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Holz-Kopfnuss

Ein Artikel von Univ.-Prof. Dr. Rupert Wimmer, Universität für Bodenkultur, Wien | 21.10.2008 - 09:13
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Wo gehobelt wird, da fallen Späne - diese Redewendung ist auch auf das Schneiden von Holz anwendbar. Der Span ist ein mechanisch abgetrenntes Holzteilchen und entsteht durch ein keilförmiges Eindringen eines Sägezahnes in Holz, wobei dann ein Span rausgebrochen, ja „rausgerissen” wird. Die eigentliche Trennung des Spanes erfolgt nämlich nicht durch Druck der Schneidefläche auf das Holz, sondern durch eine „Vorspaltung”, die vor der Schneide stattfindet. Durch das eher spröde Holz entsteht so ein Reißspan und durch das Herausbrechen des Spanes ist die Oberfläche des Holzes rau. In Faserrichtung eilt also dem schneidenden Sägezahn ein Riss voraus, der zwar die Bearbeitung erleichtert und die Standzeit der Schneide verlängert, aber mit dem Ergebnis einer rauen Oberfläche. Diese Vorspaltung entsteht besonders beim Arbeiten im Gegenlauf, das ist dann der Fall, wenn die Bewegungsrichtungen von Holz und Schneide entgegengesetzt sind. Je größer der Spanwinkel - das ist der Winkel zwischen Spanfläche am Sägezahn und der Holzoberfläche - desto größer diese Vorspaltung und desto kleiner die Bearbeitungskräfte. Im Gleichlauf, hier sind die Bewegungsrichtungen von Holz und Schneide ident, zeigen sich geringere Ausrisse, was eine verbesserte Oberflächenqualität zur Folge hat. Allerdings gibt es den Nachteil, dass es beim Auftreten von Ästen zum Verhaken mit dem Werkstück kommen kann, die Schnittkräfte werden dann voll auf das Holz übertragen, das Werkstück kann förmlich „rausgeschossen” werden. Geht Holzschneiden bzw. Holzbearbeitung nicht auch anders, so ganz ohne „Rausreißen” von Spänen? Es geht, aber (noch) mit Problemen! Beim Hochdruck-Wasserstrahl-Schneiden kommt es entlang der Trennflächen zu Aufquellungen bzw. zur Riefenbildung. Beim Laserstrahl-Schneiden, eine Art von „Schmelzschneiden”, kommt es zum Verkohlen und zu einer Verfärbung der Schnittflächen. Vielversprechend ist folgende Entwicklung: Lässt man eine Messerklinge 20.000 mal pro Sekunde so etwa 50 µm (entspricht der Dicke einer Holzzellwand) hin- und hervibrieren, dann werden beim Schneiden plötzlich die notwendigen Kräfte markant reduziert. Diese Idee des Trennens mit Ultraschalltechnik ist für Holz relativ neu und wird an der Universität für Bodenkultur Wien von einer Gruppe von Physikern intensiv vorangetrieben. Die geringeren Schnittkräfte lassen sich durch die rasche Abfolge von „Mikrokollisionen” zwischen Schneide und Holz erklären. Durch die Ultraschallvibration der Messerklinge verringern sich - abgesehen von der Schnittkraft - auch noch der Werkzeugverschleiß und der Energieverbrauch; gleichzeitig wird die Schnittqualität höher. Es ist klar, dass mit verbesserten Bearbeitungsmethoden die Wertschöpfung erhöht und die Konkurrenzfähigkeit verbessert wird. Die Holzbearbeitung mit Ultraschalltechnologie könnte bald praxistauglich sein und gerade neue Technologien könnten der heimischen Holzindustrie einen Innovationsvorteil verschaffen. Denn das nötige Know-how dazu ist im Land, es müsste nur „abgeholt” werden. Oder gilt dann etwa jene biblische Weisheit, die besagt, dass der Prophet (=die Forschungsleistung) im eigenen Land nicht viel gilt?
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