Schnittholz_1_RK.JPG

Symbolbild © Raphael Kerschbaumer

Interview

Bäriger* Herbst möglich

Ein Artikel von Gerd Ebner | 20.08.2024 - 15:04

Zu viel nach Italien

Sandbichler_2024.jpg

Markus Sandbichler © Sandbichler Holz

Besonders hart trifft es weiterhin Unternehmen, die sich absatzseitig allein auf den italienischen Markt konzentrieren. „Im Verpackungsbereich ist Italien überlastet. Zu viele Unternehmen aus ganz Europa entsorgen dort ihre Überkapazitäten. Das hat dazu geführt, dass die italienischen Kunden äußerst anspruchsvoll geworden sind“, erläutert Sandbichler, der seine Verpackungsware deshalb in Deutschland, Österreich oder Tschechien vermarktet.

Nichts wissen, aber verkaufen

Seit Monaten beobachtet Sandbichler zudem: „In schwierigen Zeiten versuchen einige, ohne Marktkenntnisse neue Märkte zu erobern. In solchen Fällen werden Preise von 165 €/m³ angeboten, obwohl deutlich über 200 €/m³ möglich wären“, berichtet er von einem Beispiel aus Ungarn, seinem zweitwichtigsten Absatzmarkt nach Deutschland.

„Der Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht verbietet es, zu billig zu verkaufen. Deshalb bin ich enttäuscht, dass nicht alle Unternehmen im Juni und Juli die Preise um 10 €/m³ angehoben haben. Das wäre beim Schnittholz möglich gewesen, aber kaum jemand wagte es“, bedauert Sandbichler. Er stellt fest, dass bisher jeder Vergleichsmonat besser verlief als 2023.

Steigender Preisdruck im Herbst

Sandbichler erwartet, dass der Druck, die Preise zu erhöhen, im Herbst weiter zunehmen wird. „Im ersten Halbjahr war Rundholz mit 110 bis 130 €/fm frei Werk günstiger als 2023. Doch die Preise für Sägerestholz sind weiter gesunken. Wenn der Rundholzpreis im Herbst steigen sollte, werden 10 €/m³ beim Schnittholz nicht mehr ausreichen. Man wird wohl mit den Kunden eher um 30 €/m³ verhandeln müssen.“

Rundholz werde teurer, wenn das Schadholz fehlt. „Die Spekulation auf Käferholz ist ohnehin falsch. Warum sollte der Wald dafür büßen, dass wir zu schlecht verkaufen? Bisher war die Forstwirtschaft das schwächste Glied in der Kette, aber mit dem Rückgang der Fichte ändert sich das jetzt“, kritisiert Sandbichler.

Läger leer

„Im August wird ungewöhnlich wenig produziert“, empfindet Sandbichler. Die Branche geht also mit vergleichsweise geringen Schnittholzlager-Ständen in den Herbst. „Die gestiegenen Kosten für Rundholz, Personal und Transport erfordern auch beim Schnittholz eine Preiserhöhung von 30 €/m3“, rechnet Sandbichler vor. „Das wird auch in Italien so kommen. Es gibt genügend Anfragen für den Herbst. Die Zeiten, in denen man alles sofort geliefert bekam, sind auch in Italien vorbei.“

Laut Sandbichler wissen die italienischen Kunden nicht, dass es nördlich des Brenners schon jetzt „keine Hauptware trocken unter 240 €/m³“ gibt. Er glaubt daher, dass der aktuelle Preis für trockene KVH-Rohware bald für frische Ware gelten wird – auch in Italien. Er berichtet, dass einige seiner Kunden bereits klare Mindestpreise durchsetzen. „Bevor sie billiger verkaufen, drosseln sie lieber die Produktion“, erklärt Sandbichler. „Derzeit fehlt es auch an Schnittholz, weil alle gelernt haben, kurzfristig zu bestellen und zu produzieren. Wenn weniger Rundholz verfügbar ist, wird Schnittholz schnell knapp.“

Perspektiven für den Herbst

Der Tiroler Holzhändler, der seit den 1990er-Jahren mit Holz handelt, spürt, dass ein guter Herbst bevorsteht. „Ich kann diese Intuition nicht konkret festmachen, aber es gibt viele Anzeichen: Holz hat einen neuen Stellenwert, der Industrie- und Gewerbebau entwickelt sich gut, es werden immer häufiger Mehrgeschosser in Holz gebaut, der Neubau funktioniert in Ungarn noch, im DACH-Raum werden Holzprodukte für Renovierungen benötigt, die Exportmengen liegen über dem Niveau von 2023 und der Verpackungsholz-Sektor läuft außerhalb Italiens ebenfalls gut.“

„Insgesamt wird weniger gebaut, aber der Holzbau gewinnt jedes Jahr deutlich an Marktanteilen“, stellt Sandbichler fest. „Das Holzbauvolumen hat sich fast schon von der allgemeinen Baukonjunktur abgekoppelt. Für Kindergärten gibt es mittlerweile kaum noch Alternativen zum Holzbau.“

Mittelfristig erwartet Sandbichler Veränderungen innerhalb der Branche. „Derzeit müssen manche Unternehmen aus Liquiditätsgründen zu jedem Preis verkaufen. Es wird einfacher, wenn diejenigen aus dem Markt verschwinden, die zu viel investiert haben“, schließt er.

*: Tirolerisch für eine starke, vielversprechende Zeit, eine Zeit, die positiv heraussticht