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Die österreichische Schnittholzproduktion von 2008 bis 2021 © Holzkurier

Österreich

Rekordjahr 2021 – aber wie geht es weiter?

Ein Artikel von Günther Jauk | 10.06.2022 - 12:57
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Mit 10,43 Mrd. € erzielte die österreichische Holzindustrie 2021 den mit Abstand höchsten Umsatz aller Zeiten. Verglichen mit dem Vorjahr, legte die abgesetzte Produktion damit um knapp 30% zu, wie Dr. Erlfried Taurer, stellvertretender Obmann des Fachverbandes der Holzindustrie Österreichs, im Zuge der Jahrespressekonferenz bekannt gab. Die Exportsumme stieg um 29 % auf 7,28 Mrd. €, während die Importe um 21 % auf 5,66 Mrd. € zulegten. Daraus resultiert ein Anstieg des Außenhandelsüberschusses um 67 % auf 1,62 Mrd. €.  

Auf die Journalistenfrage, ob auch Rekorderträge erzielt worden seien, meinte Taurer, dass diese nicht übermäßig höher seien als in den Jahren davor. Aufgrund der gestiegenen Energiepreise, der Lohnerhöhungen bei den Kollektivverträgen, der coronabedingten Mitarbeiterausfälle und der Probleme in der Supply Chain könne man nicht von einem Rekordergebnis sprechen – zumindest, was die Holzwerkstoff-Industrie betreffe, so Taurer.

10,6 Mio. m³ Schnittholz produziert

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Ebenfalls rekordverdächtig war im abgelaufenen Jahr die Schnittholzproduktion. Diese legte 2021 zum siebenten Mal in Folge zu und notierte bei 10,8 Mio. m3. Es ist der höchste Wert seit 2008 (10,9 Mio. m3) – noch höher war die Produktion 2004 mit 10,93 Mio. m3. Davon standen dem heimischen Markt 6,7 Mio. m3 Nadelschnittholz (inklusive Importen) zur Verfügung – rund 200.000 m3 mehr als im Jahr davor.
Der Holzeinschlag legte 2021 um 9,6 % auf 18,4 Mio. fm zu, wobei der Schadholzanteil – das zweite Jahr in Folge – auf 6 Mio. fm zurückging. Die Rundholzversorgung der Sägewerke erfolgte 2021 zu 57 % (10,4 Mio. fm) mit österreichischem Rundholz – 8 Mio. fm wurden importiert.

Green Deal nachschärfen

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Heinrich Sigmund, Erlfried Taurer, Herbert Jöbstl und Andreas Ludwig (v.li.) vom Fachverband der Holzindustrie standen den Journalisten Rede und Antwort © Gerhard Fally, Fachverband der Holzindustrie

Fachverbandsobmann Herbert Jöbstl betonte, dass durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine neben der humanitären Katastrophe auch die Wirtschaft leide. Russland sei einer der größten Schnittholzexporteure weltweit und 10 % des europäischen Schnittholzbedarfs würden aus Russland, Belarus und der Ukraine stammen. Mit dem Eintritt des Importembargos am 10. Juli für russische und belarussische Holzprodukte würden viele Produkte fehlen. Daher sei es notwendig, unsere Holzreserven zu mobilisieren – man habe das Potenzial, da derzeit nur 70 % des Zuwachses auch genutzt würden, so Jöbstl.

In diesem Zusammenhang pochte Jöbstl auf die Unterstützung der Politik. Ein Überdenken der europäischen Forststrategie, welche eine Außernutzungstellung von Wäldern vorsieht, sei notwendig. Man müsse diese EU-Strategie nachschärfen, um den Gap aus den Importverboten zu schließen. Zudem sei es widersprüchlich, mehr Holzverwendung zu fordern, aber gleichzeitig die Holznutzung einzuschränken.

Strompreisentlastung gefordert

Die österreichische Wirtschaft und damit auch die Holzindustrie litten unter den hohen Strompreisen – dies führe zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung im europäischen Binnenmarkt, verlautete Taurer, der vonseiten der Politik eine Entlastung forderte: „Auch in Österreich sollte – wie in 17 anderen EU-Staaten – das EU-Beihilfenrecht zur Strompreiskompensation für energieintensive Betriebe umgesetzt werden. Weiterhin könnten Steuern und Abgaben bei Überschreitung von gewissen Kostenobergrenzen ausgesetzt oder reduziert werden. Zudem ist es möglich, die Mehrwertsteuer für Energie von 20 auf 10% zu senken.“

Von einer möglichen Unterbrechung der Gasversorgung wäre die Holzindustrie größtenteils indirekt betroffen. Mit einem Verbrauch von 55 Mio. m3/J liegt der Gasanteil am Energiemix der Branche bei lediglich 10 %. Allerdings würde ein Ausfall von Produktionsmitteln, wie etwa Klebstoffen, zu Stillständen in der Weiterverarbeitung führen. 

Kommt der große Abschwung?

Der stellvertretende Fachverbandsobmann, Dr. Andreas Ludwig, berichtete vom Boom in der Bauindustrie in fast allen Märkten – auch die nahe Zukunft werde von einer hohen Nachfrage vonseiten der Bauindustrie geprägt sein. Laut Ludwig haben die Steigerung der Produktion und der Fokus auf den Heimatmarkt die Preisdynamik gebremst. Die Marktlage habe sich stabilisiert und Lieferfristen hätten sich normalisiert. Dazu beigetragen hätten auch eine höhere Lagerhaltung und eine vorausschauende Planung vonseiten der Kunden, so Ludwig.

Für das 4. Quartal müsse man schauen, ob die stark gestiegenen Kosten nicht doch einen bremsenden Effekt auf die Bauindustrie haben werden, betonte Ludwig und Jöbstl ergänzte, dass es angesichts der hohen Inflation und der Unsicherheit bei den Kunden schwierig sei, eine Prognose bis Jahresende abzugeben. Diese wachsende Unsicherheit zeichnete sich auch in den jüngsten Holzkurier-Marktgesprächen deutlich ab – und auch Markus Schmölzer, der Vorsitzende der Sägeindustrie Österreichs, berichtete im Zuge der Fachgruppentagung der steirischen Holzindustrie von einer bereits stattfindenden Abkühlung der Nachfrage.