Leserbrief: Die mutwillige Zerstörung der österreichischen Sägeindustrie

Ein Artikel von Herwig Lercher, Sägewerk Lercher, Teufenbach | 16.05.2013 - 14:59
Bis in die 1990er-Jahre war die Struktur der österreichischen Sägewerke dem vorherrschenden Angebot und der Nachfrage nach Schnittholz im ln- und Ausland angepasst. Konjunkturelle Schwankungen konnten ausgeglichen und mit schwarzen Zahlen bilanziert werden. Rundholz wurde seiner Qualität entsprechend bepreist und eingekauft. Die Schnittware wurde zu entsprechenden Preisen verkauft – das Verhältnis des angebotenen Rundholzes zum Gesamteinschnitt stimmte. Mit neuen Einschnitttechnologien (etwa dem Zerspaner) sollten die Erzeugungskosten verringert werden, was zu diesem Zeitpunkt absolut nachvollziehbar und richtig war.

Leider begann damit auch der Holzwurm zu bohren. Es wurde nicht versucht, den sich daraus ergebenden Vorteil in Innovation und Entwicklung zu investieren. Unternehmer begannen vielmehr nachzudenken, wie sie ihre Mitbewerber am besten „ausschalten“ können. Ein Zitat vom Verantwortlichen eines Großsägewerkes von damals: „Die Nussknacker vom Semmering bis nach Arnoldstein werden sowieso alle verschwinden.“ Diese Denkweise wiederholte sich bei anderen Mitbewerbern. Man begann, den Rohstoff nicht mehr wertmäßig einzukaufen. Wichtig war bloß die Menge. Eine Sortierung nach Qualität wurde bei Schnittholz nur mehr oberflächlich vorgenommen. Zudem vergrößerte sich der Einzugsradius für den Rohstoff, der Druck auf den Verkaufspreis stieg. Eine weitere Reaktion war, den Einschnitt zu erhöhen, um gestiegene Kosten zu senken. Aber schon im Volksschulalter lernt man, dass ein auskömmlicher Verkaufspreis nur mit einer nachfrageangepassten Menge zu erzielen ist. Diese Theorien sind scheinbar zu einfach, um sie zu befolgen. Stattdessen wird – scheinbar wissenschaftlich – viel geredet und geschrieben. An einer positiven Veränderung ist niemand interessiert. Vielmehr zählt weiterhin die Frage: „Wie werde ich die Mitbewerber los?“

Der Rundholzpreis kann nur so hoch sein, wie es eine seriöse Kalkulation zulässt und der Säger bereit ist zu bezahlen. In der Praxis scheint es aber fast so, als ob die Säger bereit wären, jeden Preis zu bezahlen. Schnittholz hingegen soll um jeden Preis verkauft werden in der Hoffnung, bei Neubeginn nach dem totalen Chaos mit dabei zu sein. Ein weiterer Punkt der Wettbewerbsverzerrung: Man müsste voller Anerkennung das Feld den Großen überlassen, wenn diese durch Einsatz der neuesten Technologien und Eigenkapital entsprechende Gewinne erzielten. Das Gegenteil ist der Fall: Sie schreiben Verluste in Millionenhöhe, sind teilweise in astronomischem Ausmaße verschuldet und dabei, anscheinend im letzten Aufgebot alles zu vernichten. Subventionspolitik und Banken tragen eine große Mitschuld am Untergang der Branche.

Auf allen Linien ist unkaufmännisches Verhalten höchsten Ausmaßes festzustellen, obwohl (oder vielleicht weil) akademisch gebildete Manager einen Großteil der Szene beherrschen. Es ist Ironie, wenn der größte Waldbesitzer Österreichs – der selbstverständlich die Verpflichtung hat, positiv zu wirtschaften – Rundholz an Betrieben vorbeikarrt, die ihre Sägewerke ökologisch richtig nahe der Bezugsquelle positioniert haben. Es werden lieber Großbetriebe, 100 km und mehr entfernt, mit frei Ankunft-Preisen bedient, die Verluste produzieren und den seit Generationen ansässigen Säger um seine Bezugsquelle bringen. Ein anderes Beispiel des grotesken Wirtschaftsverhaltens eines Großbetriebes ist es, die schon überhöhten Rundholzpreise noch zu erhöhen, um die Versorgung sicherzustellen und im gleichen Atemzug die Verkaufspreise zu senken, um den Verkauf anzukurbeln. Ähnlich kabarettistisches Wirtschaftsverhalten von Managern ließe sich an dieser Stelle fortsetzen.