Interview

Forsttechnik auf der Prüfwaage

Ein Artikel von Fabian Pöschel | 07.12.2017 - 10:45
KWF.tif

Das KWF in Großumstadt/DE: Prof. Dr. Ute Seeling (li.), geschäftsführende Direktorin KWF, und Peter Harbauer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit © Fabian Pöschel

Das KWF prüft seit über 50 Jahren Forsttechnik, -ausstattung und forstliche Betriebsmittel. Als Kompetenzzentrum für Waldarbeit, Forsttechnik und Holzlogistik initiiert und begleitet es innovative Projekte im Cluster Forst und Holz. Prof. Dr. Ute Seeling, geschäftsführende Direktorin des KWF, spricht über Forschungsprojekte des KWF sowie Trends und Potenziale im Rahmen der Prüftätigkeiten. Welche Projekte verfolgt das KWF zurzeit?

Von besonderem Interesse für die Leser ist ELDATsmart. ELDAT steht hierbei für „elektronischer Datenstandard für Holzdaten“ und ist eine Datenschnittstelle für den Holzverkauf. Es ist eine Vereinheitlichung von rundholzbezogenen Daten, wie Menge, Sortimentsklasse, Rundholzaushaltung, Holzart, und anderen wichtigen Einflussgrößen. Die Datenschnittstelle dient der Optimierung der digitalen Kommunikation aller am Prozess Beteiligten. Nach der Etablierung von ELDAT bekamen wir viele Rückmeldungen aus der Praxis. Auch der Wunsch nach einer weiteren Standardisierung bestimmter Produktklassen, wie der Nadelkurzholz-Sortimente, war vorhanden.

Mithilfe von Geldern der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe wurde daraufhin ein eineinhalb Jahre dauerndes Projekt ins Leben gerufen. Entscheidende Neuerungen sind vor allem bei der Poltervermessung festzustellen. Die fotooptische Erfassung von Poltern und die Darstellung als Produkt haben Einzug in den ELDATsmart-Standard gefunden. Strategisch wird momentan an einer Rahmenvereinbarung des DFWR und des DHWR gearbeitet. Diese soll am 14. Dezember in Berlin unterzeichnet werden und ein Signal an die Wirtschaft für den ELDATsmart-Standard sein.

Nach der Abstimmung innerhalb Deutschlands wurde, begründet durch den stetigen Holzverkehr zwischen Österreich und Deutschland, der Kontakt mit Forst Holz Papier gesucht. Hier ging es vor allem um die Anpassungen an einen gemeinsamen und praktikablen Standard.

Welche weiteren Vorhaben plant das KWF?

In der Forsttechnik haben wir das Projekt On Track, welches von der EU finanziert wird. Zusammen mit europäischen Partnern und einer starken Industriebeteiligung wird an der Entwicklung eines mehr bodenschonenden Forwarders gearbeitet. Der Name On Track stammt von einem an der Maschine angebrachten Kamerasystem, welches bei den Fahrten im Bestand die Rückegasse aufnimmt. Mit diesen Bildern lässt sich die Veränderung der Fahrspur evaluieren. Diese kann Aussagen über die technische Befahrbarkeit der Rückegasse geben. Das Tool ist universell an verschiedenen Forstmaschinen einsetzbar. Der Prototyp ist momentan in Lettland im Einsatz. Dabei handelt es sich um einen Forwader mit einem bodenschonenden Raupenfahrwerk. Trotz der bei 

Raupenfahrzeugen bekannten Abscher-Problematik sind die ersten Ergebnisse zufriedenstellend. Der Prototyp wird voraussichtlich im März nach Deutschland kommen und auf nassen Standorten in Nordost-Deutschland sowie in steileren Lagen im Harz präsentiert werden. Auf der Interforst wird diese Maschine ebenfalls ausgestellt. 

Die Idee zu diesem Projekt entstammt dem Gedanken, dass Forwarder während der laufenden Holzernte den Bestand mehr gefährden als Harvester, da sie die Rücke-

gasse öfter und vor allem schwerer beladen befahren. Das KWF ist in Zusammenarbeit mit Ponsse und Prinoth Entwickler der Idee. Die Synergien der Fahrzeugbauer aller Beteiligten wurden dabei genutzt und das jetzt existierende Modell wurde innerhalb der zweijährigen Projektlaufzeit umgesetzt. 

 

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Bodenschonendes Vorrücken: der von Ponsse mitkonstruierte Forwader minimiert mittels Kameratechnologie die Waldschäden © Ponsse

Der Forschungsbereich Forwarder ist ein sehr populäres Thema in verschiedenen Gremien. Welche anderen Lösungsansätze gibt es?

Zunächst muss man den Zielkonflikt des Forwardereinsatzes verstehen: Begründet durch die Interessen der Forstunternehmen, wurden etliche Neuerungen im Laufe der Zeit gefordert. Diese Neuerungen zielten vor allem auf Optimierung und ein bestandesschonendes Arbeitsverhalten der Maschine ab. Zusätzliche Installationen machen den Forwarder immer schwerer. Außerdem sinkt oder stagniert mit zusätzlichen Installationen das Beladungsgewicht. Dies führt dazu, dass der Bestand mit dem Forwarder wesentlich häufiger befahren werden muss.

Populär geworden sind in der jüngsten Vergangenheit vor allem Traktionshilfswinden, welche an den Maschinen angebracht werden und mit dem Getriebe synchronisiert sind, um Schlupf zu vermeiden. Das Seil der Winde wird dabei an einem Ankerbaum angebracht und gleicht die auf den Boden wirkende Kraft aus. 

Das Resultat ist überzeugend. Zur Folge hat es, dass immer mehr Ausschreibungen Forwarder mit Traktionshilfswinden fordern, zum Teil auch auf solchen Standorten, bei denen sie nicht benötigt werden.

Ein bedeutenderes Problem geht jedoch in eine andere Richtung: Forstmaschinenführer neigen gerade im steilen Gelände dazu, die Traktionshilfswinde zu benutzen, um bisher unbefahrbares Gelände zu erschließen. Dies ist höchst riskant und kann zu schweren Arbeitsunfällen führen. Wichtig ist also, dass ein Seilgelände auch als solches bewirtschaftet wird. Im Ausland wird dies anders gehandhabt. Dort wird die Hilfswinde als Geländeerweiterungswerkzeug betrachtet. 

Wir hören dies zurzeit in internationalen Normungsgesprächen über den Gebrauch von Traktionshilfswinden. Auf nationaler Abstimmungsebene hat man schnell gesehen, dass man diese Thematik eingrenzen muss. Deshalb hat man sich in Deutschland darauf geeinigt, eine Norm für Traktionshilfswinden im befahrbaren Gelände zu entwickeln. In den USA und in Kanada sieht man dies anders. Deshalb werden zwei verschiedene Normen entwickelt.

Ein weiterer Trend im Bereich der Traktionshilfswinden geht in Richtung mobiler Windeneinheiten, welche nicht auf einer Maschine installiert werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist die T-Winch von Ecoforst. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren universellen Gebrauch aus, da sie nicht an Maschinen gebunden sind. Außerdem werden Ankerbäume weitestgehend vermieden.

Das KWF beschäftigt sich auch mit Ergonomie bei der Ausübung von Wald- und Forstarbeiten.

Hier führen wir gerade ein vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz für Forstunternehmer durch. Es heißt proSILWA und ist als interdisziplinäres Projekt geplant. Zusammen mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Technischen Universität Dresden und der Gütegemeinschaft Wald- und Landschaftspflege wurden Forstunternehmen aufgesucht, welche RAL-zertifiziert sind. Diese wurden befragt, was unternommen werde, um den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu fördern und zu gewährleisten. Der Schwerpunkt lag auf der Sensibilisierung des Forstarbeiters, zum Beispiel der Organisation von Pausenzeiten oder darauf, was man für seine Fitness in der Pause machen kann. Aber auch die Unfallprävention, um den Arbeitsplatz sicher zu gestalten, spielte eine Rolle. Jetzt werden Konzepte für diese Unternehmen entwickelt. Zusammen mit RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung sollen aber auch generell anwendbare Konzepte entwickelt und im Zuge des Projektes vorgestellt werden.

Geht das KWF auch auf die laufenden Kartellverfahren in den Bundesländern ein?

Indirekt wird vom KWF darauf eingegangen. Ein Projekt hierzu ist KomSILVA. Dieses richtet sich an forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und deren Berater und soll auf die bevorstehenden Änderungen im Zuge des Kartellverfahrens in den Ländern vorbereiten. Geschäftsführer forstlicher Zusammenschlüsse werden dabei unterstützt, inaktive Waldbesitzer zu mobilisieren und von forstwirtschaftlichen Tätigkeiten zu überzeugen. Dies soll durch eine Applikation und gezielte regionale Öffentlichkeitsarbeit geschehen. Projektpartner sind die Technische Universität München, der Cluster Forst und Holz Bayern sowie das Forstberatungsunternehmen Unique.

Welche Trends zeichnen sich im Rahmen der Prüftätigkeit des KWF in den Bereichen Forstausstattung und -maschinen ab?

Bei den Geräten und Werkzeugen sind wir dabei, die Hersteller am Weg zur Akkutechnologie zu begleiten. Akkutechnologie ist momentan ein sehr gefragtes Thema, nicht nur im Forstsektor. Gerade im Profibereich ist diese Technologieentwicklung aber noch verpönt. Grenzen bestehen natürlich hinsichtlich der Akkukapazitäten und der damit einhergehenden Leistungsproblematik. Trotzdem werden sehr viele akkubetriebene Kettensägen angemeldet. 

Bei der Motorsägen-Entwicklung gibt es den Trend zur Installation von Chips, um die Motorleistung und die Laufzeiten der Säge zu verifizieren. Hiervon versprechen sich die Hersteller, gezielter auf Kundenbedürfnissen eingehen zu können. Vor allem die Einhaltung von Wartungs- und Servicearbeiten steht dabei im Vordergrund.

Das Kommunikationssystem von 3M ist ebenfalls eine begrüßenswerte Entwicklung in der Forstwirtschaft (s. Seite 18). Hierbei wird mittels Bluetooth-Technologie die Kommunikation von Forstwirtschaftsrotten gefördert. Die integrierte Warntechnologie ist bemerkenswert.

Forstwirtschaft 4.0 ist im Moment ein sehr herausstechendes Thema. Hier geht es darum, die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Maschinen, aber auch zwischen Mensch und Maschine zu erforschen. Die Datenvernetzung ist ein wesentlicher Punkt in dieser Entwicklung. Im Moment haben wir hierzu keine Projekte, jedoch sind welche mit Partnern geplant.