Borkenkäferschäden_Screenshot_Video.jpg

Der Borkenkäfer schädigte Fichten im Mölltal bis zur Waldgrenze auf über 1600 m © holzkurier.tv

Kärntner Wirtschaftsführer

Gefahr im Verzug

Ein Artikel von Gerd Ebner | 07.12.2022 - 07:54

Das Voranschreiten der Borkenkäfer war in den beiden Vorjahren so massiv, dass für das kommende Jahr von einer weiteren Vergrößerung der Gefährdung ausgegangen werden muss. Die Wirtschaftsführer-Runde sieht das obere Ende des Drau- und Gailtals schon gefährdet – und das selbst bei einer günstigen Witterung.

Geworfene Bäume sofort voller Käfer

Keiner will sich ausmalen, wenn sich so ein trockener Sommer wie 2022 wiederholt. „Als heuer am 18. August mein Bestand vom Sturm heimgesucht wurde, hat es nicht lange gedauert, bis alle geworfenen Stämme voller Käfer waren“, erklärte ein Großprivatwaldbesitzer aus dem Lavanttal. Der Betrieb ist gute 150 km Luftlinie von den Hauptschadensgebieten in Oberkärnten entfernt. „Dabei fahren wir ein monatliches Käfermonitoring mit Fallen und Fangbäumen. Heuer hatten wir Monate mit 100.000 Käfern je Falle“, erzählte der Lavanttaler. „Käfermonitoring heißt für uns, nicht nur vom Gegenhang zu schauen, sondern die Bestände aktiv zu durchwandern. Das ist nötig. Häufig ist der Käfer in Bäumen, deren Kronen noch grün sind.“

3000 fm Fangbäume im Betrieb

Ein Großbetrieb in Oberkärnten plant für 2023, 3000 fm Fangbäume hinzulegen. „Der Aufwand ist nötig, um die Lage irgendwie im Griff zu haben“, argumentiert der Verantwortliche.

Ein großes Problem ist für die Wirtschaftsführerrunde die fehlende Forsttechnik. Man wäre zur Linderung sogar bereit, überbetrieblich Seilkrane zu kaufen – allein die fehlenden Maschinisten halten die Wirtschaftsführer davon ab. Eine besondere Gefahr geht vom fehlenden Gefahrenbewusstsein seitens der Kleinprivatwaldbesitzer aus. „Nur 7 % der Waldfläche in Kärnten werden von eigenem Forstpersonal betreut. Den restlichen 93 % ist vielfach nicht bewusst, vor welchen Herausforderungen wir alle stehen“, appellierte die Forstrunde.

Der Vorsitzende der Wirtschaftsführerrunde, Martin Straubinger, Foscari Widmann  Rezzonico‘sche Forstdirektion, organisierte heuer im S eptember eine Exkursion auf die Schadflächen im Mölltal (s. Video). Ein ähnlicher Vorortbesuch ist für das Frühjahr 2023 geplant.

Der Käfer wird ein Problem bleiben, so lange es in Kärnten Fichten gibt.


Ein Wirtschaftsführer

Rasch und großzügig eingreifen

Allen Waldbesitzern soll die Gefahr vor Augen geführt werden. Dann seien diese bereit, schnell und großzügig im Wald zu handeln. Bei Gefahr im Verzug wäre es oft nötig, die Abgestorbenen stehen zu lassen. Eine Baumlänge um das Käfernest stehen die aktiv befallenen Bäume, eine weitere Baumlänge wäre präventiv zu entfernen, so die Empfehlung. Heuer half die feuchte Septemberwitterung etwas. Ein Waldbesitzer berichtete von massivem Pilzbefall bei den Käfern.

Große Sorge um Fichte

In Mageregg anwesend war Stefan Kulterer – und zwar in einer Doppelrolle: Seiner Familie gehört die Holzindustrie Hasslacher, er selbst ist verantwortlich für einen großen Forstbetrieb in Kärnten. „Natürlich sorgt es mich doppelt, dass die Fichte solche Probleme hat. In Sachsenburg verarbeiten wir 750.000 fm/J. Wir sind auf eine sichere Versorgung angewiesen – auch in den Jahren nach der Kalamität.“ Günther Kuneth, Leiter Forstreferat der Landwirtschaftskammer Kärnten, zeigt in seinem Referat, dass die Holzernte in Kärnten von 1970 bis heute um 60 % auf 2,5 Mio. fm anstieg. Trotzdem liegt der Holzvorrat bei 371 fm/ha. „Damit sind wir nun fast Europaspitze“, umschrieb er diesen Fakt. Derzeit nutzt man in Kärnten 90 % des Zuwachses: Das ist allerdings dem hohen Schadholzaufkommen der Vorjahre geschuldet.

Die Durchforstungsreserven sanken in Kärnten zwar in 15 Jahren um die Hälfte. Trotzdem ließen sich in Kärnten um 870.000 fm/J mehr Energie-, Industrie- und Sägerundholz ernten. Im Wesentlichen ginge das über bessere Zuwachsnutzung, das Ausschöpfen der Durchforstungsreserven und einen Abbau des Starkholzüberhangs (380.000 fm).

Restriktionen werden kommen

Die EU-Biodiversitäts-/Waldstrategie sowie das „Fit for 55“-Paket könnten dieser Mehrnutzung zuwiderlaufen. 

Laut Kuneth ist deren kombinierter Einfluss eine Reduktion der „erlaubten“ Holznutzung von derzeit 20 Mio. Efm auf dann noch 18 Mio. Efm.

© Holzkurier / 24mm.at