Künftig weniger Fichte erntbar

Ein Artikel von Dr. Stefan Peters | 12.10.2009 - 08:47
Erstellt wurde die Studie unter Federführung eines Teams des Instituts für Waldökologie und Waldinventuren, Eberswalde/DE, Teil des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (VtI).
Ministerialdirigent Dr. Jörg Wendisch, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), Berlin/DE, attestierte den Förstern, vorratsreiche Wälder mit höherem Zuwachs aufgebaut und damit „gut gearbeitet“ zu haben. Insbesondere das Prinzip „Schutz durch Nutzung“ funktioniere.
Die Ergebnisse der Inventurstudie 2008 präsentierte das BMELV zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher (AGR), Bonn/DE und dem Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR), Berlin/DE, am 9. Oktober in Frankfurt am Main/DE vor rund 100 Teilnehmern.

Zuwachs und Vorrat leicht rauf

Im Vergleich zu den Ergebnissen der zweiten Bundeswaldinventur (BWI2) von 2002 stiegen die Vorräte um 2 % auf jetzt 330 Vfm/ha an. Das durchschnittliche Alter aller Bestände stieg um vier auf 77 Jahre, der Zuwachs leicht auf 11,1 Vfm/J/ha an.
Flächenmäßig führt weiterhin die Fichte, die um 0,2 Mio. ha auf 2,7 Mio. ha absank. Es folgt an zweiter Position die Baumartengruppe Kiefer mit 2,4 Mio. ha, gefolgt von der Buche (plus 0,1 Mio. ha auf 1,7 Mio. ha) und Eiche mit knapp unter 1 Mio. ha.
Die Vorräte legten über alle Holzarten um 7,8 % auf 330 m3/ha zu. Die Vorräte der Baumartengruppe Fichte sanken allerdings um 84 Mio. m3 auf 1,1 Mrd. m3 ab – dies entspricht genau den 7 % Flächenrückgang, sagte Polley. Bei den Hektar bezogenen Vorräten zeige sich die Fichte mit 402 m3/ha konstant. Eine Vorratsanalyse nach Durchmesserstufen ergab, dass die Fichte in dem Bereich zwischen 20 und 30 cm BHD um satte 37 % abgenommen habe.
Die Vorräte der Kiefer ermittelten die Eberswalder mit 764 Mio. m3 (plus 47 Mio. m3). Die Buche legte um 18 auf 610 Mio. m3 und die Eiche um 26 auf 304 Mio. m3 zu.

Gebremster Schaum

Den Zuwachs ermittelten Polley und sein Team mit 11,1 m3/ha/J, dazu steuern die Nadelhölzer 12,7 m3/ha/J und die Laubhölzer: 8,6 m3/ha/J bei. Gegenüber der BWI2 sanken die Zuwächse über alle Baumartengruppen und alle Altersklassen hinweg ab, jeweils zwischen –0,7 % sowie –3,2 %. Eine Ausnahme bildete die II. Altersklasse mit einer Zunahme des Zuwachses um 0,4 %.
Welche Ursache diese rückläufigen Zuwächse haben, darüber will sich Polley „noch Gedanken machen“, gab aber bereits erste Hinweise auf mögliche Reaktionen nach den Trockenjahren 2003 und 2006.

Kräftig abgeschöpft

Aus den Daten der zwischen 2002 und 2008 genutzten Probebäume schlossen die Eberswalder auf die gesamte Nutzung: Demnach lag das Volumen entnommener Stämme insgesamt bei 106,7 Mio. fm/J und das tatsächlich genutzte Holzvolumen bei 70,5 Mio. m3 entsprechend 6,9 m3/J/ha. Den Zuwachs schöpften die Förster bei der Fichte damit zu 132 %, beim Nadelholz insgesamt zu 105 % und beim Laubholz nur zu 70 % ab.

Zugpferd schonen

Mit diesen Daten fütterte Polley die bereits im Zuge der BWI2 erstellte Waldentwicklungs- und Holzaufkommensmodellierung (WEHAM). Nach seiner Prognose sinkt das potenzielle Rohholzaufkommen gegenüber den Szenarien von 2002 und den tatsächlichen Nutzungen zwischen 2002 und 2008 ab. Für den Zeitraum zwischen 2009 und 2013 können demnach nachhaltig 32 statt 37 Mio. m3 Fichte geerntet werden.
Zwischen 2014 und 2018 ermittelte WEHAM 35 statt 38 Mio. m3 und bis 2043 dürfte dieser Wert zwischen 35 und 37 Mio. m3 jährlich liegen. Kommentar von Polley: „Das Zugpferd wird ein bisschen überfordert.“
Die Rohholzpotenziale liegen nach einer Projektion von Dr. Joachim Rock vom vTI für die Zeit zwischen 2009 und 2043 zwischen 16 und 20 Mio. m3/J für die Kiefer. Die Buche ermöglicht Nutzungen zwischen 16 und 18 Mio. m3/J und die Eiche zwischen 7 und 8 Mio. m3/J.

Und noch ein Fonds

Im Zuge des Kioto-Protokolls hat sich Deutschland verpflichtet, die Waldbewirtschaftung gemäß Artikel 3.4 anrechnen zu lassen. Daher fungiert die Inventurstudie 2008 auch als Eröffnungsbilanz der Kohlenstoffvorräte im deutschen Wald für die Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012.
Demnach betragen die Vorräte an Kohlenstoff im oberirdischen Teil des Waldes 1,2 Mrd. t. Sie stiegen zwischen 2002 und 2008 um jährlich 4,7 Mio. t an, hieß es in einer Pressemitteilung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Sie plant, aus den Einnahmen durch die Veräußerung von Emissionszertifikaten einen „Wald-Klima-Fonds“ zu gründen, welcher „notwendige Anpassungen an den Klimawandel“ finanzieren soll.
In trockenen Tüchern, wenn auch durch eine Verordnung und nicht durch Gesetz, ist die dritte Bundeswaldinventur (BWI3), die turnusgemäß mit dem Stichjahr 2012 erstellt wird. Voraussichtlich ab Januar 2014 dürften die ersten Ergebnisse vor Fachpublikum präsentiert werden, erfuhr man in Frankfurt. SP