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Ist Forsteinrichtung oft ein ungenutztes Bankerl, vor dem der Datenschatz ins Wasser fällt? © Ebner

Forsteinrichtung, wozu?

Ein Artikel von Administrator | 23.08.2001 - 00:00
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Ist Forsteinrichtung oft ein ungenutztes Bankerl, vor dem der Datenschatz ins Wasser fällt? © Ebner

Wer die Forsteinrichtung nur aus dem Gesichtswinkel der Zuwachs- und Massenerhebung betrachtet, sollte diesen Beitrag gleich wieder aus der Hand legen. Ich frage mich oft, wer oder was die Forsteinrichtung als Geldvernichtungsinstrument in Verruf gebracht hat. Die Bezeichnung „Forsteinrichtung” verwende ich hier stellvertretend für alle Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Forstinventur und deren Ergebnis, einem geschriebenen Operat und einer - zumindest aktualisierten - Forstkarte (Anmerkung für Forsteinrichter: Manche der nachfolgend gebrauchten Ausdrücke entsprechen nicht wissenschaftlicher Exaktheit).Schuldsuche. Sind es also die Kosten, denen keine angemessenen Ergebnisse gegenüberstehen? Sind es die Forst-einrichter, welche die Bedürfnisse der potentiellen Kunden verschlafen haben oder sind es die praktizierenden, wirtschaftenden Forstleute, die sehr gut ohne Forsteinrichtung auszukommen scheinen (wie viele Beispiele zeigen) und welche aus dieser Einstellung kein Hehl machen? Wohl von allem etwas!
Allerdings scheinen mir, obwohl ich den zahlenmäßigen Vergleich schuldig bleiben muss, in gut geführten Betrieben relativ hohe Personalstände im Betriebsdienst mit dem Fehlen eines Forsteinrichtungswerkes zu korrelieren. Doch dazu später.Notwendigkeit gegeben? Es ist bezeichnend, dass die Österreichischen Bundesforste, denen sicher jedermann eine revolutionäre Rationalisierungswelle in den vergangenen Jahren attestieren wird, die Forsteinrichtung in ihrer Aufgabenstellung prinzipiell unverändert ließen - allerdings unter erheblichen Organisationsänderungen, in der offenbaren Erkenntnis von deren Notwendigkeit.
Viele österreichische Forstbetriebe kommen wohl deshalb sehr gut ohne Forsteinrichtungswerk aus, da sie möglicherweise dadurch keinem Kostendruck oder Rationalisierungszwang ausgesetzt sind.
Praxisnähe gefordert. Vor gar nicht langer Zeit fragte mich ein hochrangiger Vertreter der österreichischen Forstwirtschaft, wie man die Forsteinrichtungswerke ändern solle, um sie der heutigen Zeit anzupassen. Was braucht die Praxis? Sicher keine Zahlenfriedhöfe, die in der Vergangenheit den „Praktikern” die Einschau in die schön gebundenen Werke verekelt haben.Multimediales Mithalten gefragt. Oft glaube ich, dass es vielfach nicht gelungen ist, die Segnungen der EDV in der Forstwirtschaft nutzbar zu machen, dass gleichsam auf halbem Wege stehen geblieben wurde und große Datenmengen kommentarlos in den Raum, sprich Operat, gestellt wurden - statt sie mittels EDV zu brauchbaren Ergebnissen zu verwerten. Ich will versuchen anhand von Forderungen, welche verschiedene Gruppen von „Forstleuten” an ein aktuelles Operat stellen sollten, Rationalisierungseffekte anzudeuten.Vielfach einsetzbares Werk. Waldeigentümern sollte das Operat in erster Linie einen Vermögensstatus und zweitens eine Kontrolle über dessen Veränderungen während des abgelaufenen Wirtschaftszeitraums lie- fern. Dem Waldbesitzer ohne Fachpersonal sollte das Werk als Basis für Einschlags- und Pflegeplanung dienen sowie als Grundlage für die Vergabe von Wald-arbeiten.
Wie kann ein Waldbesitzer sein Forstpersonal ohne Operat kontrollieren, wie die vorgegebenen Ziele erreichen? Nicht zuletzt sind die nachzulesenden Ergebnisse für den Waldbesitzer die Grundlage für so wichtige Entscheidungen wie Etathöhe oder Betriebsziele. Der Waldeigentümer sollte aber auch die nachfolgenden Absätze beachten.
Unverzichtbarer Partner. Für den Wirtschaftsführer, sei er nun HTL-Absolvent oder Akademiker, ist meines Erachtens das aktuelle Operat für die betriebswirtschaftliche Planung unverzichtbar, solange dieses in der Lage ist, über wichtige planungsrelevante Daten Auskunft zu geben - als da sind: Größe der Pflegefläche im Wirtschaftszeitraum, mögliche (nicht zwingende) Vornutzungen, Struktur einzelner Bestände als Lieferant bestimmter Sortimente, Schadensausmaß in den Beständen als Ur- sache für schlechte Sortimentsausbeute (schönes Argument für jagdrelevante Wildstandsreduktionen, sofern das Personal nicht jagdlich interessiert ist - andererseits Gefahr des Vertuschungsvorwurfes, daher Achtung!).
Übrigens: die bestandesweise Verbuchung liefert - kontinuierlich durchgeführt - wertvolle geschichtliche Hinweise.Vielleicht sollte man gelegentlich doch zwei Stunden in die Durchrechnung investieren, was die Verkürzung der Umtriebszeit von 100 auf 80 Jahre bringen würde (sofern wirklich alle Pflegehiebe, wie im Operat vorgesehen, durchgeführt wurden). Anmerkung nebenbei: Ein akademischer Wirtschaftsführer, der 3000 ha Wirtschaftswald zu betreuen und da- für außer einer Sekretärin noch zwei Förster zur Hand hat, braucht keinen Wirtschaftsplan, da er und seine Förster jeden Baum kennen müssten! Bestellungspflicht überholt. Hier muss ich wohl einfügen, dass unser bewährtes und sehr praxisorientiertes Forstgesetz von 1975 in der Frage der Bestellungpflicht (Betriebsgrößen) - in Zeiten des Geländewagens und Laptops - doch einigermaßen überholt ist.
Im Betriebsdienst (Förster, Forstwart, Eigentümer) ist durch die bestandesweise Planung der erforderlichen Pflege- und Nutzungseingriffe im Operat und der jährlichen Nachweisung dortselbst der Betriebsbeamte in der Lage, orts- und mengenmäßig sämtliche seiner Arbeiten im Frühjahr vorzuplanen. Die ständigen „Ho-Ruck”-Aktionen kosten nämlich mehr Geld als vermutet.
Wertvolle Forstkarte. Die Forstkarte ist dem Betriebsbeamten wertvolles Hilfsmittel zur Bestimmung von Befund- und Buchungseinheit (merke: Forst- wirtschaft ist flächenorientierte Wirtschaft, Hektar ist neben Festmeter Bezugsgröße für viele Arbeiten). Aber die aktuelle, ästhe- tisch ansprechend kolorierte Forstkarte als Hauptzweck, respektive Ergebnis der Forsteinrichtung anzusehen, ist nahezu pervers.
Die weiter oben schon angesprochenen Daten zur jeweiligen Bestandesstruktur versetzen den Betriebsdienst in die Lage, sehr schnell auf sich ändernde Markterfordernisse durch entsprechende Sortimente zu reagieren. Zu Lothars Zeiten und bei Zufuhrsperren besinnt man sich ganz gerne auf Marktnischen, solange es nicht alle tun. Macht Windwurf Forsteinrichtungsarbeit zunichte? Ja, nun werden viele sagen, „das alles hört sich sehr gut an, doch der nächste Windwurf kommt bestimmt und dann waren Arbeit und Kosten für die Katz”. Nun, hier kommen wir wieder zum Ausgangspunkt unserer Betrachtungen zurück.
Die klassische Forsteinrichtung (sh. Baader, Forsteinrichtung als nachhaltige Betriebsfüh- rung und Betriebsplanung, 1942) sah ihren Hauptzweck darin, die Forste so „einzurichten”, dass eine planmäßige, also eine vorhersehbare Bewirtschaftung möglich wurde. Sie bediente sich (hier nur als Schlagworte und nicht weiter zu erläutern) der Einrichtung der räumlichen Ordnung, der Technik des Wind- und Sturmschutzes (Deckungsschutz, Schlagfolge und Schlagreihe, Loshieb, Freihieb, Gliederungshieb, Schneisen), der Empfehlung eines sinnvollen Bestockungsaufbaus (Standort und Holzartenwahl, Pflege) und der auf das Betriebsziel abgestimmten Vorratshaltung.
Altbewährtes mit Neuem verbinden. Im Ertragswald-Hochwald - und dazu gehören über 75% der österreichischen Gesamtwaldfläche (sh. Waldbericht 1996) - gibt es seit rund 150 Jahren bewährte Grundsätze der Bewirtschaftung, die man nicht einfach ändern sollte. Die heute vielfach propagierte „naturnahe” Waldwirtschaft - in drei Viertel der Fälle falsch interpretiert als natürliche Verjüngung in einem langen Verjüngungszeitraum - führt wieder zu gleichaltrigen Hochwaldbeständen. Jedoch erstrecken sich die Altersunterschiede in einem Bestand eben über 30 Jahre - auch das sei einmal gesagt.Genaue Spezifikation gefragt. Vielleicht wurde bislang bei vielen Forsteinrichtungen zu wenig Wert auf die Herausarbeitung der Unterschiede von einzelnen Betriebsarten und die Be- deutung für den jeweiligen Forstbetrieb gelegt. Das vorstehend Gesagte gilt im Wesentlichen für die bestandesweise Taxation. Abschließend sei noch vermerkt, dass mich oftmals der heimtückische aber wohl auszuschließende Hintergedanke beschleicht, dass fallweise Waldeigentümer und/ oder Personal an einer Erhebung des Ist-Zustandes und dessen periodisch wiederkehrender Kontrolle aus verschiedenen Gründen (z. B. Vermögensabbau, Einheitswert, Wildschäden) nicht allzu interessiert scheinen.