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Bundeskanzler Gerhard Schröder © Peters

Verfrühtes Weihnachtsfest

Ein Artikel von Dipl.-FW Dr. Stefan Peters | 23.10.2004 - 00:00
Eigentlich plante er, das neue Werk gemeinsam mit allen Mitarbeitern während der diesjährigen Weihnachtszeit einzuweihen - doch während des Absingens entsprechender Lieder durch Bundeskanzler Gerhard Schröder hätte sich der Festsaal nach eigenem Bekunden binnen kurzer Zeit geleert. Nicht nur vor diesem Hintergrund weihte ein gut gelaunter deutscher Regierungschef bereits am 22. Oktober die neu errichteten Produktionsanlagen von Zellstoff Stendal in Arneburg/DE ein.
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Bundeskanzler Gerhard Schröder © Peters

Gewagt und geschafft. Der Bundeskanzler fokussierte auf den Standort Deutschland: Mit der neuen Zellstoffproduktion sei hier entgegen allen Kleinmutes etwas gewagt und geschafft worden. Dazu bedurfte es neben den Investitionen insbesondere der 500 neuen Mitarbeiter - diese stammen zu 80% aus der Region und konnten zu 30% aus der Langzeit-Arbeitslosigkeit errettet werden.
Schröder unterstrich in diesem Zusammenhang die nach Lebensalter gemischte, demnächst 580-köpfige Belegschaft inklusive 30 Auszubildender: Volkswirtschaftlich könne es sich Deutschland nicht leisten, auf die Kompetenz gerade älterer Mitarbeiter zu verzichten.Standort Deutschland lohnt sich. Nachdem sich Vorredner Jimmy S. H. Lee, Präsident des Hauptgesellschafters Mercer International, Seattle, Washington State/US, besonders angetan vom Standort zeigte, fokussierte der Bundeskanzler auf die „gute Qualifikation der Leute”, auf eine Infrastruktur, die „ihresgleichen suche” sowie auf den fortschrittlichen Wandel: Für seinen Ausspruch, „es lohnt sich, in Deutschland zu investieren”, erhielt er besonderen Applaus von den 800 Gästen.
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Zellstoff Stendal-Geschäftsführer Wolfram Ridder © Peters

Renaissance für Zellstoff. Seit der Grundsteinlegung am 26. August 2002 investierte Zellstoff Stendal insgesamt 1 Mrd. €, davon 250 Mio. € Fördermittel. Diese Subventionskonzeption für sei von der Europäischen Union notifiziert, so Geschäftsführer Dipl.-Holzw. Wolfram Ridder, zugleich Vizepräsident des 64%-igen Hauptgesellschafters Mercer International. Seit Juli fährt das Unternehmen die Produktion qualitativ hochwertigen Langfaserzellstoffes - Basis für Druck- und Hygienepapiere - auf 1700 t täglich entsprechend 550.000 t jährlich hoch. Die Auslastung liegt derzeit zwischen 80 und 90%. Langfristig plant Zellstoff Stendal die Herstellung von 70% ECF- (elementary chloral free) und 30% TCF-Zellstoff (total chloral free).
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Nur 500 m vom Biosphärenreservat Elbe entfernt: Zellstoff-Produktionsanlagen nahe Arneburg/DE © Peters

Stendals schöne Töchter. Zwecks Sicherung des täglichen Bedarfs von 9000 fm erwirbt Tochtergesellschaft Zellstoff Stendal Holz im 250 km-Radius jährlich 2 Mio. fm Nadel-Rundholz und 1 Mio. fm Hackschnitzel - zu 80% in den neuen und zu 20% in den alten Bundesländern. Auf der Produktseite kümmert sich Zellstoff Stendal Transport um logistische Abwicklung und versorgt Kunden in Deutschland, West- und Osteuropa, mittlerem Osten sowie Asien. Zusammen mit der im Dezember 1999 gestarteten Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal, Blankenstein/DE, wird Mercer 65% des in Deutschland produzierten Zellstoffs erzeugen und nimmt international für nadelholzbasierte Marktzellstoffe Rang 3 nach Södra, Växjö/SE und Canfor, Vancouver/CA, ein. Entsprechend der Volatilität des Marktes bei Zellstoffpreisen zwischen 450 und 470 US-$/t erwartet Ridder jährliche Umsätze bis 400 Mio. €.
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Herzstück: Zellstoff-Herstellung und -Formatierung © Peters

Noch auszuhalten? Über steigende Umsätze freut sich auch der regionale Mittelstand. So wird eine Bäckerin zitiert mit den Worten: „Vielleicht hält sich ja das Zellstoffwerk. Und wenn noch ein anderes dazukäme, wäre es gar nicht auszuhalten.”
Zellstoff Stendal-Facts
Gesellschafter: Mercer International, RWE Industrielösungen, Fahr Beteiligungen
Geschäftsführung: Wolfram Ridder (zugleich Sprecher), Ulf Johansson (Produktion und Technologie)
Mitarbeiter: 580
Rohstoffbedarf (2005): 3 Mio. fm Rohholz
Produktion (2005): 550.000 t Langfaser-Kraftzellstoff (TCF und ECF)
Tochtergesellschaften: Zellstoff Stendal Holz (Rohstofflogistik) und Zellstoff Stendal Transport (Produktlogistik)