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DI Josef Gerhard Maier © Heidelbauer

Bewertungs-Kunst

Ein Artikel von Administrator | 19.01.2004 - 00:00
Diffizile Bewertungsfragen bei Natura 2000-Gebieten, Tiroler Teilwaldrechten und Enteignungsentschädigungen sowie die Umsetzung der Kioto-Ziele wurden während der Ziviltechniker-Tagung am 15. Jänner in Hopfgarten erörtert. Grundsätzlich ist Natura 2000 als positiv zu betrachten, aber in der Umsetzung gibt es hausgemachte Probleme, so Univ.-Prof DI Dr. Helmut Haimböck, Universität für Bodenkultur.Mögliche Nutzung relevant. Die Arealabgrenzung erfolgte teilweise nach Katastralgemeinden und es wurden keine eindeutigen im Gelände nachvollziehbaren Ausweisungen vorgenommen. Manchmal waren auch die vorhandenen wissenschaftlichen Grundlagen unzureichend. Es wurde beispielsweise ein künstlich begradigter Fluss als Eisvogelschutzgebiet ausgewiesen. Bei der Entschädigungsberechnung von Natura 2000-Arealen ist die aufgrund der natürlichen Verhältnisse mögliche Nutzung und nicht die tatsächlich praktizierte bewertungsrelevant. Während landwirtschaftliche Brachflächen auch anders bewirtschaftet werden können, geht dies beim Bannwald nicht.Uneinheitliche Teilwaldrechte. Über die Entstehung, rechtlichen Rahmenbedingungen und Bewertungspraxis der Tiroler Teilwaldrechte referierte DI Günther Brenner, Bezirksforstinspektion Telfs. Probleme ergeben sich, da keine einheitliche rechtliche Einstufung vorhanden ist. So werden Teilwälder als Privatwälder behandelt und sind nur teilweise im Grundbuch eingetragen. Weiters geschahen endlose Teilungen durch Erbgänge und Teilverkäufe. In Tirol findet man 62 Teilwaldbetriebe mit 7000 Nutzungsberechtigten auf 31.500 ha Waldfläche. Bewertungskonflikte ergeben sich, da der Bodenverkehrswert nach dem Verkehrswert eines in derselben Gemeinde gelegenen Waldgrundstückes gleicher Bonität zu bemessen ist, so Brenner.Materiengesetze bei Enteignung beachten. Die Enteignung aus jurisitscher Sicht und das Eisenbahn-Enteignungsgesetz (EisbEG) wurden von Dr. Herbert Sollath, Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG, Wien, ausführlich erläutert. Während die Verfassung bei einer Enteignung keine zwingende Entschädigung vorsieht, wird dies von der Lehre heftig gefordert. In der EisbEG-Novelle wird die einheitliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes geändert. Für das Enteignungsverfahren ist jene Behörde zuständig, die auch den Baugenehmigungsbescheid erlässt (gültig ab 2005).
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DI Josef Gerhard Maier © Heidelbauer

Für die Entschädigungsermittlung bei Enteignungen können keine allgemein gültigen Grundsätze aufgestellt werden, so DI Josef Gerhard Maier, Oberfucha. In den einzelnen Verfahren sind die jeweiligen Materiengesetze zu beachten. Bei der Verkehrswertermittlung ist das Liegenschaftsbewertungsgesetz zwingend in allen gerichtlichen Verfahren anzuwenden. Die Bewertungsmethode (Vergleichswert, Ertragswert oder Sachwert) kann frei gewählt werden, aber der aktuelle Wissenschafts-Stand und Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehr sind zu berücksichtigen. Zudem darf der Bewertungsanlass (Verlassenschafts-, Grundeinlöseverfahren) nicht bei der Beurteilung beachtet werden. Die berechneten Werte sind nur Zwischenergebnisse für die Verkehrswert-Ableitung. Weiters muss der Sachverständige eine Nachkontrolle anhand der aktuellen Marktverhältnisse durchführen.Fixkostenüberhang prüfen. In der forstlichen Bewertungspraxis hat sich die Entschädigung des Fixkostenüberhanges (Sagl) eingebürgert. Dieser ist dann gegeben, wenn Teilflächen abgegeben werden und die betriebliche Auslastung von Maschinen, Gebäuden und Personal nicht mehr im vollen Umfang erfolgt. Für den Entschädigungsanspruch ist aber zu prüfen, ob eine äquivalente Ersatzbeschaffung möglich ist. Zudem darf der Zinsertrag aus der Substanzentschädigung (Vergütung für Rechtsverlust) nicht ausreichen um den Deckungsbeitragsverlust des Enteigneten auszugleichen. Doppelentschädigung tunlichst vermeiden. Vorsicht ist geboten, um Doppelentschädigungen zu vermeiden. Wenn für eine enteignete Liegenschaft der Verkehrswert oder der Teilverlust am Verkehrswert festgestellt wurde, dürfen zukünftige ausfallende Erträge nicht entschädigt werden. Die konkrete Verwendungsmöglichkeit ist zu berücksichtigen. 2 widersprechende Ansätze (Verkauf und Weiternutzung) sind nicht möglich. Als Beispiel nannte Maier, dass man eine verkaufte Kuh auch nicht melken kann. Fachwissen und Hausverstand einsetzen. Die Werke von Sagl und Lindemann sind für die Wald-Enteignungsentschädigung eine wertvolle Hilfe. Wichtige Beurteilungskriterien sind Bodenwert, Bestandeswert, Wirtschaftserschwernisse, Verwaltungskosten-Mehraufwand, Fixkostenbelastung, verminderte Kreditwürdigkeit, Marktposition, Jagd und alternative Bewirtschaftungsformen, so DI Christian Gäbler, Rettenegg. Nur durch die gutachtliche Beurteilung des Sachverständigen können mögliche Nutzungsvarianten (Douglasienanbau) in der Entschädigung berücksichtigt werden. So muss man bei einer denkbaren Bestandesumwandlung zu ertragreicheren Waldflächen hinterfragen, welche Standorte geeignet sind und warum diese bisher nicht genutzt wurden.
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DI Christian Gäbler © Heidelbauer

Während es im allgemeinen Waren- und Immobilienverkehr relativ einfach ist, ein Preisniveau zu ermitteln, ist das für Wald ungleich schwieriger. Verschiedene Autoren begründet dies damit, dass Wälder keine homogenen Güter sind. Ein erfahreren Sachverständiger kann mittels seines Fachwissens und Hausverstandes sehr gut die vermögensrechtlichen Nachteile einer Enteignung beurteilen, so Gäbler.Kostengünstige C-Senken. Österreich soll nach dem Kioto-Ziel bis 2010 die Treibgasemissionen um 17 Mio. t CO2-Äquivalent reduzieren, so DI Kasimir P. Nemestothy, Energieverwertungsagentur E.V.A. Dies möchte man durch Maßnahmen im Inland und flexible Mechanismen wie International Emission Trading, Joint Implementation (JI), Clean Development Mechanismen (CDM) erreichen.
Als kostengünstige Lösung für die CO2-Minderung sieht DI Markus Sommerauer, Wien, den Aufbau von C-Senken. Durch Aufforstungen im In- und Ausland wird Kohlenstoff gebunden. Senken-Projekte zwischen Industrienationen (JI) sowie zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (CDM) sind möglich.
Emissionreduktionen, die man im Ausland iniitiert, können auf das nationale Kioto-Ziel angerechnet werden.