrontiert.

2. Das 1. Quartal ist sehr gut gelaufen. Auch für das 2. Quartal ist die Nachfrage hoch. Die Nachfrage für das ganze Jahr 2021 ist jedoch schwer einzuschätzen.

3. Derzeit werden verschiedene innovative Lösungen zu Verbesserungen von Produkten und Produktionsprozessen entwickelt, welche die Produktqualität erhöhen sollen.

4. Wesentliche Herausforderungen und Themen sind Ausfälle von Mitarbeitern und die Einschätzung des Marktes beziehungsweise der Märkte. Es wurden umfangreiche Maßnahmen zur Vermeidung der Einschleppung des Virus in das Unternehmen gesetzt (Homeoffice, Videokonferenzsystem etc.). Auch wurde Mitte 2020 eine Teststraße für Mitarbeiter und deren Angehörige eingerichtet. Die Mitarbeiter wurden und werden weiterhin laufend flächendeckend getestet. Eine Impfstraße wurde genehmigt. Wir hoffen, in den nächsten Wochen genügend Impfstoffe für unsere Mitarbeiter zu erhalten.

5. Derzeit haben die Preiserhöhungen (noch) keine Auswirkungen auf die Produktion. Die Schnittholzbedarfe können abgedeckt werden, wenngleich die Beschaffung im Moment extrem aufwendig und schwierig ist. Die massiv steigenden Rohstoffkosten müssen wir über Preiserhöhungen an unsere Kunden weitergeben. Durch die massiven Erhöhungen finden derzeit – unseren Informationen zufolge – keine Substitutionen in andere Produkte statt.

6. In konsequenter Umsetzung der 2019/20 erarbeiteten Investitionsstrategie werden sowohl Neu-, Ersatz- als auch Erweiterungsinvestitionen durchgeführt. Das bereits von den Eigentümern freigegebene Investitionsprogramm 2021 bis 2023 für den Standort Althofen beträgt circa 60 Mio. €.

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Hermann Pretzl ist Geschäftsführer von Team 7 © Team7

Hermann Pretzl ist Geschäftsführer von Team 7. Das Unternehmen hat seine Zentrale in Ried im Innkreis. Team 7 beschäftigt derzeit circa 730 Mitarbeiter, 260 davon am Standort Pram. Am Produktionsstandort Pram entstehen unter anderem die Massivholzplatten aus Laubholz der Marke Alfa. Jährlich werden für die Marke Alfa 280.000 m2 Massivholzplatten gefertigt. Der europäische Marktführer bei Dreischicht-Laubholzplatten hat eine Exportquote von 85 %. Die Antworten von Hermann Pretzl: 

1. Wir sind sehr gut in das Jahr 2020 gestartet und konnten in den ersten Monaten bereits ein Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr erarbeiten. Dennoch haben wir uns aus der Verantwortung unseren Mitarbeitern gegenüber entschieden, Mitte März die Fertigung für vier Wochen komplett he­run­ter­zu­fahren. Das hatte selbstverständlich Einfluss auf die Lieferzeiten, hat uns aber auch die Zeit gegeben, ideale Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, die uns bis heute nahezu unberührt von Corona produzieren lassen. Darüber hinaus ist der Re-Start aufgrund unserer stringenten Planungen und Kommunikation problemlos abgelaufen. Und ab diesem Zeitpunkt konnten wir auf beständig hohe Auftragseingänge zurückblicken, die über das ganze Jahr anhielten.

2. 2021 hat so begonnen, wie 2020 geendet hat – auf einem sehr hohen Niveau. Uns ist bewusst, dass wir in einer Branche unserem Geschäft nachgehen, welche sich im Vergleich zu manchen anderen sehr glücklich schätzen kann. Dennoch denke ich auch, dass sich unser Engagement gerade in diesen Zeiten und der generelle Trend zu mehr Nachhaltigkeit in der Lebensweise und den Produkten, die konsumiert werden, langfristig positiv auf unseren Umsatz auswirken. Von daher erwarte ich, dass 2021 bei Alfa einen, in wirtschaftlicher Hinsicht, sehr guten Eindruck hinterlassen wird.

3. Unsere Kernkompetenz liegt in der Dreischichtplatte. Diese genügt den allerhöchsten Qualitätsansprüchen und daher wollen wir dafür bei den Entscheidern in ­Objekten Gehör verschaffen. Denn wer einmal mit den Besten gearbeitet hat, will nichts anderes mehr. Darüber hinaus entwickeln wir permanent Lösungen für die Zukunft und dazu gehört auch, dass die Teile eines Baumes, welche bisher wenig Aufmerksamkeit bekommen, sinnvoll und nachhaltig aufgewertet werden. Dazu wird es von uns bald ein neues Produkt geben. Denn wenn der Baum in all seinen Facetten wertschätzend genutzt wird, kann man auch von einem „Wert-Stoff“ anstelle eines „Roh-Stoffs“ sprechen. 

4. Mit zu den größten Herausforderungen zählt mit Sicherheit, einen Arbeitsprozess zu gewährleisten, der die Mitarbeiter schützt und das Infektionsrisiko minimiert – gerade in einem Betrieb, in dem der Einfluss der Mitarbeiter so stark zum Tragen kommt. Hier hat man eine klare Verantwortung den Menschen gegenüber. Wir informieren uns permanent über Entwicklungen und überdenken unsere Schutzmaßnahmen, sodass wir stets das Maximum an Sicherheit für unsere Angestellten bieten. Das Geschäft selbst ist ­wesentlich digitaler geworden, da Kundenbesuche und Beratungen häufiger am Bildschirm stattfinden. Dadurch fehlen in der Kommunikation manche Sprachsignale, die man über andere Wege kompensieren muss. Da wir mit einer gut gestalteten Website und anderen Kanälen, wie beispielsweise Social Media, bereits gut aufgestellt sind, konnten wir uns sozusagen ad-hoc anpassen und bedarfsgerecht reagieren.

5. Wir haben bereits sehr lange bestehende, partnerschaftliche Beziehungen zu unseren Lieferanten, daher können wir mit einer guten Rohstoffversorgung planen. Dennoch spüren auch wir die angespannte Situation und Veränderungen in den Marktpreisen. Mit einer stetigen technischen Weiterentwicklung innerhalb der Fertigung können wir gewisse Schwankungen kompensieren, aber Anpassungen am Produktpreis müssen dennoch vorgenommen werden.

6. Wir wirtschaften stets solide und werden auch dieses Jahr nutzen, Investitionen in die Fertigung durchzuführen.

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Wolfgang Sunk ist Geschäftsführer von Wibeba Holz in Wieselburg © Martina Nöstler

Wolfgang Sunk ist Geschäftsführer von Wibeba Holz in Wieselburg. Das Unternehmen ist weit über die Grenzen Österreichs hinaus als Laubholzspezialist bekannt. Das Produktspektrum reicht von Rund- und Schnittholz über Brandschutzelemente sowie Parkett- und Möbelelemente bis hin zu Massivholzplatten. In zwei Werken werden jährlich etwa 55.000 fm Hartlaubholz (großteils Eiche, ungarische Schwarznuss, Buche, Erle, Esche und Ahorn) eingeschnitten. 50 % der erzeugten Wibeba-Produkte fließen in das eigene Plattenwerk zur Erzeugung von einschichtigen Laubholz-Massivholzplatten. Wibebas Produktionskapazität von Leimholzprodukten beträgt 8500 m3. 160 Mitarbeiter werden be­schäftigt. Die Hauptabsatzmärkte sind Deutschland, die Schweiz und Asien. Die Antworten von Wolfgang Sunk_ 

1. Der Jahresstart 2020 lief gut an. Die Versorgungslage war zu dem Zeitpunkt noch akzeptabel. Nach Bekanntwerden der ersten Coronafälle in Österreich und nach Ausruf des ersten Lockdowns wurden die Vorhaltemengen aus Rahmenverträgen mit Industriekunden binnen kurzer Zeit abgerufen. Seither sind die Absatzmengen zu den Industriekunden stetig gestiegen. Die Abnahmemengen durch den Handel sind bis zur Jahresmitte 2020 stabil geblieben, in der zweiten Jahreshälfte waren beim Handel größere Verkaufszuwächse zu verzeichnen.

2. Der hohe Mengenabsatz an Laubleimholz-Produkten ist weiter ungebrochen. Die Auftragspolster sind sukzessive auf ein gigantisches Maß angestiegen. Da sich bei Laubleimholz-Produkten in der Regel keine nennenswerten nachhaltigen Mengensteigerungen aus den Eigenprozessen realisieren lassen, wird die Abarbeitung der bestehenden Aufträge zunehmend zum Problem. Exak­te Lieferzusagen, Liefermengen und Preise sind nur noch über einen kurzen Zeitraum möglich. Aufgrund der allseits steigenden Materialpreise und Preissteigerungen bei Betriebsstoffen ist eine langfristige Kalkulation nicht mehr möglich. Mittel- und langfristig müssen wir in der Preisgestaltung daher „auf Sicht fahren“.

3. Die Strategie lautet natürlich, so viel Wertschöpfung wie nur möglich im Unternehmen zu generieren. Bei Materialzukäufen ist oftmals das Problem, den Qualitätsmix an Fertigprodukten nicht mehr beeinflussen zu können. Um im Möbelplattensegment die Angebotsmengen im Bereich der Langlängen zu erhöhen, werden wir zukünftig ein furniertes Massivholzprodukt in unser Angebotsportfolio aufnehmen.

4. + 5. Wir erleben aktuell eine Wirtschaftslage, welche die Holz verarbeitende Industrie in den kommenden Jahren mit Sicherheit verändern wird. Wie uns die heutige Zeit zeigt, ist ein regelrechter Kampf um den Rohstoff ausgebrochen. Wir erleben gerade, dass die internationalen Warenströme eine viel höhere Bedeutung für den eher kleinen und überschaubaren Laubholzmarkt haben, als bislang angenommen. Wir müssen damit umgehen, dass die weltweite Nachfrage, speziell aus Asien, viel mehr Marktbeeinflussung hat als der fortschreitende Klimawandel. Unbedingt zu verhindern gilt es zukünftig, dass Rohmaterial in unbearbeiteter Form den Kontinent verlässt. In­fol­ge­des­sen werden zukünftig alle Anstrengungen unternommen, die Rohstoffversorgung mittelfristig sicherzustellen. Vielleicht lernen wir alle durch diese Situation, den Werkstoff Holz im Generellen nicht mehr zu jedem Preis zu verkaufen. Hoffentlich sind wir uns zukünftig bewusst, einen ökologischen Werkstoff auch richtig vermarkten zu können, und können eine entsprechende Lobby dafür aufbauen. 

6. Im Vorjahr haben wir eine 4 MWp-Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Wir haben in Wieselburg einen neuen Rundholzplatz gebaut, den haben wir im Februar in Betrieb genommen. Wir sind auch gerade in Verhandlung, um zwölf zusätzliche Trockenkammern und zwei Dämpfkammern zu installieren. Jetzt im April erfolgte die Inbetriebnahme einer neuen Pressenlinie zum Beschichten von Massivholzplatten mit HDF und Furnieren. Zudem planen wir den Bau eines weiteren Blockbandsägewerks in Ungarn.