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Ein wichtiger Schritt in eine grüne Energiezukunft stellt das Kraftwerk für die Hafenstaft Liepaja dar © Christoph Zeppetzauer

Für ein ökologisches Morgen

Ein Artikel von Christoph Zeppetzauer | 26.02.2013 - 07:12
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Ein wichtiger Schritt in eine grüne Energiezukunft stellt das Kraftwerk für die Hafenstaft Liepaja dar © Christoph Zeppetzauer

Viele Gebäude der 80.000 Einwohner zählenden Stadt scheinen schon bessere Zeiten gesehen zu haben. Der Hafen als ehemaliger Stützpunkt der Roten Flotte weist einige leer stehende Backsteinbauten auf, die Infrastruktur bessert sich langsam. Unweit davon jedoch, im Industriegebiet, erhebt sich ein nagelneues Heizkraftwerk, das dem Beobachter wegen der Wasserdampfschwaden rege Betriebsamkeit signalisiert. „In nur elf Monaten, von Januar bis November 2012, konnten wir unsere Pläne umsetzen“, sagt Artjoms Fokejevs und strahlt. Fokejevs ist Projektmanager bei UPB Energy, Kohlbachs Partner bei der Errichtung des Kraftwerkes. Im Rahmen einer EU-Projektförderung wurden Ideen gesucht, die förderungswürdig waren – als eines von sieben wurde das Heizkraftwerk Liepaja ausgewählt. „Der Kontakt zu Kohlbach ergab sich auf einer Messe, wo wir den Vertretern von diesem Projekt und seinen Anforderungen erzählt haben.“ Sehr rasch sei danach ein konkretes Angebot auf dem Tisch gelegen, das in puncto Preis, Leistung und Zeitplan hervorragend gepasst habe. „Wir haben Kohlbach als sehr loyalen Projektpartner kennengelernt“, schließt Fokejevs.

Rohstoff vor der Haustür

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350?m3 Hackschnitzel benötigt die Anlage jeden Tag zur Produktion von Strom und Wärme © Christoph Zeppetzauer

Mehr als 12 MWth und 2 MWel leistet die von den Mitarbeitern der Betreibergesellschaft Liepajas energija liebevoll „Brencis“ getaufte Kesselanlage. Betrieben wird sie ausschließlich mit Holzresten, die bei der Durchforstung und in Sägewerken der Umgebung anfallen. „Dieser Rohstoff ist für uns viel kostengünstiger als fossile Brennstoffe und noch dazu zahlreich verfügbar“, beschreibt Fokejevs die günstige Ausgangslage. Rund 350 m3 Hackschnitzel wandern jeden Tag in die Mittelstromfeuerung – das ergibt einen Hackschnitzeljahresbedarf von 120.000 m3 jährlich. Brencis ist zwar Kohlbachs erste Cogenerat ionsanlage in Lettland, jedoch wurde die Technologie zuvor schon bei einer Vielzahl an Projekten in Deutschland und Italien bewiesen. „Zudem sind wir stolz, die bis dato größte KWK-Anlage in Lettland installiert zu haben“, berichtet Vertriebsleiter Ing. Andreas Roskam.

Alles nach Plan

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Drei Schubbodenstangen befördern hydraulisch die Hackschnitzel auf dem Schubboden zum Querförderer © Christoph Zeppetzauer

Trotz der schon erwähnten kurzen Bauzeit (die Anlage musste vor dem Winter noch fertiggestellt sein) gelang den Kärntnern die komplette Installation nach Plan. Die Lkw sowie Fähren mit den im Werk in Wolfsberg selbst hergestellten Maschinenbauteilen machten sich auf eine 1600 km lange Reise. Durch die komplette Anlagenfertigung fielen für den Bauherrn Liepajaenergija nur wenige Schnittstellen mit anderen Unternehmen an. Kohlbach lieferte neben der Mittelstromfeuerung K 12 den Thermoölkessel inklusive Thermoölprimärkreis samt Pumpen und Armaturen. Das Engineering, die Errichtung, die Inbetriebsetzung sowie der Anschluss an das bauseitige ORC (Organic Rankine Cycle)-Modul wurden ebenso von Kohlbach umgesetzt. Die Turbine zur Stromproduktion stammt von Turboden, Brescia/IT.

Optimaler Wirkungsgrad

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Brencis nennen die Mitarbeiter liebevoll die Thermoölkesselanlage - mit ihr produziert man seit November Wärme für über 20.000 Haushalte in Liepaja © Christoph Zeppetzauer

Die Mittelstromfeuerung mit Vorschubrost und wassergekühlter Kompressionszone sorgt selbst bei einem sehr heterogenen Brennmaterial für sehr geringe Emissionen und einen hohen Wirkungsgrad. In der Feuerungsanlage findet bereits eine Vorentstaubung der Rauchgase in einer eigens konzipierten Nachverbrennungszone statt. Die weiterführende Entstaubung wird mit Filtern durchgeführt. Sie ermöglichen es, dass Emissionen des Systems K12 zumeist deutlich unter den gesetzlichen Bestimmungen liegen. Das System K 12 verarbeitet Hackschnitzel mit einem Wassergehalt von bis zu 60 % – nicht unwesentlich bei einem nicht überdachten Hackschnitzellager und durchschnittlich 120 Regentagen pro Jahr. Eine Bandbreite von 4 bis 18 MW Feuerungswärmeleistung wird angeboten. Darüber hinaus verarbeitet die Feuerung problemlos schmutzige Hackschnitzel mit hohem Ascheanteil sowie nasse Rinde. Die Größenordnung der verarbeitbaren Hackschnitzel beträgt 30 bis 100 mm. Einen großen Nutzen ziehen Anwender aus den baulich getrennten Strahlungs- und Konvektionsflächen ohne Druckluftabreinigung, jedoch mit ausreichend Inspektions- und Reinigungsmöglichkeiten versehen. Neben einer Reduktion des Wartungsaufwandes werden so lange Reisezeiten und Verfügbarkeit der Anlage wesentlich erhöht. Zur optimalen Dosierung der Hackschnitzel erfolgt die Beschickung mit einem hydraulischen Schubboden. Drei Schubstangen bewegen diesen. Vereinzelte, im Brennstoff vorhandene größere Stücke, finden durch ein Abschersystem den störungsfreien Weg in die Feuerbox. Ein hydraulischer Querförderer sorgt in weiterer Folge für die Übergabe des Brennstoffs an die hydraulische Kompressionszone. Die vollständig wassergekühlte Einschubzone dient der Lebensdauerverlängerung sowie verbesserten Teillast-, An- und Abfahrverhaltens.

Lange Lebensdauer

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12?MW-Kesselnennleistung schafft der Thermoölkessel in Liepaja zum Antrieb der ORC-Turbine © Kohlbach

Mit einem hohen Wirkungsgrad und einer langen Lebensdauer sollen die Einwohner Liepajas langfristig von der Installation der Thermoölkesselanlage profitieren. Die Lebensdauer wird mit einer Vollschamottierung und einer wassergekühlten Rostrahmenkonstruktion gewährleistet. Durch den hohen Automatisierungsgrad und die interaktive Hilfe zu Einstell- und Optimierungsarbeiten profitiert Liepajas energija von erhöhter Benutzerfreundlichkeit. Ein leistungsstarkes Siemens S7-Steuerungssystem sorgt für eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten für den individuellen und effizienten Betrieb. Die im Kombinationskraftwerk erzeugte Wärme soll rund 25.000 Haushalte mit Fernwärme und etwa 8000 mit Strom beliefern. Mit dieser Anlage bietet sich die Möglichkeit, die Abhängigkeit von russischem Erdgas in der Region zu verringern.

Erfolgreiche Etablierung

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Die Filteranlagen sorgen für sehr geringe Emissionen des Kraftwerkes © Christoph Zeppetzauer

Kohlbachs neues Feuerungs- und Kesselsystem für die simultane Erzeugung von Wärme und Strom hat sich in den vergangenen Jahren von Nord- bis Südeuropa etabliert. Alleine 2012 wurden bei Weinzierl, Vilshofen/DE, Novska/HR, Esol/SL und in vier italienischen Unternehmen K 12-Feuerungen in Betrieb genommen. 2013 soll diese eindrucksvolle Bilanz fortgesetzt werden.