TILLY HOLZINDUSTRIE

Vielschichtige Holzbearbeitung

Ein Artikel von Birgit Fingerlos (für holzkurier.com bearbeitet) | 04.09.2023 - 10:42

Fill präsentierte das ­innovativste Konzept mit dem ­effizientesten ­Produktionsablauf, nicht zuletzt durch eine ­spezielle Anordnung der ­Teilanlagen zur ­optimalen ­Nutzung der ­Gegebenheiten in der ­bestehenden Halle.


Mario Wagner, Geschäftsführer, Tilly Holzindustrie
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Mario Wagner, Geschäftsführer, Tilly Holzindustrie © Tilly Holzindustrie | Tom Lamm | ikarus.cc

Massivholz-Verbundplatten sind ein Serienprodukt, sie unterliegen einem hohen Qualitäts- und Preisdruck“, erklärt Mario Wagner, Geschäftsführer der Tilly Holzindus­trie in Althofen. Er erklärt: „Angesichts der Kostenstrukturen in Mitteleuropa erfordert ihre Produktion sehr schlanke Prozesse und laufende technologische Verbesserungen zur Erhöhung der Ausbeute und Begrenzung der Produktionskosten.“ Die Plattenproduktion erfolgt bei der Tilly Holzindustrie mit einem sehr hohen Automatisierungsgrad im Dreischichtbetrieb. Wie die Mittellagen entstehen auch die Lamellen für die Deckschichten vollautomatisch in komplexen Großanlagen. Dort erfolgen nicht nur die einzelnen Bearbeitungsschritte Sägen, Hobeln und Schleifen sowie der Transport dazwischen vollautomatisch. Die Anlagen sorgen auch selbsttätig für die weitgehende Vermeidung von Verschnitt, also für die Optimierung der Ausbeute.

Konzepte für die Kapazitätserweiterung

Angesichts des Trends zu mehr Nachhaltigkeit steigt die Nachfrage nach dem nachwachsenden Naturprodukt Holz, nicht zuletzt, um dadurch Platten aus anderen Materialien zu substituieren. Deshalb sah sich die Tilly Holzindustrie mit der Notwendigkeit konfrontiert, die Produktionskapazität am Standort Althofen zu erweitern und zu optimieren. Eine Erweiterung des Betriebsgeländes kam nicht infrage. Wagner plante mit seinem Team daher eine zusätzliche Decklagenlamellenerzeugung in einer umgebauten Lagerhalle.

Dazu lud das Management der Tilly Holzindustrie alle namhaften Hersteller solcher Anlagen ein, Konzepte zu präsentieren. Entscheidungskriterien waren im Lichte des Fachkräftemangels der Personalbedarf, die erzielbaren Taktzeiten und die Zuverlässigkeit der verketteten Anlage, von denen ja auch der nachgelagerte Prozess abhängig sind.

„Fill präsentierte das innovativste Konzept mit dem effizientesten Produktionsablauf“, erinnert sich der Geschäftsführer der Tilly Holzindustrie. „Dazu trug nicht zuletzt eine spezielle Anordnung der Teilanlagen zur optimalen Nutzung der Gegebenheiten in der bestehenden Halle bei.“ Erleichtert wurde die Entscheidung für eine Fill-Anlage durch die guten Erfahrungen mit bestehenden Anlagen des Herstellers aus Gurten in der Produktion von Mittellagenteppichen und Decklagenlamellen.

Lamellenfertigung in einem Zug

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„Die ­Decklamellenanlage ist nicht nur ­extrem ­produktiv,sondern auch sehr robust und ­wartungsarm.“ Philipp Wallgram, Produktionsleiter Tilly Holzindustrie. © Peter Kemptner

Als kompetenter Komplettanbieter bietet Fill nicht nur Dünnschnitt-Bandsägen mit einer Präzision auf „Werkzeugmaschinen-Niveau“, sondern auch Mechanisierungslösungen, die an die individuellen Kundenbedürfnisse angepasst sind. In etwas mehr als einem Jahr plante und lieferte das Unternehmen eine komplexe Anlage, in der die voll automatisierte Produktion der Deckschichtlamellen vom Schnittholzstapel bis zu den fertigen Lamellenpaketen erfolgt.

Zunächst werden die Bretter entstapelt und die Stapelleisten gesammelt. Anschließend erfolgen die Krümmungs- und Feuchtemessung, die Metalldetektion und das Ausschleusen ungeeigneter Bretter sowie die optimierte Ausrichtung für die Weiterverarbeitung. Anschließend sorgt eine Hobelmaschine für das Abrichten der Hölzer auf das eingestellte Maß. Die zentrale Komponente der Anlage ist die Batterie aus fünf Modulen der Hochleistungs-­Dünnschnitt-Bandsäge Speedliner 920/350. Diese zerteilen die Bretter mit Geschwindigkeiten von bis zu 40 m/min mit gleichbleibend hoher Qualität in die einzelnen Lamellen.

Geringe Schnittfuge

Der Speedliner 920/350 eignet sich gleichermaßen für den Nass- und Trockenschnitt und hinterlässt eine Schnittfuge von nur 1,1 bis 1,6 mm“, erläutert Karl Metz, Produktmanager für Holzbearbeitungsanlagen bei Fill, und führt aus: „Das garantiert höchste Materialnutzung mit minimalem Abfall und somit maximale Wirtschaftlichkeit.“ Ein integriertes Fügemodul hobelt im selben Zug die seitlichen Kanten. Nach dem Sägen und Hobeln passieren die vereinzelten Lamellen einen Qualitätsscanner, um anschließend nach Qualität sortiert und zu transportablen Paketen gestapelt zu werden.

Umfassende Technik

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„Beim Transport der ­Lamellen mit bis zu 350 m/min dürfen diese nicht ­beschädigt werden.“ Andreas Kopfberger, Projektmanager Fill © Fill

Steuerungstechnisch stellen die Anlagenteile vor den Bandsägen, die Bandsägen mit Fügemodul und die Sortieranlage drei getrennte Anlagen dar. Diese kommunizieren mitei­nander und liefern ihre Daten an Cybernetics Produce, die hardwareunabhängige Lösung von Fill für die Verknüpfung mehrerer Maschinen oder Anlagen. Das tun auch zusätzliche Einrichtungen für Messung und Qualitätsprüfung wie die Feuchtemessung oder der komplett integrierte Curve Scan.

Die modular entwickelten Applikationen von Cybernetics Produce ermöglichen ohne Fremdprogramme oder zusätzliche Schnittstellen die lückenlose Erfassung und Speicherung von relevanten Prozessparametern für einen effizienten Betrieb und eine sichere Bauteilrückverfolgung. Sie bilden aber auch die Schnittstelle zwischen dem kunden­seitigen ERP- oder MES-System und der Produktionsanlage. So wird das Vorprodukt per Barcode-Scanner der Tilly-Decklamellenanlage bekannt gemacht und im ERP-System ausgebucht. Am Ende werden die fertigen Lamellen ebenso ohne Zutun eines Mitarbeiters im ­Lagerverwaltungssystem eingebucht. Dadurch kann sich die gesamte Anlage voll­automatisch auf die Gegebenheiten einstellen. Sie kann innerhalb von nur zehn Minuten einen vollständigen Produktwechsel durchführen.

Die Herausforderung lag für die Fill-Ingenieure neben der vorgegebenen Hallengeometrie vor allem in den Produktivitätsanforderungen. „Die Lamellen sind sehr leicht, nicht ganz gerade und nicht perfekt glatt, ihr aerodynamisches Verhalten lässt sich nicht vollständig simulieren. Die Lamellenmanipulation erfolgt am Rande des physikalisch möglichen mit bis zu 350 m/min und dabei dürfen sie nicht beschädigt werden“, erklärt Fill-Projektleiter Andreas Kopfberger.

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen nutzt Fill die Erfahrung aus beinahe 60 Jahren in der Entwicklung und Herstellung individueller Maschinen für Verarbeitung und Transport der Lamellen. Zusätzlich nutzt das Kompetenz Center Holz aber auch Synergien mit anderen Bereichen, etwa der Metallbearbeitung, deren Erfahrungen ebenso einfließen. Die Softwareserie Cybernetics ist eine übergreifende Entwicklung, die spezielle Verfahren aus einer Branche auch allen anderen zugänglich macht.

Tilly-Produktionsleiter Philipp Wallgram schätzt an den Maschinen aus Gurten das klare, durchdachte Bedienkonzept, das eine gute Übersichtlichkeit gibt. Das sorgt für einen ebenso einfachen wie sicheren Betrieb, auch mit wenig Personal. Zudem begeistern den Holztechniker die hohe Qualität und Zuverlässigkeit der hochpräzisen und zugleich komplexen Anlagen. „Die Decklamellenanlage ist nicht nur extrem produktiv, sondern auch sehr robust und wartungsarm. Der Support ist top und bei Bedarf ist Fill reaktionsschnell und nah genug, um auch innerhalb vernünftiger Zeit vor Ort zu sein“, sagt Wallgram.

Technische Daten Speedliner 920/350

  • Schnittbreite: 50 bis 350 mm
  • Blockhöhe: max. 150 mm
  • Vorschub: bis 40 m/min
  • Schnittfuge: ab 1,1 mm
  • Modulanzahl: bis 8