leitz

Unterschiedliche Materialien bearbeiten

Ein Artikel von Birgit Fingerlos (für holzkurier.com bearbeitet) | 15.11.2022 - 09:34

Immer mehr Menschen wünschen sich eine hochwertige Inneneinrichtung. Ein modernes Zuhause ist Wohlfühloase, Arbeitsplatz und Rückzugsort zugleich, wodurch die Funktionen von Möbelstücken teilweise ineinander verschwimmen. Möbel müssen multifunktionell sein, ohne dabei den Aspekt der Gemütlichkeit zu vernachlässigen. Damit ein Möbelstück allen Anforderungen an Design, Materialien, Größe und Funktionalität gerecht werden kann, geht der Trend hin zu individuellen, meist handwerklich ausgeklügelten Lösungen mit einer Vielzahl von Nutzereigenschaften.

Für Handwerker ergeben sich dadurch schier unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen. Die Anzahl der zu verarbeitenden Materialien hat stark zugenommen. Die Kombinationen aus Naturholz mit Hightech-Oberflächen, wie beispielsweise Anti-Fingerprint-Beschichtungen (AFP), stehen an der Tagesordnung. Diese AFP-Beschichtungen werden vorzugsweise im Küchenmöbelbereich verwendet, kommen jedoch auch immer mehr beim klassischen Möbel- und Innenausbau zum Einsatz. Neben solchen Hightech-Oberflächen liegen aber auch Möbel aus Massivholz oder mit Echtholzfurnieren voll im Trend. Für Handwerksbetriebe stellt sich also die Frage, wie ein derart umfangreiches Materialspektrum ­bestmöglich zerspanend bearbeitet kann. Immer unter der Voraussetzung, perfekte Qualität am Werkstück und möglichst hohe Effizienz, Produktivität und Flexibilität innerhalb des Bearbeitungsprozesses zu gewährleisten. Vor allem müssen sich Anwender jedoch fragen, welche Werkzeuglösungen hierfür passend sind, um erfolgreich produzieren zu können. 

Werkzeughersteller Leitz aus Riedau empfiehlt hierfür drei mögliche Lösungen: 

Lösung 1: Formatschnitt mit Ritz- und Hauptkreissägeblatt

Die klassischste Bearbeitungsmethode ist das Trennen mithilfe einer Formatkreissäge. Handwerker legen hierbei besonderen Wert auf die Schnittqualität. Sie soll möglichst perfekt mit beidseitig ausrissfreien Kanten und sauberen Schnittflächen in allen Plattenwerkstoffen und Dekoren gelingen. So können zeitraubende Nacharbeiten vermieden werden. Um dies zu erreichen, empfiehlt sich vor dem Sägen von Plattenmaterial mit sensiblen Oberflächen, wie beispielsweise AFP, ein neues oder frisch instandgesetztes Kreissägeblatt einzusetzen. Damit die Oberkante möglichst perfekt wird, sollte der radiale Überstand des Kreissägeblattes zur Platte mit bis zu 10 mm eingestellt werden. Für das Erreichen einer perfekten Unterkante ist der Einsatz von Ritz-Kreissägeblättern unbedingt zu empfehlen. Zusätzlich ist es ratsam, die Platte mit der Sichtseite nach oben auf dem Sägetisch aufzulegen. So lassen sich perfekte Arbeitsergebnisse erzielen und die Standzeiten der eingesetzten Kreissägeblätter können maximal ausgereizt werden. 

Lösung 2: kombinieren unterschiedlicher Schneidstoffe beim Plattenaufteilen 

Immer häufiger sind in Handwerksbetrieben Plattenaufteilsägen vorzufinden. Für eine perfekte Schnittkante ohne weitere Formatierungsschritte müssen beschichtete Holzwerkstoffe, wie beispielsweise Spanplatte oder MDF, zuerst an der Unterseite mit einem Ritzkreissägeblatt vorgeritzt und anschließend mit einem Hauptkreissägeblatt gesägt werden. Damit Haupt- und Ritzkreissägeblatt optimal funktionieren, empfiehlt man bei Leitz, die Schnittbreiten der beiden Kreissägeblätter aufeinander abzustimmen. Zudem sollen diese auch paarweise nach Standwegende instandgesetzt werden.

Viele Tischler setzen dieses Nutzungskonzept täglich in ihren Bearbeitungsprozessen um. Hierbei kann man allerdings Kosten sparen – was vielen Anwendern kaum bewusst ist. Wenn man, anstelle eines Hartmetall-Ritzkreissägeblatts, auf eine diamantbestückte Variante zurückgreift, um diese gemeinsam mit mehreren Hauptkreissägeblättern zu verwenden, lassen sich die Werkzeugkosten über längere Zeiträume deutlich senken. Konkret empfiehlt Leitz bis zu zehn Hartmetall-Hauptkreissägeblätter gemeinsam mit einem Diamant-Ritzkreissägeblatt zu nutzen. Aufgrund der deutlich höheren Verschleißfestigkeit von Diamantschneidstoffen erreichen diese Ritzkreissägeblätter einen vielfach längeren Standweg als die zeitgleich verwendeten Hauptkreissägeblätter mit Hartmetallbestückung. So verbleibt das Ritzkreissägeblatt weiter in der Maschine, nachdem das Hauptkreissägeblatt sein Standwegende erreicht hat. Es muss also nur das Hauptkreissägeblatt getauscht und wieder aufbereitet werden. Das bedeutet zeitsparende Prozesse und zusätzliche Einsparungen bei den Werkzeugkosten. Ein zusätzlicher Spareffekt: Die Hauptkreissägeblätter mit Hartmetallschneiden können bis zum Standwegende des Diamant-Ritzkreissägeblattes mehrmals nachgeschärft werden. Der dabei entstehende Schnittbreitenverlust kann durch Veränderung der Ritztiefe einfach und ohne großen Mehraufwand kompensiert werden. Durch diese Vorgehensweise kann das Standweg-Maximum aus allen Werkzeugen herausgeholt und Kosten gespart werden.

Ein perfektes Beispiel hierfür ist die Kombination aus Razor Cut Plus-Kreissägeblättern und DP-Ritzkreissägeblättern vom Werkzeughersteller Leitz. Razor Cut Plus sorgt mit seiner auf Fertigschnitt getrimmten Schneidengeometrie auch in empfindlichen Dekoren für perfekte, ausbruchsfreie Kanten sowie für glatte und riefenfreie Oberflächen. Im Zusammenspiel mit den Diamant-Ritzkreissägeblättern können Anwender Kosten sparen und erzielen dauerhaft höchste Qualität beim Sägen. 

Lösung 3: Stationärtechnik (CNC)

In vielen Handwerksbetrieben hat sich die CNC-Technik als Fertigungskonzept etabliert und der Trend ist weiter ungebrochen. Schließlich lassen sich mithilfe von CNC-Maschinen komplexe Werkstücke und unterschiedliche Formen und Bauarten schnell und einfach herstellen. Immerhin ist es möglich, nahezu alle beschichteten und unbeschichteten Holzwerkstoffe, Massivholzelemente, Kompaktplatten oder Sperrhölzer mit Schaft- beziehungsweise Fügefräser und Kreissägeblättern zu bearbeiten. Die Qualität des Bearbeitungsergebnisses hängt jedoch immer von der eingesetzten Bearbeitungsstrategie und den dabei verwendeten Werkzeugsystemen ab. 

CNC-Formatbearbeitung mit Schaft- oder Fügefräsern

Ziel der Formatbearbeitung mit Fügefräsern sind beidseitig ausrissfreie Kanten. Dies lässt sich am besten mit diamantbestückten Werkzeugen erreichen, die über wechselseitige Achswinkel verfügen – also schräg eingebaute Schneiden. Jedoch darf dieser Achswinkel, um den Schnittdruck zu reduzieren, nur eine bestimmte Mindestgröße aufweisen. Werkzeuge mit zu großen Achswinkeln erzeugen bei Spanplatten mit loser Mittelschicht raue und poröse, löchrige Oberflächen. Speziell bei der Laserbekantung kann dies zu Problemen bei der Kantenhaftung oder bei Wasserprüfungen führen, weiß man bei Leitz. Ein weiteres Argument, das gegen die Verwendung solcher Werkzeuge spricht, sind die deutlich höheren Anschaffungs- und Instandhaltungskosten. Werkzeugsysteme mit hohem Achswinkel sind nämlich in der Regel mit überlangen Schneidelementen bestückt. Bei der Verwendung von Diamantschneiden entstehen also sowohl in der Anschaffung als auch beim Nachschärfen hohe Kosten.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die besten Bearbeitungsergebnisse hinsichtlich perfekter Kanten und ausrissfreier Mittellage am besten mit Werkzeugen gelingt, die 50° Achswinkel aufweisen. Nur so lässt sich beim Fügen ein perfektes Schnittergebnis erzeugen und die Prozesskosten steigen nicht unnötig, wie etwa mit den Edge Expert-Fräswerkzeugen von Leitz. 

Neben der Wahl des optimalen Werkzeugs hat auch die Bearbeitungsstrategie einen wichtigen Einfluss auf die Bearbeitungsqualität beim Formatieren. Deshalb empfiehlt Leitz auf entsprechende Anfahr- und Eckenstrategien im gesamten Fräsprozess zu achten. Anwender, die sich mit diesem Thema erstmalig auseinandersetzen, sind gut beraten, wenn ihnen dabei ein erfahrener Ansprechpartner mit tiefgreifendem Wissen rund um Material, Werkzeug und Bearbeitungsverfahren zur Seite steht. 

Der Gehrungsschnitt mit CNC-Maschinen

Das Gehrungssägen sei eine der anspruchsvollsten Bearbeitungen im Möbel- und Innenausbau, ist man sich bei Leitz sicher. Auf Fünfachs-Bearbeitungszentren oder mit speziellen CNC-Sägeaggregaten lassen sich schräge Sägeschnitte in allen gewünschten Winkeln effizient herstellen. In der Praxis hat sich bewiesen, dass speziell für Gehrungsschnitte ausgelegte Kreissägeblätter ein absolutes Muss für diesen Anwendungsbereich sind. Der Hauptunterschied zu herkömmlichen Kreissägeblättern liegt in ihrer geringen Schnittbreite und der gleichzeitig hohen Planlaufqualität. Diese technischen Merkmale sind hier von großer Bedeutung, um Ausbrüche an der spitzen Seite der Gehrung zu ­vermeiden. Speziell bei sehr spitzen Gehrungen, wie beispielsweise 60°, verschlechtert nämlich die kleinste Ungenauigkeit im Gesamtsystem das Bearbeitungsergebnis signifikant. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verwendung der richtigen Bearbeitungsstrategie. Leitz empfiehlt, in einer ersten Schnittbewegung die Platte an der innenliegenden Kante im Gleichlauf 2 mm tief einzuritzen. Der Trennschnitt erfolgt anschließend im Gegenlauf. Somit erreichen CNC-Anwender den perfekten Schnitt. Ausrissfrei an beiden Kanten und in der Schnittfläche ohne Fehler.

Beispiele für derartige Kreissägeblätter, speziell für Gehrungsschnitte, sind das hartmetallbestückte Kreissägeblatt Katana und das diamantbestückte Kreissägeblatt ­Whisper Cut von Leitz. Sowohl Katana als auch Whisper Cut ermöglichen durch die geringe Schnittbreite und ihr ruhiges Laufverhalten perfekte Schnittergebnisse in allen gängigen Materialien.

Das Nestingverfahren

Beim sogenannten Nesting werden mithilfe von Schaftwerkzeugen verschachtelte Formen aus plattenförmigen Werkstoffen getrennt. Speziell bei filigranen Teilen und hohen Vorschubgeschwindigkeiten stehen CNC-Anwender regelmäßig vor der Herausforderung, dass die herausgefrästen Teile durch den schnell drehenden Fräser beim Abtrennen verschoben und beschädigt werden. Das Vakuum des Bearbeitungstisches reicht nicht aus, um die entstehenden Kräfte zu kompensieren und die gefertigten Teile am Rutschen zu hindern. Abhilfe schafft hier die Verwendung kleiner Werkzeugdurchmesser. Zum einen werden dadurch die Schnittkräfte geringer, viel wichtiger sind jedoch die schmaleren Fräsnuten, die entstehen. Wird beispielsweise der Fräserdurchmesser von 16 auf 12 mm reduziert, entspricht dies der Reduzierung des Zerspanungsvolumens um 44 %. Je weniger Material beim Nesting also abgefräst wird und je schmaler die entstehenden Fräsnuten sind, desto weniger schwächt dies die Vakuumleistung am Bearbeitungstisch und die Werkstücke werden sicher an Ort und Stelle gehalten. 

Für derartige Herausforderungen bietet Leitz mit seinen Nestingfräsern ein umfangreiches und leistungsfähiges Werkzeugprogramm. Mit Durchmessern ab 10 mm und je nach Ausführung, geeignet für Vorschübe von bis zu 35 m/min, ist es perfekt für filigranes und vor allem schnelles Nesting geeignet – ideal für die Bearbeitung von Sperrholz, Kompaktschichtstoffplatten, Spannlatten oder MDF.

Je nach Maschinenausstattung und Bearbeitungsverfahren kommen in der Möbelfertigung oder im Innenausbau unterschiedliche Werkzeuglösungen und Bearbeitungsstrategien zum Einsatz. Die Materialvielfalt und die Anforderungen an Material und Endprodukt wachsen ständig. Die Bearbeitungsverfahren selbst werden sich in den kommenden Jahren kaum ändern. Aus diesem Grund erhalten universell einsetzbare Werkzeuge mit höchster Leistungsfähigkeit einen immer wichtigeren Stellenwert in der Branche. Schließlich gilt auch in Zukunft: „Zeit ist Geld“ und „Qualität zahlt sich aus“. Mehr Effizienz, mehr Flexibilität und mehr Produktivität in der Fertigung hilft Geld zu sparen und die Ausstoßmengen zu erhöhen, argumentieren Christian Wimmer, Leitz-Branchenmanager Möbel- und Innenausbau, und Zeljko Pekec, Leiter Anwendungstechnik bei Leitz in Riedau. Sie sind davon überzeugt, dass diese Schlagworte auch im Bereich der Werkzeuginstandsetzung in Zukunft verstärkt zu berücksichtigende Aspekte sein werden. Handwerklich orientierte Möbelhersteller und Innenausbauer werden dies in ihren künftigen unternehmerischen Planungen berücksichtigen. 

„Gut, wenn man einen Werkzeugpartner an seiner Seite weiß, der mit passenden Werkzeuglösungen, bedarfsorientierten Dienstleistungen und viel Wissen um Prozesse, Maschinen und Materialien aufwarten kann. Für mehr Effizienz, Produktivität, Flexibilität und Qualität im Handwerk“, sind sich Wimmer und Pekec einig.