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Wolfgang Hutter im Gespräch mit Ing. Hermann Diez del Sel Korsatko, österreichischer Konsul in Bilbao/ES © DI (FH) Cornelia Schneider

Boomender Markt

Ein Artikel von DI (FH) Cornelia Schneider aus Bilbao/ES, Santiago de Compostela/ES, Madrid/ES, Barcelona/ES | 27.06.2005 - 00:00
Vom 12. bis 17. Juni ging eine Marktsondierungsreise mit zahlreichen Unternehmens-Besichtigungen in Nordspanien über die Bühne. Sie wurde im Rahmen der Initiative go international in Kooperation mit proHolz Austria, der Außenwirtschaft Österreichs sowie den Außenhandelsstellen Barcelona/ES und Madrid/ES veranstaltet. Abgerundet wurde die Reise durch technische Vorträge in Madrid und Barcelona, die sich an spanische Architekten, Planer und Bauingenieure richteten und bilaterale Gespräche mit Importeuren, Händlern und Holzbetrieben ermöglichten.

Spanien-Facts

Fläche: 504.750 km²
Einwohner: 43 Millionen
Autonome Regionen: 17
Arbeitslosigkeit: 10%
Wirtschaftswachstum: 2,7% (2004)
Waldfläche: 29%
Waldbesitz: 67% private, 33% staatliche Wälder
Boomende Bauwirtschaft. „Die weiterhin florierende spanische Bauindustrie wächst stärker als die Gesamtwirtschaft”, zeigt sich Dr. Heinz Walter, Österreichischer Handelsdelegierter in Barcelona, zufrieden. „Die Gründe sind vor allem im Wohnungsbau zu finden: 2004 wurden 700.000 neue Wohnungen errichtet - mehr als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen”.
Öffentliche Baumaßnahmen sind vor allem bei Eisenbahn, U-Bahn, Autobahn, Container-Häfen, Flughäfen, High Tech-Betriebsansiedlungen sowie Messezentren zu beobachten. Allerdings spielt der Baustoff Holz in Spanien noch eine untergeordnete Rolle: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Nadelschnittholz liegt nur bei 0,12 m³/J.
2001 verzeichnete der Import von Nadelholz aus Österreich nach Spanien nur 4000 m³, 2004 wurden bereits 50.000 m³ Roh-, Hobelware, BSH, KVH und Platten eingeführt.
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Wolfgang Hutter im Gespräch mit Ing. Hermann Diez del Sel Korsatko, österreichischer Konsul in Bilbao/ES © DI (FH) Cornelia Schneider

Überhöhte Immobilienpreise. „Die Immobilienpreise haben sich in Spanien in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt”, gibt Handelsdelegierter Mag. Friedrich Steinecker, Österreichische Außenhandelsstelle Madrid, zu bedenken. „Dies führt zu einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte”. Bei weiterhin niedriger Sparquote ist kaum Spielraum vorhanden. Sollen die Zinsen in Zukunft wieder steigen, so empfiehlt die OECD ein Absenken der Wohnungspreise und eine Änderung der steuerlichen Begünstigung des Wohnungskaufs. „Über ein mögliches Platzen der Immobilienblase wurde in den vergangenen Monaten intensiv öffentlich diskutiert”, erklärt Steinecker. Sollte dieser Fall eintreten, würde sich daraus ein empfindlicher Rückschlag für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung Spaniens ergeben.Neue Baugesetzgebung. Die Aktivitäten von proHolz in Spanien lehnen sich an die von promo_legno in Italien an. Vorrang hat die technische Ausbildung von Architekten und Ingenieuren. Um dieses Vorhaben vor Ort umzusetzen, konnte Architekt Manuel García Barbero gewonnen werden. Er wird für 1,5 Jahre zu 90% von der Internationalisierungs-Offensive „go international” der Wirtschaftskammer und des ministeriums sowie zu 10% von proHolz Austria finanziert. Barbero fungiert seit März halbtags als Holzkonsulent in Barcelona.
„Holz wird derzeit - wenn überhaupt - nur im Verbund mit anderen Materialien eingesetzt”, bestätigt Barbero. Innerhalb der spanischen Bau-Normen hat es bisher nur den Stellenwert eines Sondermaterials - weswegen auch die Rückversicherungen vorsichtig sind. Viel verspricht sich Barbero von einer nationalen Baugesetz-Änderung, die Anfang 2006 in Kraft tritt. Vor der Bestätigung im Parlament hat der spanische Architekt nochmals die Gelegenheit, den Entwurf einzusehen.
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Arch. Manuel García Barbero, Mag. Georg Binder, GF proHolz Austria, Mag. Friedrich Steinecker, Außenhandelsdelegierter Madrid (v. li.) © DI (FH) Cornelia Schneider

Akademische Ausbildung. Nach der Gesetzesänderung werden sich auch die Universitäten mehr mit dem Holzbau in der akademischen Ausbildung auseinandersetzen. „Kontakt besteht derzeit schon mit der Universität Sevilla, die den Holzbau in das offizielle Programm integrieren möchte”, bestätigt Barbero. Spanische Architekten rechnen für Gebäude mit bis zu zehn Stockwerken die Statik selbst und tragen dafür die Verantwortung. Daher sind für sie Informationen über genormte Holzprodukte wie KVH, Duo-, Trio-Balken und BSH sehr wichtig.Strategisches Vorgehen. „Im konstruktiven Bau muss der zu verteilende Kuchen für Holzprodukte größer gemacht werden”, spornt proHolz Austria-Geschäftsführer Mag. Georg Binder an. Bisher sind schon rund 15 österreichische Holzindustrien am spanischen Markt tätig.
„Um Holz als attraktives Bau-Produkt salonfähig zu machen, müssen die Potenziale allerdings noch mehr gebündelt werden”, ist Binder sicher. So müssen mittelfristig auch französische, skandinavische und deutsche Holz-Unternehmen mit ins Boot genommen werden.
„Im Juli findet in Barcelona ein Treffen statt, bei dem die Strategie und die Prioritäten der kommenden drei Jahre festgelegt werden. Die firmenunabhängigen, technischen Seminare, die überwiegend junge Architekten ansprechen sollen, werden auch in weiteren großen Städten wie Bilbao, Saragossa oder Valencia abgehalten.
Zudem sollen Netzwerke mit lokalen Behörden aufgebaut werden. Als einer der nächsten Schritte ist auch die Einladung spanischer Holzfach-Leute unter anderem vom Forschungs- und Weiterbildungszentrum CIS-Madera, San Cibrao das Viñas/ES, geplant.
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In Madrid und Barcelona hatten die Reise-Teilnehmer Gelegenheit, Tischgespräche zu führen © DI (FH) Cornelia Schneider

Vorsichtige Preisfindung. „Spanier haben in Verhandlungen eine Tête-à-tête-Mentalität”, erklärt Barbero. „Daher ist es wichtig, einen Partner vor Ort zu haben.” Es mache keinen Sinn zu versuchen über das Internet zu verkaufen. Die Preise dürften in Spanien nicht zu hoch und vor allem nicht zu niedrig angesetzt, eine Grenze nach unten müsse festgelegt werden.
Die weiteren Aktivitäten Barberos liegen in der Forcierung des Holzes in den spanischen Medien, sowie in der Knüpfung eines Netzwerkes. Neben technischen Seminaren werden in Spanien Holz-Wanderausstellungen organisiert und ein Holzbaupreis ausgelobt. Zudem sollen spanische Fachleute nach Österreich eingeladen werden.