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Dr. Thomas Cech, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), Wien © DI Martin Heidelbauer

Käfer-Turnaround geschafft

Ein Artikel von DI Martin Heidelbauer | 10.09.2012 - 18:00
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Dr. Thomas Cech, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), Wien © DI Martin Heidelbauer

Über Spätfrostschäden, Tendenzen beim Eschentriebsterben, Lärchenprobleme und Rüsselkäfergefahren berichtete Dr. Thomas Cech, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), Wien. „Ein Kälteeinbruch im Mai verursachte Spätfrostschäden an Fichte, Lärche, Tanne. Nachfolgend war Grauschimmel bei Fichte und Lärche zu beo­bachten“, informierte Cech.
Beim Eschentriebsterben konnte heuer eine geringfügig rückläufige Entwicklung festgestellt werden. Verursacher dieser Krankheit ist der Schlauchpilz „Hymenoscyphus pseudoalbidus“ (Falsches Weißes Stengelbecherchen). Das Eschentriebsterben tritt seit 2005 in Österreich auf. „Man sollte die Esche nicht forcieren, aber auch nicht völlig abschreiben“, empfahl der Forstschutzexperte. Um die Ausbreitung von Folgeschädlingen, wie dem Eschenbastkäfer, zu verhindern, ist mehr Hygiene nötig: Entfernung und Entsorgung des herbstlichen Falllaubes überall dort, wo es möglich ist (Forstgärten, Stadtbäume). Auch eine sorgfältige Kontrolle der Jungpflanzen auf Symptome ist erforderlich. Weiters sind nur stark geschädigte und frisch abgestorbene Eschen zu entfernen. Die Auszeige sollte bis spätestens Ende August erfolgen. Wo es zielführend erscheint, ist die Eschennaturverjüngung zu fördern. Auch ein Wechsel zu anderen Baumarten, wie Bergahorn, könnte angedacht werden. In gemischten Beständen sollte man den Eschenanteil gering halten.

Lärchenprobleme in der montanen Stufe

„Lärchenkronenschäden häufen sich seit einigen Jahren in der Osthälfte des Bundesgebietes. Seit 2010 ist ein Absterben vor allem in der montanen Stufe bei Lärchen aller Altersstufen zu beobachten“, mahnt Cech. Verantwortlich ist ein biotischer und abiotischer Schadenskomplex. „Insgesamt verdichten sich die Hinweise auf eine langfristige Primärschädigung der Lärchenbestände, bei der klimatische Faktoren die Hauptrolle spielen dürften“, erklärte Cech. Zusätzlich zu Spätfrostschäden und vermutlich Trockenstress setzen Lärchenminiermotte, Lärchennadelknicklaus, Knospenvergallung, Mycosphaerella-Nadelschütte, Hypodermella-Nadelschütte, Lärchenkrebs (nimmt in der Jugend zu), Grauer Lärchenwickler und schließlich Borkenkäferbefall den Lärchenbeständen zu.
Der Große Braune Rüsselkäfer zeigt ein verstärktes Auftreten nach Schadholzanfall. Er ist der gefährlichste Schädling in Forstkulturen und bedarf einer aufwändigen Bekämpfung. Dies kann mittels waldbaulicher Maßnahmen, Fangrinde oder Insektiziden erfolgen.

Hauptflugzeit Mitte Juni

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OFö Ing. Norbert Weber, Forstverwaltung Göß, Forstbetrieb Franz Mayr-Melnhof-Saurau © DI Martin Heidelbauer

„Nach dem Föhnsturm Uschi 2002 haben die Käferprobleme bei uns begonnen. Weiters gab es im Jahr 2007 Schneebruchschäden von 1400 bis 1800 m Seehöhe. Mit den Stürmen Paula und Emma stiegen die Kalamitätsschäden 2008 auf 130.000 fm“, schilderte OFö. Ing. Norbert Weber, FV Göß, Forstbetrieb Franz Mayr-Melnhof-Saurau. Zur Borkenkäferbekämpfung wurden zwischen 2010 und 2012 verstärkt Fangschläge mit insgesamt 20.000 fm in allen Höhenlagen angelegt. Die Schlägerungen erfolgten im März und April. Es wurden wöchentliche Kontrollen auf Käfereinwirkungen durchgeführt.
Außerdem zeigte ein Käfermonitoring mit fünf Sternfallen pro Revier, dass der Hauptflug der Schadinsekten in allen Höhenstufen (650 bis 1300 m) Mitte Juni stattfindet: „Mittels Hubschraubern wurden in drei Jahren 5500 fm Fangbäume mit Ästen und Wipfel geflogen. Pro Tag können bis 650 fm aus unbringbaren Lagen weggeschafft werden. Wichtig sind eine frühzeitige Planung und fixe Vorgabe eines Flugtermins“, betonte Weber. Zudem wurde der Schlagrücklass an der Forststraße gehackt, wobei 50.000 srm erzeugt wurden. „2010 fielen 45.000 fm Käferholz an, 2011 waren es 35.000 fm und heuer wird deutlich weniger Schadholz erwartet. Das wechselhafte Wetter mit Regen, kühlen und heißen Perioden störten die Käferpopulationsentwicklung“, berichtete der Oberförster. Zukünftig erwartet er, dass das Klima heißer wird und Stürme, Nassschnee- und Starkregenereignisse häufiger auftreten könnten. „Aktiver Forstschutz unserer Wälder kann nur durch genügend Forstfachpersonal auf der Fläche sichergestellt werden. Momentan ist Brand aus, aber wir brauchen eine Feuerwache“, appellierte Weber.

Turnaround geschafft

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DI Hubert Gugganig, Forstbetrieb Inneres Salzkammergut, Österreichische Bundesforste (ÖBf) © DI Martin Heidelbauer

„2011 haben wir den Turnaround bei der Borkenkäferproblematik geschafft“, verwies DI Hubert Gugganig, Forstbetrieb Inneres Salzkammergut, Österreichische Bundesforste (ÖBf). Eine rasche Aufarbeitung und Abfuhr des Windwurfholzes seien die wirkungsvollsten Maßnahmen. Außerdem werden Äste und Stöcke mit Insektiziden behandelt. Falls der Abtransport nicht möglich ist, entrindet man die Bäume. Fangbäume und -schläge in ÖBf-Revieren (2011: 100.000 fm) sind eine wichtige Abschöpfungsmaßnahme vor dem Erstflug im Frühjahr. Befallene Bäume müssen sofort gefällt werden, um die Lockwirkung im Kronenraum zu unterbrechen. Weiters werden zur Borkenkäferbekämpfung bei den ÖBf Schlitz-, Prügel- und Netzfallen sowie Hubschrauber in schwierigen Lagen eingesetzt. „Durch das Käferholz ergibt sich ein Verlust von 30 €/fm. Bei der Annahme, dass aus einem Käferbaum nach der 1. Generation zehn Käferbäume anfallen, entsteht ein Schaden von 300 €. In der 2. Generation bedeuten 100 Käferbäume 3000 € Verlust und in der 3. Generation ergeben sich bei 1000 Bäumen 30.000 € Schaden. Dagegen kostet die händische Bearbeitung des Baumes maximal 60 €/fm. Vorbeugen ist daher besser als heilen“, analysierte Gugganig.

Klimawandel gefährdet Bestandesstabilität

„Den höchsten Schadholzanfall in der Steiermark verzeichneten wir sturmbedingt 2008 mit über 5,6 Mio. fm. 2011 sank dieser Wert auf 800.000 fm“, erklärte OFR DI Heinz Lick, LFD Steiermark. Pro­bleme bereitet der Klimawandel, da bis 2100 die Jahresmitteltemperatur um 2 bis 5 ° C ansteigen soll. „Dies wird Auswirkungen auf Waldkrankheiten, Bestandsstabilität, Baumartenzusammensetzung, betriebliche Existenzen und die Sicherheit des Siedlungs- und Lebensraumes haben“, warnte Lick.